Val Bregaglia im Sommer 1903

Anlagen (aussen & innen), Dioramen, Gebäude, Figuren, Schienen, Autos, sonstiges Zubehör

Moderator: Marcel

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Stoffel
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Stoffel »

Hallo Max

Natürlich darf Dein Beitrag nicht so unwidersprochen stehen bleiben. :twisted:
Du hast ein echtes Problem! Du hast zuviel Zeit!
Falsch ! Selbstverständlich viel zu wenig ! :twisted: :twisted:


Modellbau ist immer eine Herausforderung. Das ewige Spiel zwischen Übertreibung und Weglassung. Eine Gaukelei. Marcel ist vermutlich der König der Gaukler. :twisted: Wer versucht, die Natur genau nachzubilden wird tendenziell scheitern. Modellbau ist eher eine Nachahmung – vielleicht auch ein wenig eine Karikatur. :wink:


Zurück zum Thema …

Das Hinterlistige an Bäumen ist, dass sie gerne im Rudel auftreten. Der Fachmann nennt das im Allgemeinen Wald. :mrgreen: Nun bilden Latschen keine Wälder, aber stattdessen sogenannte Latschenmeere. Damit Ihr seht, was ich meine, habe ich in den Tiefen des Webs wieder ein Bild ausgegraben....



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Quelle: Deutscher Alpenverein
siehe: https://www.alpenverein.de/artikel/die- ... ad6db790a0




Also frisch ans Werk, versuchen wir das. 8) Die Anfertigung der Latschenrohlinge ist schon ein wenig repetitiv, aber ohne Fleiss kein Preis. :roll: Naja, eine meditative Komponente hat es auch. :wink: Unwillkürlich fängt man beim Drehen der Schlaufen an mitzuzählen ….. um dann zur Erkenntnis zu kommen, dass es knapp 5‘000 kleine Drahtschlaufen sind. Bringt diese Erkenntnis die Menschheit vorwärts ? Vermutlich nicht. :tongue:



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Doch dann, oh je !
Diese Ragazzi bringen mich zum Haare raufen. :evil: Aufgrund übermässigen Grappa-Genusses haben die wohl versehentlich das Latschenmeer mit ihren Stumpen in Brand gesetzt. Vielleicht sollte man ihnen die Aufenthaltsbewilligung entziehen. :gruebel: Doch dummerweise müssen sie ja später noch den Tunnel auf Segment drei graben. :( Personenschaden ist zum Glück nicht zu beklagen, doch wie sieht das denn aus ? :/ Zur Strafe habe ich die Jungs erst einmal ins Tal geschickt. Mit dem "capo villagio" in Chiavenna habe ich eine Vereinbarung getroffen. Die Ragazzi müssen dort nun zwei Wochen lang die Strasse kehren. :tot: Und der Modellbau-Frühling naht. Dann treiben die Latschen bestimmt (elektrostatisch) aus. ;D



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Immerhin sind die Schlaufen nun offen und knapp 10‘000 kleine Zweige daraus entstanden, die nun gegen den Modellbauhimmel ragen. :D Die Rohlinge sind vielleicht etwas dunkel geraten. :roll: In der Mittagssonne draussen sah das gut aus, doch im Bastelraum bei künstlichem Licht erscheint es mir etwas dunkel. Vor dem Benadeln werde ich die Zweige noch etwas aufhellen. :idea:


Grüsse
Stoffel
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Stoffel
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Stoffel »

Hallo zusammen

Es gibt wieder kleine Fortschritte zu berichten. Grundsätzlich ist das Basteln von Latschen gar nicht so schwer, allerdings nichts für den allzu ungeduldigen Modellbauer. :roll: Für die kleine Fläche von weniger als einem Fünftel Quadratmeter sind etwa 25 volle Basteltage drauf gegangen. Aber Rom wurde bekanntlich auch nicht an einem Tag gebaut. :| Auf die jahreszeitlich typische Dekoration mit Lametta, Kugeln und Kerzen habe ich bewusst verzichtet. :twisted: Nebenbei: Bob malt ja immer noch. Wohin mit den vielen Bildern ? :gruebel:



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Mmmh, der „Latschenmeer-Effekt“ will sich noch nicht so recht einstellen. :gruebel: Das Segment braucht einen Hintergrund. :idea: Nun sind Hintergründe immer so eine Sache. Die meisten H0-Anlagen werden vermutlich von Oberstdorf nebst Nebenhorn garniert. Naja, kann man machen, muss man aber nicht. Gruselig, wie ich finde. :nein: :< Grundsätzlich kann man bei Modellbahn-Hintergründen vermutlich sehr viel mehr falsch als richtig machen: Motiv, Perspektive, Farbe, Belichtung, Abstand zum Objekt etc. etc. :confused:

Meine Idee ist, das Segment mit einem Berghang, der nicht zu weit entfernt ist, fortzusetzen. Das Durchforsten meines Bildmaterials auf dem Rechner führte - wie zu erwarten war - zu nichts. Falsches Motiv, zu wenig Auflösung etc. Jetzt losziehen und Panorama-Aufnahmen von Berghängen machen :?: Nee, falsche Jahreszeit…… :rolleyes:

Also habe ich mich durch das Angebot diverser Bild-Anbieter gefräst und irgendwann etwas Passendes für kleines Geld erworben mit richtigem Motiv, Auflösung etc. Daraus habe ich dann eine „Endlos-Tapete“ gebastelt auf die ich dann an den richtigen Stellen noch gifs meiner Modell-Latschen „klebte“ zur Nachahmung des Latschenmeers. 8) Das Ganze ging dann in die Druckerei, die mir das auf Vliess-Tapete druckte. Leider ein bisschen gelbstichig. Aber egal, besser als Oberstdorf ist es allemal. Ausserdem ist ja auch das der erste Versuch – experimenteller Modellbau eben. :twisted: :twisted:



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Sollte nun doch noch etwas Lametta dran :?: :gruebel:
Frohe Weihnacht wünscht der Stoffel
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Stoffel »

Hallo zusammen

Nachtrag zur Ehrenrettung der Druckerei:
der Gelbstich war leicht zu beseitigen. Ich musste nur die LED-Beleuchtung im Bastelraum tauschen – neutralweiss anstatt warmweiss. :oops: Nun passt das besser. :) Dieses Warmweiss mag ja im Wohnraum ganz gemütlich sein. In der Bastelabteilung taugt es nichts. :gruebel:


So, es ist wieder Veggi-Day ! Schauen wir mal weiter auf der Liste der Pflanzen, die auf keiner Bahn in den Hochalpen fehlen dürfen. 8) Da steht auf Platz 2: …..



Juniperus communis saxatilis (Alpen-Wacholder)



Vorbild: Der Alpen-Wacholder ist ein niedriger, breiter Strauch bis maximal einem Meter Wuchshöhe. Die Blätter sind nadelförmig mit einer Länge von ein bis zwei Millimetern. Nach meiner Wahrnehmung ist der Alpen-Wacholder etwas heller als seine grossen Brüder - die hohen, dunklen Wacholder-Bäumchen, die hier in so manchem Garten dumm herumstehen um (wenig) Schatten zu spenden. Auch hier wieder etwas Bildmaterial …

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Quelle (beide Bilder): Wikipedia
Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Alpen-Wacholder




Umsetzung: Schon klar, die Natur kann man nicht nachbilden, aber vielleicht dem Auge etwas vorgaukeln. :wink: Die einzelnen Äste und Zweigchen nachzuahmen dürfte schon aufgrund der Anzahl unmöglich sein. :? Ähnlich ist es mit den nadelförmigen Blättern. Nein, mit Fasern von 0.1mm Länge werde ich mich nicht herumschlagen … :<
Also habe ich wieder viel herumgepröbelt und Unmengen von Bastelmaterial in der Rundablage versenkt. :/ Irgendwann fand ich eine Vorgehensweise, mit der man relativ zügig grössere Mengen von dem Zeugs erzeugen kann.


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Von links nach rechts: die Zweige sind aus Zeichenkarton geschnitten. Hier ging mir ein kleiner Schneidplotter hilfreich zur Hand. Man braucht viele von diesen Zweigen und muss ja auch mal etwas delegieren können. :wink: Dies Zweige wurden „beturft“, mit einem Hauch von kurzen Nadeln überzogen und zu einem Strauch zusammengeklebt. So weit so gut. Doch der Weg dahin war mühsam. :frown: Ich brauchte schon einige Versuchsreihen um den richtigen Zuschnitt, die richtige Turf-Mischung etc. zu finden, damit auch ein Alpen-Wacholder dabei herauskommt. Der erste erträgliche Prototyp sieht dann so aus


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Brauchbare Ausgansbasis, denke ich. :gruebel:

Grüsse
Stoffel
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Hydrostat
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Hydrostat »

Deine veganen Bemühungen gefallen mir richtig gut!

Schönen Gruß
Volker
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Mein Buch bei VGB: Vollendete Baukunst
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Stoffel
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Stoffel »

Hallo zusammen

@ Volker: Danke. Du motivierst mich :!: :top:

Südlich des Alpenhauptkamms ist auch in dieser Höhe das Klima etwas milder. 8) Der Klimawandel ist zwar noch 100 Jahre entfernt, aber der felsige Südhang ist ein idealer Wärmespeicher und ein Genua-Tief brachte genügend Regen. Es ist also kein Wunder, dass sich die Vegetation rasch ausbreitet. :wink: Den Alpen-Wacholder findet man mittlerweile an vielen Stellen. :lupe: In einer Nische in der Felswand ist eine kleine Spirke aufgegangen ……..



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Pinus mugo uncinata (Spirke, Aufrechte Bergkiefer)



Vorbild: Die Spirke oder Aufrechte Bergkiefer ist ein enger Verwandter der Latsche, im Grunde der „Grüne Bruder vom aufrechten Stand“ (ist das jetzt schon ethnische Aneignung ? :roll: :oops: ) Die Biester werden auch im Hochgebirge richtig gross, bis zu ca. 25m. Hier ein Bildchen von richtig mächtigen Exemplaren – aufgenommen am Ort des Geschehens – in Maloja auf 1'800m Höhe im Sommer 2024, also gut 120 Jahre zu spät. :shock: :D Die Dinger stehen offenbar in gutem Boden und sind sehr dicht.



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Für ein so grosses und dichtes Exemplar müsste ich wohl ein ganzes Segment spendieren. Zum Glück tut sich die kleine Spirke in der Felswand da etwas schwerer. Das ist kein günstiger Standort. :nein: Nährstoffe :?: - Fehlanzeige. So einen Standort liebt nur die Steinlaus. :lol: Insofern ist sie auch etwas lichter, so wie man es an vielen Orten im Engadin auf steinigem Boden antrifft. Auch fürchte ich, sie wird eines Tages, bevor der Regelbetrieb auf der Strecke beginnt, den Holzerarbeiten zum Opfer fallen. :sniff: Naja, der unterste Ast ist ja sowieso schon etwas trocken ….

Umsetzung: Nichts Neues. Die Bauweise ist genau die Gleiche wie bei der Latsche, nur habe ich dem aufrechten Habitus Rechnung getragen. Ein bisschen Messing-Rohr, ein wenig Kupferdraht, Leim, Sägemehl, Farbe und die bekannten Kunststoff-Fasern. Fertig. Mehr ist nicht dran. Für die Baumbau-Interessierten unter Euch gleich noch ein paar Bildchen vom Rohbau. Und für die Mathematiker und vor allem die Controller :twisted: : der Baum hat recht genau 500 Schlaufen, entspricht 1'000 Zweigen. Wir wollen ja präzise bleiben. :P Mit mehr Zweigen wird er dichter, aber irgendwann wird es dann mit dem Benadeln schwierig. Ich hatte schon meine Mühe, auch Nadeln an die inneren Zweige zu bekommen. Alles im Leben ist ein Kompromiss. :roll: Ein bisschen Arbeit hat das Ding schon verursacht. Inklusive den Trocknungszeiten hatte ich das Ding sechs Tage auf der Werkbank. :evil: Blöderweise kam ich zu spät auf die Idee, den Bau zu dokumentieren. :oops: Also seht Ihr hier nur:

:arrow: den Rohling „geteert und gefedert"
:arrow: den Rohling grundiert
:arrow: den Rohling "verschmutzt" (eingefärbt) mit geschnittenen Schlaufen
:arrow: das Bäumchen benadelt



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An das Gras rund um die Spirke muss ich noch einmal ran. :twisted: Ich hole mal Sense und die Leiter aus dem Schuppen. Gar nicht so einfach, da hoch zu kommen – in meinem Alter. :? :lach:

Schauen wir mal, was da noch so alles passieren wird…..

Grüsse
Stoffel
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Spureinser »

Hallo ,

sehr schon der Winter neigt sich langsam und bei dir grünt es jetzt . Klasse .
Frühlings Vorboten :D .

Gruß von Thomas aus den Taunusbergen
Ich fahre in Spur 1 , e + f , sowie R/C in 1:32 / MEC Idstein
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von jc94 »

Wunderschöne Vegetation!

Bravo!

:smt041
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Stoffel
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von Stoffel »

Hallo zusammen

Weiter geht´s.....

Zur Geschichte:
Inzwischen sind im Val Bregaglia die Kipper eingetroffen. Doch Bruno, der Lokomotivführer, ist stinksauer. :< Er hatte hübsche, schwarz lackierte Kipploren bestellt. Oder irgendetwas anderes, ganz Modernes. :/ Bruno ist eben seiner Zeit voraus. Am liebsten würde er wohl mit Reno zum Mond dampfen. Tja, doppelt Pech gehabt. Zum einen gab es bei seinen fünf Jahren Schulbesuch in der Gemeindeschule keinen Physikunterricht, zum anderen ist Bruno (Jahrgang 1864) einfach im falschen Jahrhundert geboren. Da kann ich ihm auch nicht helfen. :wink:


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So bekam er – aus seiner Sicht – Kartoffelkisten auf Rädern. Eine Beleidigung für ihn und Reno, diese Dinger umher schieben zu müssen. :< Er hat sich sofort beim Sektionsingenieur in Casaccia beschwert. Recht schnell kam die Antwort. Kurz, knapp und prägnant. (Durch einen glücklichen Umstand ist das Schreiben bis zum heutigen Tage erhalten geblieben. :P )


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Aha, so so ……. :< Man hat bei den Kippern also eine Occasion genutzt, um Kosten einzusparen. Man müsse die abgebrannten Latschenkiefern ersetzen. :tot: Warum eigentlich ? Die sind doch inzwischen wieder grün. :gruebel: Modern sollen die Wagen angeblich auch sein. Und in tadellosem Zustand usw. usw. (Bruno hat sich den Brief vorlesen lassen, denn Lesen und Schreiben sind nicht so seine primären Kompetenzen :oops: ). Das mindert Brunos Zorn in keiner Weise, aber es passt für ihn ins Bild. Dieser Sektionsingenieur geht ihm schon seit Wochen auf die Nerven. :/ Der weiss alles besser. Dabei haben Lokführer – aus Brunos Sicht - viel mehr Ahnung von der Technik. Ingenieure können doch nur mit ihren Planrollen unterm Arm wichtig tun. :boese:

Die Mineure sind dagegen ganz froh. Diese niedrigen Holzkastenkipper sind einfach zu beladen. Es muss ja alles mit Hand, Pickel und Schaufel drauf. :wink: Während also Bruno noch über den Sektionsingenieur grollt, haben die Mineure die Kipper schon einmal voll geschaufelt ….. :twisted:



Soweit zur Geschichte.
Nach so viel Grünzeugs musste ich einfach mal was anderes machen. :roll: Ich esse ja auch nicht jeden Tag vegan. :mrgreen: Da waren die Holzkastenkipper eine nette Fingerübung zwischendurch. Auch motivierte mich ein Gespräch bei den Modellbautagen im FFM im letzten Jahr, die Kipper jetzt zu basteln, um Fahrversuche für die nächsten Segmente zu machen. Der Vereinsvorsitzende berichtete, dass die Holzkastenkipper ganz gerne mal überpuffern und aus dem Gleis „kippen“ (deshalb vermutlich der Name :lach: ). Soviel vorweg: im Modell überpuffert nichts, zumindest nicht die kurzen Ungebremsten und auch nicht in Gegenkurven mit Mindestradius von 444mm (Vorbildradius 10m).

Die meisten Modellbauer nehmen für die Holzkastenkipper nach meiner Wahrnehmung als Vorbild die Baureihe aus 1920 (z.B. von Konrad Rein Söhne, da hier Zeichnungen im Netz kursieren) - einschlägig, zweischlägig, gebremst, ungebremst. Wir sind aber in 1903, da war alles noch deutlich primitiver. Hier ein Beispiel. Beachtet insbesondere z.B. den dritten Wagen.


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Quelle: historic RhB
Siehe: https://www.historic-rhb.ch/reichenau-t ... r-694.html



Mir gefällt, dass die alten Dinger fast „vegan“ (aaah, nicht schon wieder :)) oder sagen wir mal eisenfrei sind. Da ist kein Klappenmechanismus, sondern es wird einfach ein Brett eingehängt. Die Kipper sind einschlägig und scheinbar gab es sowohl eine gebremste, als auch ungebremste Ausführung. Ich habe mich für Letztere entschieden, weil noch einfacher. Zeichnungen sind dafür natürlich nicht mehr aufzutreiben. Also orientierte ich mich an den Hauptmassen des ungebremsten, einschlägigen „1¼ m³-Rein-Kippers“, aber mit niedrigerer Bordwand und den Rest nach diversen Bildern. Bezüglich der Detaillierung habe ich es nicht übertrieben. Naja, es ist auch nicht viel dran. :wink:

Die Dinger sind recht flott und simpel gebastelt – im Wesentlichen aus Lindenholz, gebürstet, grau gebeizt und Dreck-graubraun patiniert mit ein paar Gramm Messing, plastiniertem Fotokarton und ein paar wenigen Zurüstteilen (Räder, Haken, Bolzen). Auch mit den Messwerkzeugen habe ich nicht übertrieben. So wie die Dinger beim Vorbild aussahen, ist das letzte Zehntel wirklich egal. Ich habe versucht einen Alterungszustand darzustellen ungefähr so: von Regen und UV-Strahlung in der Höhe „versilbert“, aber noch lange nicht zu stark verwittert oder etwa morsch. Mmmh, mag sein, ich habe etwas übertrieben, damit es nicht so langweilig aussieht. :oops: Am Rande noch eine Hommage an die H0-Bahn in grauer Vorzeit: die Radnaben habe ich mit einem Tropfen Graphitlack versehen, um die Isolierbuchsen schwachleitend zu überbrücken. Jede Achse hat nun einen Widerstand von um die 1k bis 3k zwischen den Rädern und wird sicher von der Gleisüberwachung erkannt. Hier mal ein Wägelchen etwas grösser:


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Mir machen die Kipper gute Laune. Und Bruno soll sich mal wieder abregen. 8) Der Sektionsingenieur ist vielleicht gar kein so übler Typ. Wer weiss …… :wink:

Grüsse
Stoffel
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fst-tigrottino
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von fst-tigrottino »

Hallo und guten Tag, lieber Stoffel,
was ist das für ein Vergnügen, immer wieder Deine spannenden Geschichten lesen zu dürfen! Herzlichen Dank für Deine im wahrsten Sinne spriessende Fantasie, die Deinem wunderbaren Kleinod-Diorama so wundersames Leben einhaucht. Phantastisch.
... und dass es ausgerechnet diese Bahnstrecke betrifft, die ich mir zu meiner eigenen Fantasie-Bahngesellschaft FST (ferrovia subalpina trasversale) erkoren habe, ist eine zusätzliche Freude. Endlich bringt jemand Licht in die unbekannte Baugeschichte dieser ach so interessanten Bahnstrecke. Bislang schlummerte ja alles bloss in zweidimensionaler Form im RhB-Archiv, das so manche Trouvaille zu diesem interessanten Bahnprojekt aufbewahrt.
Ich wünsche weiterhin viel Vergnügen beim Aufforsten und so unsichtbar-Machen der Eingriffe in de Natur durch den kühnen Bahnbau.
Im Anhang der Auszug aus dem modifizierten Fahrplanübersichtsfeld der Schweiz mit der FST und einen Scan aus dem Buch Jehli et al., Bahnvisionen im Engadin.
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mit Gruss fst-tigrottino
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Re: Val Bregaglia im Sommer 1903

Beitrag von teppichbahn »

Hallo Stoffel,

wirklich beeindruckend. Ich sehe zum ersten Mal, dass jemand in großem Maßstab anhand von Vorbildfotos die Vegetation im Hochgebirge nachbildet. Dazu habe ich ja schon geschrieben, dass ich auch mal ein paar Latschen gebaut, dann aber aufgegeben habe, weil die ohne wenigstens einige Dutzend Artgenossen nach nichts aussehen. Das hat dich ja nicht abgehalten, im Gegenteil. Und nach Vorbild habe ich auch nicht gearbeitet, so ein Fotovergleich wie bei dir ginge überhaupt nicht. Der Übergang zur Fototapete ist ja kaum zu erkennen, und das nicht nur beim fernem Berghintergrund, sondern zwischen Büschen, die direkt nebeneinander stehen.

Aber Achtung, jetzt kommt's: Willst du nicht vielleicht die Felsen noch etwas nacharbeiten? Meiner Ansicht nach können die mit den filigranen Latschen nicht mehr ganz mithalten. Die Farbpalette finde ich prima, die hast du ja auch direkt vom Vorbild übernommen. Nur die Textur erinnert mich ein kleines bisschen an eine Rauhfasertapete. Vielleicht ginge das mit gegossenen Gipsteilen noch etwas vorbildnäher.

Du hast zwar mal geschrieben, dass dir 80% ausreichen. Aber spätestens seit deinem Latschenmeer mitsamt exakt angepassten Hintergrund nehm ich dir die 80% nicht mehr richtig ab. Ich finde, deine Segmente sind schon viel mehr als nur ein kleines Experiment, sowohl vom spannenden Thema her als auch der Umsetzung. Da könnte es sich lohnen, auch in einige Details nochmals zu investieren.
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