Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Selbstgebaute maßstäbliche Schienenfahrzeuge mit/ohne handelsüblichen Zurüstteilen

Moderator: fido

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theylmdl
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Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo BBF!

Der "Barmer Wagen", ein BC4i, wie ihn LGB® seit den Anfängen anbietet, hat mir immer schon ausnehmend gut gefallen. Wie auf dem "Verglichen und gemessen"-Brett schon aufgezeigt wurde ( phpBB2/viewtopic.php?t=1682&start=20 ), hat das Nürnberger Modell eigentlich nur zwei Fehler: Der Fahrwerksrahmen liegt zu hoch, damit die Drehgestelle weit genug ausschwenken können, und eben die Drehgestelle sind viel zu breit.

Ich habe dennoch beschlossen, mir einen solchen Wagen komplett selbst zu bauen. Die Gründe dafür werden hoffentlich während der Berichte klar. Max 25Kmh hat ja die Latte mit seinem "Liblarer Wagen", der aus einem "Barmer" der früheren Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn umgebaut wurde, schon ziemlich hoch gelegt. Seine Fenster sind zu öffnen und die Bremse funktional. Das will erst einmal nachgeturnt sein :wink: ( phpBB2/viewtopic.php?t=1716&start=0 ).

Über den Bau werde ich hier im BBF gleichzeitig berichten. Die Entwicklung neuer Personenwagen-Drehgestelle mit 1.200mm Radstand ist schon ziemlich weit gediehen, sobald es etwas zu zeigen gibt, stelle ich sie hier vor. Für Sensationsgierige: Zwei Drehgestelle, eines davon gebremst, werden aus 240 Ätzblechen, 40 Federblättern, 16 Gußteilen, 252 Nieten, 4 Dreh- und 4 Frästeilen sowie Draht und Kleinmaterial bestehen.

Als Anhang an dieses Posting findet sich eine Skizze, wie der Wagen wohl ausgesehen haben mag. Rot eingetragene Maße sind geschätzt oder von dem LGB®-Modell abgenommen. 10 Bildpunkte entsprechen 4mm im Modell und 1 Bildpunkt 9mm beim Vorbild.

Die Fenster

Es mag ein bißchen ulkig klingen, aber den Bau habe ich mit den Seitenfenstern begonnen. Das hat seinen guten Grund: Die werden nämlich zu Testzwecken beim Bau der Seitenwände benötigt. Der Aufbau der Seitenwände und Fensterführungen ist ein bißchen kompliziert. Diese Skizze soll ein wenig Licht in den Wirrwarr bringen:

Bild

Die linken zwei Skizzen zeigen unterbrochene Längsschnitte durch die Seitenwand, die anderen drei Schnitte von oben gesehen. Diesmal entsprechen 10 Bildpunkte einem Millimeter im Modell.

Die Fenstergläser wurden aus Vivak® mit (offiziell) 0,5mm Stärke geschnitzt. Aber ach und weh, das hat in Wirklichkeit gut 0,6mm. Auch die 0,5mm-Polystyrol-Streifen für die Rahmen (immerhin 128!) wollten nicht so recht 0,5mm dick sein. Alles in allem ergab sich eine Sandwich-Stärke von fast 1,7mm für "Glas" und Rahmen. Es sollten aber - wegen der sechs Farbschichten (jeweils Farbe und Klarlack auf Rahmen und Führung) höchstens 1,4mm sein. Also hieß es fröhlich planschleifen, was auf 280er Korundschleifpapier geschah.

Bild

Hier seht Ihr das Material und Werkzeug. Die Polystyrol-Leistchen müssen an den inneren Kanten vorgestrichen werden, bevor sie aufgeklebt werden. Das geschah mit Revell® Nr. 88 matt. Der Farbton, ein warmes Ocker, gefällt mir sehr gut für solche Rahmen.

Da die Fenster in 1mm-Nuten gleiten sollen, müssen sie bei 3mm-Rahmen 27,1mm breit und 38,9mm hoch sein. Zu wenig Spiel darf es nicht geben, weil sie sonst nicht mehr gut zu öffnen sind, zu viel auch nicht, weil sie sonst eventuell schief in den Führungen sitzen. Also heisst es genau arbeiten.

128 Profile und vier Lackiergänge später steht dann die Probe an: Wurden die Lackschichten gut geschätzt bzw. deren Stärke? Jawoll, das hat geklappt:

Bild
Gleitprobe mit 1,5mm-Profilen als Abstandshaltern

Nun hat Max 25Kmh ja von seinem Kummer mit den Fenstergurten berichtet. Hmmm... wie ließe sich das noch lösen? Nach einigem Suchen fand ich ein leider schwarzes, sehr dünnes und hochelastisches Kunstleder. Das ist gespannt nur gut 0,5mm stark und hübsch schwach genarbt. Ich will nun versuchen, um die innere, untere Wandverkleidung einen Ring laufen zu lassen: Sichtbar an der Innenseite der Innenverkleidung den "Leder"-Gurt, innerhalb der Schalung ein Stück durchsichtigen und flexiblen Kunststoff-Materials. Dadurch werden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der Gurt ist immer hübsch straff, und durch die Vorspannung hält das Fenster gut in seiner Position. Wir werden sehen, ob das so klappt, wie ich mir das vorstelle.

Die Seitenwände (1)

So weit bin ich unterdes bei einer Seitenwand gediehen:

Bild
Ansicht von innen noch ohne obere Fensterführungen

Das zweite Bild zeigt sehr hübsch die Kassetten für die Fenster und die Aussparungen für die Riemen innen an der umgedrehten Innenverkleidung:

Bild

Und so sieht das von außen aus. Die Seitenwand hat noch keine Profile. Die dürfen erst nach der Anfertigung der Fensterkassetten aufgeklebt werden. Es ist absolut wichtig, dass die zunächst labilen Seitenwandteile stets auf einer absolut planen Unterlage (Spiegel, laminierter Presspan) verklebt werden. Am Schluss ergibt sich oben eine Stärke von 3, unterhalb der Fenster von 3,5mm. Das ist dann stabil genug, zumal auch das Dach noch eine stabilisierende Rolle spielen wird. Aber das ist eine andere Geschichte, die wohl erst sehr viel später folgt.

Bild

Fortsetzung folgt.

Beste Grüße,
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Skizze des "Barmer" Wagens, ex. Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn. 10 Bildpunte = 4mm im Modell, 1 Bildpunkt = 9mm beim Vorbild.
Skizze des "Barmer" Wagens, ex. Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn. 10 Bildpunte = 4mm im Modell, 1 Bildpunkt = 9mm beim Vorbild.
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Daniel Hoß
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von Daniel Hoß »

Hi Thomas,

Ich finde es sehr schön, dass mal ein Wagen aus meiner Heimat als maßstäbliches Modell entsteht. Überreste dieser Bahn findet man noch heute. Ich werde bei Gelegenheit mal einen Link in den Beitrag einfügen.

Herzliche Grüße

Daniel
theylmdl
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo,
gestern habe ich noch gedacht: nanu, gar keine Pannen?
Bums, da ist sie, die Panne. Bei genauer Betrachtung von Max' Vorbildfoto habe ich nämlich entdeckt, dass die Fensterteilung des "Barmers" nicht gleichmässig ist ( fotos/showphoto.php?photo=7813&size=big ... hecat=6286 ). Der Steg bei der Abteiltrennwand ist breiter als die anderen, das 2. Klasse-Abteil anscheinend auch breiter als die 3. Klasse-Teile.

Baut also nicht gleich nach der Skizze los. Ich werde 'mal zu ermitteln versuchen, wie's wirklich war, und die erste Seitenwand kloppe ich in die Tonne mit der Aufschrift "Lehrgeld" :wink: :roll:

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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matthias
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von matthias »

Hallo Thomas


Ein tolles Werk, welches du uns hier präsentierst. "Chapeaux" wie der grenznahe Schweizer auch gerne sagt.

Allerdings hätte ich schon eine Frage:
Habe ich richtig verstanden, dass die Fenster mit sovielen Lackschichten überzogen worden sind, dass sie knapp in die Führung resp. in der Seitenwand verschwinden? Leiert sich das mit der Zeit nicht aus? Temperaturschwankungen, etc.?

Ich bin auf der Suche nach einer ähnlichen Lösung. Allerdings wäre meine in Richtung Magnetismus gegangen. Das heisst an den Fenster werden dünne magnetische Streifen aufgeklebt die innerhalb der Seitenwand des Wagens auf Messingschienchen haften.

Allerdings weiss ich nocht nicht ob das funktionieren wird und ob das auch eine dauerhafte Lösung ist. Schliesslich möchte ich meine Modelle ja auch ein paar Jährchen (so ca. 60 Jahre) behalten.

Liebe Grüsse
Matthias
Zuletzt geändert von matthias am Do 23. Feb 2006, 09:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

@matthias: Et merci beaucoup, wie der grenzferne Frankfurt sagt (die Hugenotten aus Isenburg haben's ihm beigebracht :wink: ).
Habe ich richtig verstanden, dass die Fenster mit sovielen Lackschichten überzogen worden sind, dass sie knapp in die Führung resp. in der Seitenwand verschwinden?
Nein, das ist nicht richtig.
Die Fenster wurden einmal mit Farbe und einmal mit Klarlack überzogen. Das macht je Seite zwei und auf beiden Seiten vier Lackschichten.
Die Nuten (Fensterführungen) an den Seitenwänden müssen ja auch lackiert werden. Da der Wagen wie so viele andere eine Blechbeplankung auf einer Holzlatten-Konstruktion hatte, kommen ja jeweils auch zwei Lackschichten zusammen.

Baust Du nun ein Fensterglas mit Rahmen mit nur sehr knapp 1,5mm und hast 1,5mm Führungsschlitz, wirst Du viel Kummer bekommen. Denn insgesamt acht mit dem Pinsel aufgetragene Lackschichten tragen schon merklich auf. Darauf bezieht sich mein Hinweis.

Im Gegenteil, die Fenster sollen in den Nuten ganz leicht beweglich sein, eben, damit sich nirgends Farbe abschubbert. Max hat die Halterung mit Blatt-Andruckfedern gelöst, bei mir sollen es die Gurte bzw. Riemen sein.

@Alle: Ich glaube, ich hab's jetzt so halbwegs mit der Seitenwandteilung. Aber das prüfe ich lieber noch mal in Ruhe. Außerdem bin ich gerade durch ein noch schmalspurigeren freudigen Anlass verhindert :) . Kommt gleich.

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Unterdes ist die neue Seitenwand samt Innenteil fertig. Ein Foto spare ich mir, da sie bis auf die andere Fenster-Lage genau so aussieht wie der Erst-Murks. Meine Überlegungen dazu habe ich im passenderen Thread auf dem "Verglichen und gemessen"-Brett eingestellt: phpBB2/viewtopic.php?p=229674#229674 .

Da gibt es auch eine aktualisierte Skizze, diesmal auch mit der Aufsicht auf die Sitzbänke. Damit Ihr hier auch seht, wieviel ein paar Millimeter ausmachen können in der Wirkung, füge ich statt dessen ein Test-Bild ein:

Bild
Dieses Bildchen habe ich mir angelegt, um zu prüfen, ob meine Rechenergebnisse so wirken wie die Originalfotos. Das 2. Klasse-Abteil liegt rechts.

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von Max 25 Kmh »

Hallo Thomas,

ich bin fasziniert! schade nur, dass Du Gleitflächen lackieren musst, aus Holz auf Holz (aber Außenwand Blech... ) würde lasieren reichen.

Die Fenstergurte sind immer noch eine Herausforderung. Ich habe die umlaufende Methode probiert, allerdings mit einem Faden, das lief nicht leicht genug und war zu labbelig. Mit einem durchsichtigen, breiten Streifen läufts wohl besser, aber es wird schwierig anzubringen sein....

@ Matthias:
matthias hat geschrieben: Das heisst an den Fenster werden dünne magnetische Streifen aufgeklebt die innerhalb der Seitenwand des Wagens auf Messingschienchen haften.
Allerdings weiss ich nocht nicht ob das funktionieren wird
Das wird wohl nicht funktionieren. Aber an einer Stahlaußenwand schon. Allerdings interessant: was für dünne Magnetstreifchen hast Du da?

Für die Gurte habe ich inzwischen dünnes Leder gefunden, das gibt es an machem Taschenkalender, aus alten Geldbeuteln oder Glacehandschuhen etc.

Weiter viel Erfolg wünscht

Max 25 Kmh.
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matthias
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von matthias »

Hallo Zusammen

@Thomas:
Entschuldigung Thomas vielleicht etwas OFF Topic!

@ MaxKmh25:

Nun die Dinger heissen Magnetfolie und sind in unteschiedlichen Stärken zu haben. Z.B. da: http://www.aufkleber-land.de/index.html?magnetfolie.htm.

Dicke ca. 0.65 mm bis 1 mm. Ich werde mir mal son Zeug besorgen und mal gucken, ob das was wird.


Liebe Grüsse
Matthias
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

@matthias: Ich finde nicht, dass die Magnet-Diskussion off topic ist - vielleicht funktioniert das ja gut, dann passt es doch wunderbar.

Seitenwände und Fensterführungen (2)

Wenn die Abstandshalter und die Abdeckung unterhalb der Fenster "stehen", sollten zunächst einmal die Innenseiten der Fensternuten einseitig vorgestrichen werden. Wenn die Farbe trocken ist, werden die Überreste der Farbe außerhalb der Führungen abgeschabt oder -geschliffen.

Die innen liegende Leiste oberhalb der Fenster kann nun zugeschnitten und aufgeklebt werden. Beachtet bitte, dass sich dadurch eine 1,5mm breite und etwa 5mm tiefe Nut bildet, in die später ein senkrechter Längsträger des Dachs eingreifen soll. Dann wird die Abdeckung für die Innenseite unterhalb der Fenster mit zwei 1mm-Stiften provisorisch gegen Verrutschen gesichert. Zwischen die obere Leiste und die untere Abdeckung werden nun die senkrechten Innenwand-Teile zwischen den Fenster geklebt.

Bild

Wenn das alles schön "sitzt", können diese Seiten der Fensterführungen bequem von außen mit einem feinen Pinsel lackiert werden. Macht das einen Spaß, in so einem frühen Baustadium schon mit Farbe herum zu klecksen :wink: !

Von innen sieht das ganze Emsemble dann so aus (Achtung: das untere, große Teil darf noch nicht aufgeklebt werden!):

Bild

Später bei der Spritzlackierung werden an Stelle der Fenster Pappstreifen in die Nuten geschoben, um deren Holzfarbe zu erhalten. Auf dem Foto sind rechts unten auch gut zwei der Austritts-Öffnungen für die "umlaufenden" Fenstergurte zu sehen. Max 25Kmh ist ja, was diesen Punkt angeht, noch ein wenig skeptisch :roll: ...

Gleich danach wird's richtig prickelnd, denn nun kann es mit den Fassadenarbeiten losgehen. Hier seht Ihr die schon fertig profilierte, aber noch nicht verputzte Seitenwand mit zwei probehalber eingesetzten Fenstern.

Bild

Gucke da, erst auf diesem Foto fällt mir auf, dass ich da eine Nut zu lackieren vergessen habe :oops: .

Die zweite Wand ist unterdes auch schon ziemlich weit gediehen. Die ist, wie es oft so geht, fast noch ein wenig schöner geworden als die erste. Auf jeden Fall ist es schon 'mal nett, beide Wände provisorisch aufzuständern und sich den Rest dazu zu denken :wink: .

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo, Freunde der Barmen-Liblarer Connection!

Heute breche ich mit meinem Blog 'mal ein wenig seitwärts aus. Wie wir alle wissen, ist Modellbau ein vielseitiges Hobby. Das zeigt sich besonders deutlich beim nahezu vollständigen Eigenbau eines Waggon- oder Lokomotiv-Modells. Da gibt es nämlich meist mehrere gleichzeitig offene Baustellen, ganz wie beim Vorbild. Deswegen geht's im folgenden Beitrag auch kunterbunt durcheinander.

Ein Tipp für Selbstbau-Freunde mit noch wenig Erfahrung: Dokumentiert Eure Ideen zunächst einmal in Wort und Bild. Bei mir sind's derzeit etwas mehr als 1.000 Zeilen Text, etwa 30 E-Mails und 117 Skizzen oder Fotos - für diesen Wagen.

Da die Seitenwände unterdes praktisch Einbau-fertig sind, wurde schon eine Stirnwand im Rohbau zugeschnitten. Ich gehe von einem äußeren Dachradius von 4.820mm (214mm) aus. Bei 1,5mm starken Dachbrettern sind's 212,5mm Innenradius. Das zeichnet so mancher einfache Schulzirkel nicht mehr. Auch ist nicht immer ein hinreichend großes Stück Sperrholz oder Polystyrol zur Hand. In solchen Fällen hilft so eine Konstruktion:

Bild

Hebt die Leiste als Zirkelersatz gut auf, denn die wird insgesamt bei 18 Teilen benötigt werden, und das mit vier verschiedenen Radien.

Außerdem werden ja bei solchen Modellen auch Teile benötigt, die sich nicht ganz so schnell vielfach schnitzen lassen. Dazu gehören beispielsweise die Achslagergehäuse. Holger Steinberg war so nett und hat mir die Absätze an der Rückseite und die Außenkontur CNC-gefräst, ferner zwei spezielle Bleche und acht Schwimmhäute.

Auf dem folgenden Bild seht Ihr, wie der Heimbastler mit der Vertikaleinrichtung der Unimat 3 die Rohlinge absägt. Oben seht Ihr auch zwei Absätze. Über den größeren Absatz wird beim Urmodell die äußere, senkrechte Wand gelötet, auf den inneren später die geätzte, innere Wand. Das allerdings erst nach dem Guss.

Bild

Zum Vergleich mit einem Original schaut 'mal hier auf diesen Fotos von fido:

fotos/showphoto.php?photo=551&size=big& ... thecat=621
fotos/showphoto.php?photo=26400&size=bi ... hecat=6695
Bilder: fido

Nun ist der kleine Heimwerker (Tooltime lässt grüßen) nicht mit High-End CAD, CAM oder ähnlichem ausgestattet und muss sich daher (fast) händisch behelfen. Sollen sich die Winkel der Schrägen an den Achslager-Gehäuse-Urmodellen ähneln, hilft beim Einspannen in das Schraubstöckchen dieser Trick:

Bild

Das ist zwar hier nicht mit Präzision vorgeturnt, zeigt aber das Prinzip: Winkel und Gegenwinkel.

Da die Urmodelle nur weich verlötet werden sollen, spielt deren Aufbau eine gewichtige Rolle. Holger hatte lose in Nuten eingelegte Dreiecke vorgeschlagen und diese auch gefräst (oops, was für ein Gefummel...). Ich hatte und habe jedoch Bedenken, dass mir die Teilchen beim Verlöten wegschwimmen. Also musste eine andere Lösung her. Die seht Ihr hier:

Bild

Eieiei, das ist schon mächtig vergrößert. Mit bloßem Auge sieht die Achslager-Gehäuse-Seitenwand übrigens glatt aus wie ein Kinderpopo. Die "Schwimmhäute" und das von Holger gefräste Blech haben nur 0,8mm Stärke. Der hintere Bügel hält die Subminiatur-Teilchen beim Verlöten aber hübsch am Platz.

Von diesem Urmodell wird noch weiter berichtet werden. Wie die "Harzer Freunde" unterdes schon wissen, ist das Urmodell für die innen liegende Balancier-Kupplung nahezu fertig. Die Waage-Hebel sind auf dem Ätzblech des Drehgestells mit drauf, das mit Thomas Engels Hilfe wohl demnächst hier eintrifft. Auf dem Foto hat das Urmodell noch zu große Lageraugen, das ist unterdes geändert. Die Gewinde-Bohrer und -Schneideisen M2 wurden mittlerweile von GHW ( http://www.ghw-modellbau.de ) geliefert, ebenso das benötigte Vierkant-Rohr 2×2mm für die Zugstangen. Hier ein Foto des Urmodells nach "Harzer Gegebenheiten" im Vergleich mit einer Regelspur-Kupplung der Nenngröße I. Das Urmodell ist noch nicht auf dem Weg zum Gießer, denn es braucht noch ein wenig Gesellschaft.

Bild

Im Original hatte der "Barmer" eine Triangel-Kupplung mit innen liegendem Balancier. Das ist mir aber ein wenig zu windig. Also soll's eine Schraubenkupplung werden. Außerdem benötige ich die Balancier-Kupplung noch für andere Waggon-Projekte, beispielsweise den GHE 502-Kesselwagen.

Zu den vielen anstehenden Planungsaufgaben gehört auch das Gewicht. Der Standard S11 der IG Spur 2 besagt, dass ein Wagen 200 Gramm Grundgewicht haben sollte plus 2,5g je Millimeter Kastenlänge. Dabei bleibt leider unklar, wie sich das bei Wagen mit Bühnen verhält, denn die Differenz ist beachtlich. Gehen wir 'mal davon aus, dass die Rahmenlänge gemeint ist. Dann müsste der Barmer 1.135 Gramm auf die Waage bringen. Bei vorwiegend Polystyrol und Holz als Baumaterial ist dieser Wert nicht zu erzielen (ca. 700g). Der einzige unauffällige Weg, die fehlenden etwa 430 Gramm zu bringen, besteht in einer eingeschriebenen Messing-Platte innerhalb der Rahmenlängsträger mit 2mm Stärke. Die bringt es auf mehr als die bei Messing benötigten 53cm³ (nämlich 57cm³) und damit auf den gewünschten Gewichtsausgleich (wenn wir 'mal grob von einer Dichte von 8 bei Messing ausgehen).

fido hat sich großzügig bereit erklärt, an Hand einer Maßskizze von mir diese Platte zu fräsen - danke :D ! An die sollen später die U-Profile 8,9 × 3,6 × 1mm von Hilbert aus schwarzem Polystyrol ( http://www.hilbert-modellbahn.de/index.php ) angeklebt werden, allerdings mit auf 0,5mm dünn geschabten Wangen. Hardcore-Messing-Freaks werden sich über die Mischbauweise wundern, aber die hat schon ihre guten Gründe.

Ihr erkennt schon, in so einem Wägelchen steckt allerlei Planungsarbeit. Beispielsweise müsst Ihr vorab wissen, welche Puffer verwendet werden sollen. Ich habe hier ein Angebot bekommen, das ich definitiv nicht abschlagen kann. Max 25Kmh hat mir ein Paar seiner wunderbaren "Härtsfeld"-Puffer abgetreten - Danke dafür! Hier seht Ihr eine dieser seltenen Kostbarkeiten mit der Wickelfeder aus 0,1mm-Stahl.

Bild

Im Original hatte der Wagen nur 450mm lange Puffer. Die lassen sich mit Max' Modell nicht nachbilden, da wäre der Federweg zu kurz, auch bei einem Umbau. 480 oder 500mm gehen aber. Das ist hier aber gar nicht so schlecht, wie sich noch weisen wird.

Neben den Achslagergehäusen braucht es an dem Wagen noch allerlei andere Gußteile, will man sich nicht die Finger wund feilen. Dazu gehören beispielsweise die Schakenböcke, hier die Urmodelle:

Bild

Weiter sollen eventuell gegossen werden: Die Dachstützen - denn die Schmiedearbeit mit ausgerundeten Kanten muss ich nicht unbedingt viermal haben - die Sprengwerkhalter, die Endbremsstangen-Hülsen und die Gardinenstangen-Halter.

Kurzum, es bleibt spannend. Krimi-Freunde sind herzlich zum Weiterlesen eingeladen.
Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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