Hallo Jörg,
ich komme urlaubsbedingt erst jetzt dazu, Dir zu antworten.
Erst einmal schönen Dank, dass Du Deine Bilder zur Verfügung stellst. Es geht mir bei meinen Kommentaren nicht darum Deine Bilder zu verreißen, sondern ich möchte ein paar Anregungen geben, so dass die nächsten Aufnahmen vielleicht noch einen Deut das besser herüberbingen, was Du beabsichtigt hattest!
Du schriebst:
ohne Stativ wirds halt manchmal unscharf
Wenn ich durch die längere Belichtungszeit in die Gefahr der Verwackelung komme, nehme ich das Stativ oder stütze die Kamera ab. Dazu reicht oftmals ein untergelegtes Buch, ein Glas oder eine Tasse – also irgend etwas, das meine „zitternde“ Hand unterstützt. Genauso wichtig ist es, den Auslöser ruhig zu drücken.
nur hier habe ich bewußt mit der Schärfe gespielt.
Nehmen wir einmal eines von Deinen Bildbeispielen:
Wenn wir mit unserer Lesegewohnheit das Bild von links nach rechts überfliegen, so ist in im linken Drittel ein Werkstattbereich zu erkennen, der etwas in Dunklen liegt, während es weiter rechts immer heller und unschärfer wird.
Wo bleibt unser Auge hängen
Ja, im zu hellen Bereich, der allerdings durch seine Unschärfe und ausbrechenden Lichtern nicht wirklich gut erkennbar ist. Der schärfere Balken, der im Bereich des „Goldenen Schnittes“ liegt, geht dadurch etwas unter.
Der
„Goldener Schnitt" ist, kurz gesagt, das Verhältnis von Strecken, bei denen die kurze zur langen Seite sich so verhält, wie die lange Seite zur Summe aus kurzer und langer Seite.
a : b wie
b : (a+b) Schon verwirrt
Hier wird der Goldenen Schnitt etwas spielerischer erklärt.
Betrachtet einmal die beiden folgenden Bilder daraufhin, wo Ihr zuerst hinschaut
Die Füchsin ist auf dem ersten Bild in der Bildmitte angeordnet, sowohl durch die Schärfe als auch den Standpunkt gleich zu erkennen. Durch die mittige Anordnung wirkt ein Motiv aber oft weniger spannend
(es gibt durchaus Ausnahmen).
goldener_Schnitt_1 (fspg2)
Während oben das umgebende Gestrüpp die Konzentration von der Füchsin ablenkt, bleibt im unteren Ausschnitt der Blick auf dem Gesicht des Tieres hängen.
goldener_Schnitt_2 (fspg2)
Die vier Kreuzungen der Hilfslinien markieren die möglichen vier Punkte des "Goldenen Schnittes".
Wenn Ihr darauf hin einmal bewusst Bilder z.B. in Zeitungen betrachtet, werdet Ihr oftmals den bildwichtigen Bereich in der Nähe eines dieser vier Punkte finden. Wenn zusätzlich dann auch das Licht und die Schärfe diese Stelle hilfreich hervorheben, kommt das Bild richtig rüber.
Im zweiten Bildbeispiel von Jörg liegen der Ausschnitt und die Schärfe schon besser:
...nur die Gesamthelligkeit könnte etwas dunkler sein. Mit zusammen gekniffenen Augen lässt sich im Vorfeld das Motiv schon erahnen, wie es später erscheint.
Werkstatt_2b (fspg2)

Bild von Jörg-Maria Linke verändert
So lenken Details im unscharfen und dunklen Bereich nicht vom Rest ab. Man erkennt noch den Rest von der Werkstatt.
Schon bei der Aufnahme gibt es an den meisten Kameras die Möglichkeit der + oder - Korrektur. Wenn schon so starke Helligkeitsunterschiede im Motiv vorhanden sind, sollte die hellste Stelle im Bild nach Möglichkeit immer noch eine gewisse Zeichnung aufweisen und nicht nur einfach im Ausdruck das Papierweiß durchlassen. Wenn nun durch eine Minus-Korrektur alles dunkler belichtet wird, sollten Bereiche, die jetzt zu dunkel erscheinen ein wenig aufgehellt werden. Dazu können Styropor, Heizkörperreflexfolien
aus dem Baumarkt 50cm x 50cm, kleine Spiegel, usw. eingesetzt werden. Ist die Aufnahme zu hell fotografiert, kann man zwar nachdunkeln, jedoch werden die Stellen ohne Bildinformation in den hellen Bereichen nur schmutzig grau erscheinen, so wie im unteren Beispiel von Jörg. Es ist die Nachbearbeitung oftmals nur die zweitbeste Lösung. Weitaus besser ist es, schon bei der Motivwahl auf den richtigen Ausschnitt, das Licht, die Schärfe... zu achten.
Vergleichen wir noch zwei weitere Bilder von Jörg:
und

,
Mit dem unteren Bild wirst Du sicherlich glücklicher sein.
Wieder die Frage, wohin unserer Blick wandert?
Bild oben: rote Flasche vorn, kurz auf der scharfen Tür und Werkstattbereich, dann in den hellen Hintergrund (weiß/rot), die grüne Lok, rechts die scharfe Tür.
Ich bin durch die unterschiedlichen Helligkeits- und Schärfebereiche mit dem Auge am wandern.
Bild unten: durch den unscharfen Türflügel werde ich regelrecht auf das scharfe Holzregal geleitet. Soweit o.k. Leider ist hier im Hintergrund nach wie vor der weiß-rote Bereich sehr stark ablenkend, so dass mein Blick nicht im Schärfebereich hängenbleibt. Auch hier helfen im Vorfeld die zugekniffenen Augen, um so besser die Helligkeitsverteilung wahrzunehmen.
Wenn Ihr auf solche Kleinigkeiten schon vor der Aufnahme achtet, sollten durchaus noch aussagekräftigere Bilder von Euren Objekten machbar sein.
Oftmals sehen wir Bilder, bei den die ganze Werkstatt im Hintergrund zwar unscharf, aber so hell ist, dass das eigentlich zu zeigende Bauteil, auf das Ihr ja zu Recht stolz seid, regelrecht im Schatten steht.
Stellt Euch die Frage während der Aufnahme:
"Was will ich mit diesem Bild zeigen? ...und somit auch:
"Was will ich nicht unbedingt zeigen!"
Zumindest sollten wir unsere "Fotomodelle" positiv darstellen. Dabei führen wir hinter der Kamera Regie. Was ich nicht zeigen will und auch nicht bildwichtig ist, bleibt weg!
Meist sind es nur ein paar Kleinigkeiten, die nicht bewusst wahrgenommen das Bild stören

So hätte ich z.B. versucht die beiden Lampen
(wenn sie schon im Bild sind, sollen sie doch auch ihr schönes Licht zeigen) im Schuppen - wenn möglich - leuchten zu lassen und die beiden hinteren Tor soweit geschlossen, dass rot-weiß nicht mehr stört. Die Lok, ein paar Zentimeter weiter nach vorne in den Schärfebereich gezogen, hätte neben dem Regal unter den Lampen sicherlich noch besser aussehen können.
Es ist hinterher immer leichter, Fehler im Bild zu sehen, da wir auf einer zweidimensionalen Fläche mit dem Auge in Ruhe alle Stellen vergleichen können. Bei der Aufnahme sind wir in der dreidimensionalen Umgebung von so vielen Dingen abgelenkt, so dass viele der angesprochenen Sachen nicht wahrgenommen werden - solange ich sie mir nicht bewusst mache.
In diesem Sinne wünsche ich mir und Euch nicht nur bewusst schöne Modelle, sondern in Zukunft auch noch viele bewusst schöne Bilder davon zu sehen
