Hallo zusammen
Weiter geht´s.....
Zur Geschichte: Inzwischen sind im Val Bregaglia die Kipper eingetroffen. Doch Bruno, der Lokomotivführer, ist stinksauer.

Er hatte hübsche, schwarz lackierte Kipploren bestellt. Oder irgendetwas anderes, ganz Modernes.

Bruno ist eben seiner Zeit voraus. Am liebsten würde er wohl mit Reno zum Mond dampfen. Tja, doppelt Pech gehabt. Zum einen gab es bei seinen fünf Jahren Schulbesuch in der Gemeindeschule keinen Physikunterricht, zum anderen ist Bruno (Jahrgang 1864) einfach im falschen Jahrhundert geboren. Da kann ich ihm auch nicht helfen.
So bekam er – aus seiner Sicht – Kartoffelkisten auf Rädern. Eine Beleidigung für ihn und Reno, diese Dinger umher schieben zu müssen.

Er hat sich sofort beim Sektionsingenieur in Casaccia beschwert. Recht schnell kam die Antwort. Kurz, knapp und prägnant. (Durch einen glücklichen Umstand ist das Schreiben bis zum heutigen Tage erhalten geblieben.

)
Aha, so so …….

Man hat bei den Kippern also eine Occasion genutzt, um Kosten einzusparen. Man müsse die abgebrannten Latschenkiefern ersetzen.

Warum eigentlich ? Die sind doch inzwischen wieder grün.

Modern sollen die Wagen angeblich auch sein. Und in tadellosem Zustand usw. usw. (Bruno hat sich den Brief vorlesen lassen, denn Lesen und Schreiben sind nicht so seine primären Kompetenzen

). Das mindert Brunos Zorn in keiner Weise, aber es passt für ihn ins Bild. Dieser Sektionsingenieur geht ihm schon seit Wochen auf die Nerven.

Der weiss alles besser. Dabei haben Lokführer – aus Brunos Sicht - viel mehr Ahnung von der Technik. Ingenieure können doch nur mit ihren Planrollen unterm Arm wichtig tun.
Die Mineure sind dagegen ganz froh. Diese niedrigen Holzkastenkipper sind einfach zu beladen. Es muss ja alles mit Hand, Pickel und Schaufel drauf.

Während also Bruno noch über den Sektionsingenieur grollt, haben die Mineure die Kipper schon einmal voll geschaufelt …..
Soweit zur Geschichte. Nach so viel Grünzeugs musste ich einfach mal was anderes machen.

Ich esse ja auch nicht jeden Tag vegan.

Da waren die Holzkastenkipper eine nette Fingerübung zwischendurch. Auch motivierte mich ein Gespräch bei den Modellbautagen im FFM im letzten Jahr, die Kipper jetzt zu basteln, um Fahrversuche für die nächsten Segmente zu machen. Der Vereinsvorsitzende berichtete, dass die Holzkastenkipper ganz gerne mal überpuffern und aus dem Gleis „kippen“ (deshalb vermutlich der Name

). Soviel vorweg: im Modell überpuffert nichts, zumindest nicht die kurzen Ungebremsten und auch nicht in Gegenkurven mit Mindestradius von 444mm (Vorbildradius 10m).
Die meisten Modellbauer nehmen für die Holzkastenkipper nach meiner Wahrnehmung als Vorbild die Baureihe aus 1920 (z.B. von Konrad Rein Söhne, da hier Zeichnungen im Netz kursieren) - einschlägig, zweischlägig, gebremst, ungebremst. Wir sind aber in 1903, da war alles noch deutlich primitiver. Hier ein Beispiel. Beachtet insbesondere z.B. den dritten Wagen.
Quelle: historic RhB
Siehe: https://www.historic-rhb.ch/reichenau-t ... r-694.html
Mir gefällt, dass die alten Dinger fast „vegan“ (aaah, nicht schon wieder

) oder sagen wir mal eisenfrei sind. Da ist kein Klappenmechanismus, sondern es wird einfach ein Brett eingehängt. Die Kipper sind einschlägig und scheinbar gab es sowohl eine gebremste, als auch ungebremste Ausführung. Ich habe mich für Letztere entschieden, weil noch einfacher. Zeichnungen sind dafür natürlich nicht mehr aufzutreiben. Also orientierte ich mich an den Hauptmassen des ungebremsten, einschlägigen „1¼ m³-Rein-Kippers“, aber mit niedrigerer Bordwand und den Rest nach diversen Bildern. Bezüglich der Detaillierung habe ich es nicht übertrieben. Naja, es ist auch nicht viel dran.
Die Dinger sind recht flott und simpel gebastelt – im Wesentlichen aus Lindenholz, gebürstet, grau gebeizt und Dreck-graubraun patiniert mit ein paar Gramm Messing, plastiniertem Fotokarton und ein paar wenigen Zurüstteilen (Räder, Haken, Bolzen). Auch mit den Messwerkzeugen habe ich nicht übertrieben. So wie die Dinger beim Vorbild aussahen, ist das letzte Zehntel wirklich egal. Ich habe versucht einen Alterungszustand darzustellen ungefähr so: von Regen und UV-Strahlung in der Höhe „versilbert“, aber noch lange nicht zu stark verwittert oder etwa morsch. Mmmh, mag sein, ich habe etwas übertrieben, damit es nicht so langweilig aussieht.

Am Rande noch eine Hommage an die H0-Bahn in grauer Vorzeit: die Radnaben habe ich mit einem Tropfen Graphitlack versehen, um die Isolierbuchsen schwachleitend zu überbrücken. Jede Achse hat nun einen Widerstand von um die 1k bis 3k zwischen den Rädern und wird sicher von der Gleisüberwachung erkannt. Hier mal ein Wägelchen etwas grösser:
Mir machen die Kipper gute Laune. Und Bruno soll sich mal wieder abregen.

Der Sektionsingenieur ist vielleicht gar kein so übler Typ. Wer weiss ……
Grüsse
Stoffel