vor kurzem erwarb ich eine einfache Digital-Kamera. Die nachstehend gezeigte
Aufnahme einer nachdenklichen Dame mit Herrn entstand kurz nach dem Kauf der Kamera.
Kati und Tommi erinnern sich (Oskar)
Kati wuchs als einzige Tochter zusammen mit vier Brüdern in einer Familie
auf, der bereits in zweiter Generation großbürgerliche Vermögensverhältnisse
zu Gebote standen. Ihr Vater, der Dr. Alfred Pringsheim, lehrte an der
Universität München als Mathematik-Professor und besaß besaß in München
ein herrschaftliches Haus.
Seine Frau, Hedwig Pringsheim, geborene Dohm, war bekannt als charmante und
aufmerksame Gastgeberin. Sie entwickelte ihr in der Arcisstraße gelegenes,
herrschaftliches Haus zu einem Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens.
Dorthin, zu sich, lud sie den dem Geistigen zugewandten Teil der Münchener
gehobenen Stände regelmäßig ein.
Bei diesen Gesellschaften lernte Kati den jungen Erfolgsschriftsteller Tommi
kennen, der die Einladung in das großbürgerliche Haus dem noch frischen Ruhm
seines gerade erschienenen Erstlingswerkes 'Die Buddenbrooks' verdankte.
So fand sich Herz zum Herzen. Kati und Tommi schlossen ihren Bund fürs
Leben. Frau Hedwig, die Herrin im Hause Pringsheim, richtete für ihre
einzige Tochter Kati eine standesgemäße Hochzeit aus.
In welchem Jahr genau Kati und Tommi heirateten, hat die Verwaltung der GMB
nicht ausfindig machen können, aber sie griff den Hinweis auf das noch vor der
Hochzeit erschienene Erstlingswerkes des Bräutigams auf. Beim Nachschlagen
im Lexikon erfuhr sie, dass die Erstausgabe dieses Werkes noch in die
Spätzeit des deutschen Kaiserreiches fiel. In der Verwaltung der GMB wurde
somit bekannt, dass der vormals bei der GMB beschäftigte
Dienstmann Heinrich Wolf nicht nur ein Zeitgenosse von Kati und Tommi gewesen
sein muss, sondern dass er sogar dem Paar Kati und Tommi als Dienstmann
behilflich wurde, als das Paar in die Sommerfrische nach Oberhof anreiste.
Eben diese Zeitgenossenschaft brachte es mit sich, dass die Nachfahren der
einstigen Holzfäller, Köhler und Pechbrenner bei ihren Erzählungen, die sie
an den langen Winterabenden in Oberhof austauschen, auch aus jener fernen Zeit
berichten können.
Eine ihrer Erzählungen beleuchtet auch die Gestalt der Frau Hedwig,
der charmanten, aufmerksamen und großzügigen Herrin im Hause Pringsheim.
Die Nachfahren der einstigen Holzfäller, Köhler und Pechbrenner verehren
die Frau Frau Hedwig geradezu.
Sie stellen in ihrer Erzählung heraus, dass Frau Hedwig für die Erbauung
der Gotha-Meininger-Bahn eine vergleichbar gewichtige Rolle für Oberhof
gespielt hat, wie sie die Johanniter spielten, als sie ihr einstiges Hospiz,
den stattlichen 'Oberen Hof' gründeten.
Die Nachfahren der einstigen Holzfäller, Köhler und Pechbrenner berichten, dass
Kati und Tommi in den ruhigen Stunden ihrer Sommerfrischezeit sich gegenseitig
darüber verständigten, wie es denn zu ihrer Reise nach Oberhof gekommen sei.
Kati griff dabei weit in die Zeit zurück und erzählte aus der Mädchenzeit
ihrer Mutter, der Frau Hedwig, nämlich als diese noch als das unverheiratete
Fräulein Hedwig Dohm in Berlin im Schoße der Familie lebte.
Zu jener Zeit nahm Hedwig Dohm im Januar 1875 die Ausbildung zur
Schauspielerin am Meininger Hoftheater auf. Helene Freifrau von Heldburg hatte
die Elevin zuvor bei einem Besuch der Familie Dohm in Berlin kennengelernt
und die gerade Zwanzigjährige für die Bühne begeistern können. Die Elevin
verlobte sich im Sommer 1876 heimlich mit dem angehenden Mathematikdozenten
Dr. Alfred Pringsheim.
Dessen Vater Rudolf Pringsheim war in Berlin als der 'schmalspurige
Pringsheim' bekannt, weil er sein Vermögen mit dem Aufbau und
dem Betreiben des oberschlesischem Schmalspurbahnnetzes erworben hatte.
Hedwig Dohm heiratete Alfred Pringsheim im Oktober 1878, nachdem sie
in ihrem Beruf als Schauspielerin ohne Erfolg geblieben und deswegen
die Meininger Bühne verlassen hatte.
Hedwig Dohm berichtet dem 'Theaterherzog', Herzog Georg II von
Sachsen-Meiningen, sowie seiner Ehefrau Helene Freifrau zu Heldburg
über ihren Verlobten und dessen Vater, den 'schmalspurigen Pringsheim'.
So gewinnt das herzogliche Paar schon früh die Erkenntnis, dass mit dem
Aufbau schmalspurigen Bahnen die Voraussetzungen für das wirtschaftliche
Wachstum auch in ländlichen Gebieten geschaffen werden können.
Rund ein Jahrzehnt später kann Georg II diese Erkenntnis auch praktisch
nutzen. Auf dem Territorium seines Herzogtums Sachsen-Meiningen
läßt er mehrere Schmalspurbahnen ausschließlich in Meterspur errichten
und als Herzoglich Sachsen-Meiningensche Staatseisenbahnen betreiben.
So entsteht als Erste davon die Schmalspurbahn Hildburghausen-Heldburg, auf
der ab Juli 1888 planmäßige Züge verkehrten. In den Sommermonaten, also in der
Theaterpause, hielt das herzogliche Paar auf der 'Veste Heldburg' Hof.
Der Bahnhof Heldburg erhielt einen gesonderten 'Fürstenanbau', von dem aus das
herzogliche Paar mit der Kutsche die Fahrt zu seinem Sommersitz
'Veste Heldburg' antrat, wenn es denn im eigenen Salonwagen mit der
Schmalspurbahn angereist kam.
Es entsteht weiterhin die Schmalspurbahn Eisfeld-Unterneubrunn, die das
Meininger Oberland erschließt. Diese Bahn nimmt am 1. Mai 1890 den öffent-
lichen Zugbetrieb auf.
Und schließlich wird auch die Gotha-Meiningen-Bahn als meterspurige
Schmalspurbahn gebaut. Dem Bau gingen langwierige und schwierige
Vertragsverhandlungen voraus, denn die Strecke führte nicht ausschließlich
über Sachsen-Meininger Terrain, wie es bei den die beiden Vorgängerbahnen
der Fall war,sondern sie durchquerte sowohl preußisches Hoheitsgebiet als auch
das Gebiet des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha.
Anfangs lehnte Preußen den Bau einer ausländischen Staatsbahn auf seinem
eigenen Hoheitsgebiet strikt ab. Jedoch im Lichte der Erfahrungen mit seiner
Politik der Heeresvergrößerung und mit der Praxis der Mobilmachung eines
Millionenheeres setzten sich auch in Preußen die Befürworter eines staatlichen
Eisenbahnwesens letztendlich durch. Ein staatliches Eisenbahnsystem läßt sich
nämlich bereits in Friedenszeiten besser auf die Anforderungen der Kriegführung
eines Millionenheeres ausrichten, als dies ein Verbund rein privatwirtschaft-
lich operierenender Bahngesellschaften zu leisten im Stande wäre.
So ließ denn Preußen zu, dass die schmalspurige Staatsbahn des
Herzogtum Sachsen-Meiningen auch einen Zipfel des preußischen Landkreises
Suhl durchquerte, - wohl in der stillen Hoffnung, damit einen Vorwand in die
Hand bekommen zu haben, die Bahn in naher Zukunft in das
Eigentum des preußischen Staates überführen zu können. Ab Sommer 1892
verkehren dann die planmäßigen Züge auf der Gotha-Meiningen-Bahn.
An dieser Stelle lassen die Nachfahren der einstigen Holzfäller, Köhler und
Pechbrenner ihre Erzählung über die von ihnen verehrte die Frau Frau Hedwig
enden.
Sie geben zu bedenken, dass die zukünftige Schwiegertochter des
'schmalspurigen Pringsheim' wohl mit bereits dem gleichen Charme und der
gleichen Aufmerksamkeit, die sie später beim Führen ihres herrschaftlichen
Hauses zeigte, auch das herzogliche Paar von den unerschöpflichen
Quellen des Wohlstandes der Familie ihres Verlobten überzeugt haben muss.
Fragt aber einer, wie es denn Kati und Tommi in der Zeit nach ihrem Aufenthalt
in Oberhof ergangen sei, so schweigen die Nachfahren der einstigen Holzfäller,
Köhler und Pechbrenner. Es seien dann doch schlimme Zeiten über das Land
und die Menschen gekommen, allerdings danach seien beide danach nochmal ins
Thüringische nach Weimar eingeladen worden und seien begeistert empfangen und
geehrt worden.
Oskar