Zukunft für uns Selbstbauer?

Dies und das und allerlei

Moderator: Schrauber

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fspg2
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Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von fspg2 »

Guten Morgen,

gerade habe ich in einem anderen Forum einen link gefunden, der den Kids mit einer Lego-Eisenbahn eine virtuelle Welt vorgaukelt.
Die gute Nachricht: Wir brauchen demnächst nicht mehr mühsam unsere Eisenbahn-Landschaften selber bauen :!: :!:
Selbstbau ist eh viel zu mühsam, wie wir ja in vielen Beiträgen hier im Forum beobachten können. :wink:

Kein teures Material mehr verschwenden, keine Lötdämpfe mehr einatmen, keine mit Sekundenkleber verklebten Finger, keine abgebrochenen Fräser, keine Schienennägel mühsam mehr eindrücken, einfach mit dem Finger die Gleise auf dem Tisch ziehen, wenn uns morgen das alles nicht mehr gefällt.... der Finger macht es neu!

http://dvice.com/archives/2010/11/imagination-no.php

Dann kann ja wohl in Zukunft (die mit einem iphone gesteuerte Lok) ihre Landschaft um sich herum projizieren ... und wir geben dann nur noch das Jahr, die Tageszeit, den Ort, ........ an!
Leben wir dann schon in einer Matrix?

So, jetzt muss ich weg, meine Fräse kann nicht ohne mich ... oder ich ohne sie :?: :wink:

Einen schönen Sonntag
Frithjof
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Regalbahner
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von Regalbahner »

Moin Frithjof,

wenn diese erfinderischen jungen Leute aus der Entwicklungsabteilung
eines bekannten Chip Hersteller ihre Kinder auch mittels interaktiven Beamern herstellen,
dann wird das schon so passen.
Lebendige Kinder wollen (zum Glück noch) was richtig anfassen und damit spielen,
das konnte ich letztens in Sckeuditz erst wieder sehen.
Einige waren so hartnäckig, dass sie von ihrer Mutter nur mit "Drohungen"
zum Heim gehen bewegt werden konnten :-)

Viele Grüße
Christoph
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Helmut Schmidt
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Frithjof,
die virtuelle Welt ist für uns, denen der Weg das Ziel ist, doch nur so lange von Interesse, wie wir beim schaffen des perfekten Modells, durch sie unterstützt werden. :wink:
Helmut Schmidt
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HSBAchim
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von HSBAchim »

Hallo Frithjof,

ich persönlich fand das jetzt nicht so spannend. Und die Computergenerations-Kidds sind da sicher von ihren Spielen auch grafisch ansprechendere Storys gewöhnt.

Die eigentliche Frage ist doch: Warum sind heute so wenige Kinder für realen Modellbau zu begeistern, sondern hängen lieber vor ihren Spielekonsolen ab?

Ich bin selbst Erziehungsberechtigter von zwei 10 und 13 jährigen Kindern, und kenne deshalb aus eigener Anschauung, was in dieser Generation falsch läuft. Ich nenne uns einmal einen kreativen Selbstversorgerhaushalt, wo viel Zeit mit handwerklichen Tätigkeiten in Haus und Garten verbracht wird. Die Modellbauerei und andere künstlerische Techniken sind nur ein Teil davon. Und durch dieses Vorleben von aktiver Freizeitgestaltung ist es für unsere Kinder selbstverständlich, dass sie auch selbst kreative Ideen entwickeln und umsetzen.

Voraussetzung ist natürlich ein gewisses Maß an frei gestaltbarer Zeit nach der Schule: Musik, Sport, Reiten, Nachhilfe, Chinesisch für zukünftige Manager :roll: ..... Wenn die Kidds so einen Tag hinter sich haben, dann fehlt sicher am Abend jeglicher Antrieb.

So, und hier kommt die andere Seite: Für uns Eltern sind kreative Kinder anstrengend, da Kinder beim Basteln eben auch mal Dreck machen, Material benötigen und Hilfestellung brauchen. Das alles kostet eben Zeit, die viele Menschen heute nicht mehr haben. Und wer selbst mit 2 linken Händen herumläuft, ist seinen Kindern beim Basteln auch keine Hilfe.

Wie viel bequemer ist es doch, wenn Mama und Papa abends um 18:00 Uhr von der Arbeit kommen und das Kind ganz lieb vor seinem Rechner sitzt und keine Unannehmlichkeiten macht. Da will ich es doch gar nicht stören und gleich noch mal meine Steuererklärung erledigen oder die Börsenkurse im Internet analysieren.

Meine Kinder haben keine Spielekonsolen und der Rechner wird von ihnen (noch) lediglich zum Programmieren für die Schule und für Internetrecherchen benutzt. Was in meiner Kindheit normal war, macht sie heute an ihrer Schule zu Exoten. Aber sie sind ausgeglichen und glücklich.

Deshalb kann ich nur raten, entschleunigt euren Tagesablauf und nehmt euch die Zeit, gemeinsam mit den Kindern zu basteln. Und verzichtet im Umgang mit Kindern auf zu viel Perfektionismus. Denn Kinder gehen sehr viel unbefangener mit Maßstabsfragen und Gleisplänen um. Was nützt mir ein super perfektes Modell, wo ich dann einen Herzinfarkt kriege, wenn es die Kinderhände berühren wollen? Gelassenheit ist es, was ich von den Kindern gelernt habe.

Und eine Voraussetzung für Kreativität ist vorhergehende Langeweile. Diese Langeweile muss man nur in die richtigen Bahnen lenken, damit sie nicht im virtuellen Netz versickert. Aber ich glaube, das ist unser Erziehungsauftrag, oder?

So, dass musste jetzt mal raus. Auch wenn mir klar ist, dass die Eltern, denen ich diesen Artikel ans Herz legen würde, nicht in diesem Forum lesen.
Viele Grüße

Achim
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Harzbahnfreund
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von Harzbahnfreund »

Hallo Achim,

mit Deinem Beitrag hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen.
Leider ist in unserer hektischen Zeit wenig und immer weniger Platz
für Muße und Zeit für die Familie und sich selbst.
Aber das ist sicher ein Thema für die Hamsterklause.

Freundliche Grüße

Volker
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pitbull
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von pitbull »

Ds spielt auch noch anderes mit:
1. Die Eisenbahn ist ja heute dank der vorausschauenden Verkehrspolitik der letzten 60 Jahre aus unserem Alltagsleben verschwunden. Und wat de Buer nich kennt, dat friätt he nich.
2. Wir Deutschen Spielzeugeisenbahner sind ja eine verschworene Gemeinschaft. Eine Parallelgesellschaft, wie die ansonsten extrem humorlose Bielefelder Zeitung "Neue Westfälische" schon vor zehn Jahren feststellte.
Wir sprechen eine Sprache, die niemand versteht ("Alterung", "Doppeltraktion", "hinterstellen", "Schattenbahnhof" und ähnliche Ausdrücke, die den technischen Profis völlig fremd sind).
Wir haben unsere eigene Zeitrechnung (die wunderschönen "Epochen").
Wir pflegen den vorgestanzten Geschmack von 1950 (man braucht sich doch nur mal die diesjährigen Neuheiten von Faller/ Pola, Busch und Noch anzusehen...).
Kurz und gut: wir tun alles, um nicht verstanden zu werden und uns von der Welt da draußen abzugenzen, und dann jammern wir, weil uns niemand versteht- wie die Zuegen Jehovas und die smarten Jungs von Scientology...

Und da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir im Abseits stehen und z.B. für die Gangsta- Rap- Szene das totale Feindbild darstellen- ein typisches Beispiel dafür ist die "redliche Heimseite"
http://mitglied.multimania.de/augusthohenmeiser/- so stellt sich der krasse GängstäRäppä den deutschen Eisenbahnfreund vor. Und diese Herrschaften haben bei der Jugend nun mal mehr Einfluß als wir.

Aber andererseits- die Lego- Bahn im Internet kann man ja durchaus als Anregung verstehen. Wir haben ja auch unsere 3-D- Eisenbahnplaner, eisenbahn.exe usw. als Hilfsmittel für das paierlose Konstruktionsbüro. Man sollte die virtuelle Lego- Bahn also nicht zum Popanz aufblasen.
Max Hensel
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von Max Hensel »

Hallo, Buntbahner, insbesondere Pitbull
pitbull hat geschrieben: "Doppeltraktion"

ist aber keine Fachsprache, bei der großen Eisenbahn heißt es Zug- und Vorspannlok ;)

Liebe Grüße
Max.
Jonas
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von Jonas »

Hallo Leute !

Aber es liegt nicht nur an den Eltern die keine Lust haben, sich mit ihren Kinder zu befassen. Auch die "verschworene Gemeinschaft" der Eisenbahner ist nicht das Problem. Jeder der will kann doch eigendlich in diese Gemeinschaft eintreten wann und wie er möchte. Auch die fehlenden Fachworte sind meiner Sicht nach kein Grund sich in der Eisenbahnergesellschaft einzubringen. Wichtig ist der Spaß bei der Sache. Und wenn man dann mal die Epochen durcheinander würfelt dann ist das eben so. Man darf es auch als eingefleischter Eisenbahner nicht zu eng sehen.

Ein weiter Punkt warum Kinder und Jugendliche sich weniger mit Modellbau befassen ist deren Alltag. Ich bin jetzt 18 Jahre alt und wenn ich auf die letzten zwei bis drei Schuljahre zurückschaue, bleibt wenig Zeit für das Hobby.
Die Politik hat ja beschlossen, der jungen Generation noch mehr Druck zu machen, wie es früher der Fall war. Die Zeit auf dem Gymnasium z.B. wurde um ein Jahr verkürzt, der Stoff blieb jedoch der Selbe (ich gehöre auch zu diesem Versuchjahrgang).
Man hat normalerweise mindestens 4 mal die Woche 8 Stunden. Man ist also erst zwischen 16 Uhr und 16 Uhr 30 zu Hause. Dann muss man Hausaufgaben machen, Referate und Vorträge vorbereiten, für Klausuren lernen und und und .....
Bei dem momentanen Schulsystem sind schlaflose Nächte ab der 10ten Klasse inklusive. Als Schüler ist man froh, wenn man einfach mal nichts tun muss denn den nächsten Tag geht es ja eh wieder rund. Auch am Wochenende braucht man sich im Normalfall nichts vornehmen.

Der Punkt auf den ich hinaus will ist, dass auch die Bildungspolitik Schuld daran hat, dass immer weniger Kinder und Jugendliche sich mit dem doch recht zeitintensiven Hobby Modellbau befassen. Denn die Erwartungen an die junge Generation steigen immer weiter. Die Politik rechtferigt Dieses meist damit, dass man ja im "internationalen Standard" mithalten müsse. Meiner Meinung nach ist das ein Fall von: Quantität vor Qualität. Der Internationale Standard wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen und das ist ein Ort, an den er einfach nicht gehört.

Gruß
Jonas
So langs mich gibt, gibs auch Echtdampf !
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HSBAchim
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Re: Zukunft für uns Selbstbauer?

Beitrag von HSBAchim »

Hallo Jonas,

aus dem Blickwinkel der Ü40 Generation kann ich dir nur sagen, dass das Zeitproblem kein primäres Bildungsproblem ist: Wer sich nach der Schulzeit im mittleren Lebensabschnitt ernsthaft mit Job, Familie, Haus und Garten beschäftigt, wird sich gerne an die Schulzeit zurück erinnern, als er noch so viel Zeit für Hobbys und Freunde hatte. Es wird also nicht besser werden für dich. :cry:

Die Erkenntnis ist, dass der Tag immer 24 Stunden hat, egal wie alt man ist. Es kommt doch nur darauf an, wie man ihn nutzt. Work-Life-Balance heißt das auf Neudeutsch. Das Zeitproblem entsteht doch meist durch unsere eigenen hohen Ansprüche: Wir wollen Alles, gleichzeitig, perfekt und sofort.
Viele Grüße

Achim
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