bei meiner Vegetation haben ja immer die kleineren Gewächse gefehlt. Bisher gab es nur haarfeines und relativ kurzes Gras auf der einen, sowie kleine und mittelhohe Bäume auf der anderen Seite. Das bedeutet, dass die Vegetation entweder 1cm oder 50-110cm hoch ist, bisher nur aufgebrochen durch etwa 50 Büsche, die aber ziemlich untergehen, ist halt ne Menge Fläche. Das sieht natürlich nicht besonders realistisch aus.
Ein weiteres Problem, was mir inzwischen aufgefallen ist, ist die Eindimensionalität der Grasfasern. Dadurch dass die Fasern keine wahrnehmbare Dicke haben, wirkt das Gras überhaupt nicht plastisch und durch den mangelndem Schattenwurf alles total flach. Eine echte Wiese zeigt dagegen sehr lebendige Schattenspiele.
Also habe ich mich daran gemacht, Sträucher, Kräuter, Blumen, Farne und Ähnliches zu ergänzen, damit die Höhenstaffelung harmonischer wird und alles etwas plastischer aussieht.
Als erstes habe ich etwa 150 zusätzliche Sträucher gebastelt, diesmal recht traditionell aus Meerschaum und Draht, mit verschiedener Belaubung. Die unbelaubten Rohlinge habe in jeweils mindestens drei Farbtönen lackiert, um sie etwas plastischer zu machen. Zuerst dunkel grundiert, dann eine hellgraue Aufhellung von oben und zum Schluss transparentes Olivgrün von den Seiten.
Bei der Belaubung habe ich den jeweils dunkelsten Farbton gewählt, um dann durch nachträgliche Aufhellung mit Gelb Sonnenlicht von oben anzudeuten. Zum Schluss habe ich die Sträucher dick mit Acrylbinder eingesprüht, um sie einigermaßen robust zu machen.
Hier mal eine von vier Chargen, die ich gebastelt habe:

Neben dem Seeschaum habe ich auch mit Erikamoos und undefiniertem Kraut aus Trockenblumen, die seit Jahren im Keller herumstanden, ein paar kleine Gewächse gebaut. Dann ging es an die untere Schicht aus Kräutern, Blumen und sonstigen kleinen Pflanzen. Zuerst habe ich mir einige Lasercut-Bausätze aus Papier besorgt, hauptsächlich in 1:35, weil es in 1:24 oder gar 1:22,5 kaum etwas gibt. Boah, das ist nichts für mich. Furchtbare Fummelei, um ein paar Grashalme auszuschneiden. Und dann hat man ein paar unglaublich empfindliche Papierfäden, die bei unvorsichtiger Berührung sofort in sich zusammenfallen:

Gut, fünf Grashalme sind fertig, fehlen noch hunderttausend weitere, damit auf der Anlage überhaupt etwas auffällt. Und nach Papier sehen die Dinger auch noch aus. Ich muss sagen, dass mich für diesen Zweck gesammelte und lackierte Naturähren, wie sie etwa Botanikus gezeigt hat, deutlich mehr überzeugen. Auch die Wirkung seiner lackierten Naturblüten finde ich hervorragend.
Eine bessere Wahl wäre hier wohl geätztes Messing. Ein paar schöne und wirklich filigrane Modelle habe ich auch gefunden, etwa hier. Aber die unzähligen Schnitte, die das Auslösen der Messingteile für eine einzelne Pflanze erfordert, schrecken mich ab. Selbst wenn ich das sauber hinbekommen sollte, kann ich damit nicht die Menge an Pflanzen bauen, die ich gern hätte.
Also habe ich mich auf die Suche nach unkomplizierteren und günstigen Lösungen gemacht, natürlich mit entsprechenden Kompromissen bei Vorbildtreue und Filigranität.
Fündig geworden bin ich bei Plastikpflanzen, von denen es ja inzwischen einen gewaltigen und erstaunlich realistischen Fundus gibt, nur leider meist im Maßstab 1:1. Also musste ich mich lange bei Baummärkten und Online-Händlern durch das Angebot wühlen, um ein paar halbwegs brauchbare Teile zu identifizieren.
Hier ein paar Fitzel, die ich von künstlichen Tannenzweigen abgezupft habe:

Sieht nach nicht viel aus, aber zugeschnitten taugen die Nadeln ganz gut, um große Grasgewächse mit wenigen prominenten Halmen darzustellen. Die Nadeln verjüngen sich an der Spitze und sind etwas dicker mit ovalem statt runden Querschnitt, so dass auch die flache Form von Grashalmen je nach Blickwinkel angedeutet wird.
In ähnlicher Form habe ich auch künstliche Kiefern, Buchsbäume und alle möglichen anderen Plastikpflanzen auseinandergerupft, um kleine Gewächse darzustellen. Hier mal eine ganze Charge von 200 diversen Teilen, die ich mir zusammengesucht habe, nach dem Trockenschleudern:

Viele solche Spritzgussteile aus weichem Plastik sind erstaunlich dünn und machen lackiert gar keinen schlechten Eindruck. Auch der schlampige Spritzguss hat sogar Vorteile, weil Teile aus derselben Form immer etwas anders aussehen. Natürlich hätte ich die meisten Formen in der Größe gern noch einmal um die Hälfte reduziert, dann würden sie perfekt passen. Aber ich bin schon froh, dass ich überhaupt etwas gefunden habe. Und preislich läuft das alles unter "fällt nicht ins Gewicht". Insgesamt habe ich mittlere zweistellige Summen ausgegeben und habe jetzt große Kartons voll mit unzähligen Plastikteilen, die ich nie alle verwerten kann.
Die Teile spüle ich ab zur besseren Lackierung und schneide sie dann zurecht. Zum Schluss werden sie auf einen Draht aufgefädelt und geklebt, um sie später flexibel positionieren zu können. Dabei zerschneide und kombiniere ich auch Teile, um die Wuchsformen etwas beeinflussen zu können. Manchmal nehme ich auch den Fön, um sie etwas zu verbiegen.
Dann kommen meine Spraydosen zum Einsatz. Besonders von Molotow gibt es eine Farbpaletten mit tollen Naturfarben, günstig noch dazu. Damit kann man sicherstellen, dass hinterher kein unnatürlicher Blaustich das Bild verdirbt:

Die Teile grundiere ich mit Plastikprimer, dann folgen pro Pflanze mindestens drei, meist vier Farbtöne, aufgesprüht aus unterschiedlichen Winkeln für einen plastischen Eindruck. Das ging gut von der Hand, indem ich immer 10 Pflanzen auf eine schmale Leiste gesteckt und dann zusammen lackiert habe. Sprühlack hat ja keine Trocknungszeit, so dass ich Grundierung und verschiedene Farben in einem Arbeitsgang auftragen konnte.
Für Details kann man noch gut mit Pinsel und Airbrush nacharbeiten. Ich hab mir den Schritt bei der riesigen Zahl von Pflanzen allerdings gespart, die Devise dieses Forums ist schließlich bekanntermaßen "Quantität vor Qualität". Und so sah eine fertig lackierte Charge von Plastikpflanzen aus, mit einer Figur zum Größenvergleich:

Sensationell sehen die nicht aus, vorbildgetreu sowieso nicht, aber man erhält große Mengen von Pflanzen, die sich akzeptabel in die Anlage einfügen. Außerdem machen die Gewächse anders als Grasfasern einen plastischen Eindruck, was natürlich durch die künstlichen Lichter und Schatten noch verstärkt wird.
Und auch wenn es nicht nach so viel aussieht, sind auf dem Bild sind etwa 250 Pflanzen eingesteckt. Von solchen Chargen habe ich bisher drei gemacht, ohne fertige und simpel zu lackierende Plastikteile hätte ich das nicht geschafft.
Und robust und beliebig haltbar sind die Dinger sowieso. Man kann sich draufsetzen, sie absaugen und vor allem immer wieder anders positionieren. Ich habe bei in meinen Landschaftsteilen eine Unzahl von kleinen Löchern gebohrt und kann jetzt immer wieder umstecken, um auszuprobieren, was passt.
Im Zusammenhang zeige ich die Pflanzen bei Gelegenheit bei meinen Landschaftsbauversuchen. Dazu muss ich aber erst die Kolorierung meiner Landschaftsteile überarbeiten, damit kämpfe ich zur Zeit noch. Vielleicht finde ich bis dahin auch noch die Motivation, ein paar von meinen fitzeligen Lasercut-Blumen zu bauen.