Philosophisches

Dies und das und allerlei

Moderator: Schrauber

Benutzeravatar
aristotelez
Beiträge: 18
Registriert: Fr 27. Mär 2009, 11:39
Wohnort: Rangendingen
Kontaktdaten:

Philosophisches

Beitrag von aristotelez »

Wisst Ihr Eigentlich was ihr tut?
Warum spielen wir eigentlich nicht lieber Golf oder Fußball, fahren Motorrad, gehen reiten oder angeln?
Spielen an sich gilt ja schon als Zeitverschwendung aber wenn man dann jemand davon erzählt, dass man mit der Eisenbahn spielt, dann sinkt man in Ansehen und Ernsthaftigkeit gleich zwei Stufen tiefer :wink: .

Mich würde interessieren, welcher Aspekt Euch an Eurem Hobby Interessiert und warum. Seit Ihr lieber Lokführer, Tüftler, Techniker, Elektroniker oder bisschen etwas von allem? :?:

Ich hab schon das ganze deutsch- und englischsprachige Netz abgegrast aber nicht sonderlich viel über den Sinn des Modellbahnerlebens gefunden.
Außer dass sowohl Winston Churchil, Hermann Göhring, Phill Collins, Walt Disney, Ed Dougherty, Tom Hanks, Elten John, Michael Jordan, Ricardo Patrese, Frank Sinatra, Bruce Springsteen, Rod Stweard, Donald Sutherland, Neil Young, Peter Alexander, Kurt Biedenkpf und Horst Seehofer alle Modellbahner waren oder sind... :D

Das Einzige worauf ich in dieser Hinsicht gestoßen bin möchte ich Euch allerdings nicht vor enthalten, Otto O. Kurbjuweits Onlinebuch Anlagendesign. Der beschränkt sich dabei nicht nur auf das Machen, sondern setzt sich auch etwas mit den Hintergründen auseinander. :D

Grüssle Chistoph
P.S.: Ich habe vorher auch die Suche bemüht, aber nichts zum Thema gefunden :wink:
TRAIN GARDEN - GARDEN TRAIN
http://www.myspace.com/christoph_schoder
Schienenbus
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2495
Registriert: Mo 7. Apr 2008, 21:16
Wohnort: Bruchhausen-Vilsen
Kontaktdaten:

Re: Philosophisches

Beitrag von Schienenbus »

Hallo Christoph,

vor gar nicht allzu langer Zeit hat ein schwäbischer Sportwagenhersteller folgenden Werbespruch unter ein Cabriolet-Foto gezaubert....

Man hört nicht auf zu spielen weil man alt wird -

Man wird alt weil man aufhört zu spielen!


In diesem Sinne

Achtungspfiff
Stephan - der Schienenbus
Benutzeravatar
kastenlokker
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2371
Registriert: Mi 23. Aug 2006, 00:16
Wohnort: Linzgau/Baden

Re: Philosophisches

Beitrag von kastenlokker »

Hallo Stephan,

der Spruch ist ausgezeichnet, voller Tiefgang und Humor gleichermaßen.
Kürzer und treffender kann man den Sachverhalt wohl kaum beschreiben.
Vielen Dank!

Servus, Thomas
theylmdl
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 5812
Registriert: Fr 14. Jan 2005, 01:01
Wohnort: Frankfurt a.M.
Kontaktdaten:

Re: Philosophisches

Beitrag von theylmdl »

Hallo Christoph!

Mit einem Teil Deiner Fragen habe ich mich schon auseinander gesetzt: Philosophisches. Das entscheidendste Motiv dürfte wohl die Vielfalt sein, die das Hobby "Modelleisenbahn" so mit sich bringt.

Dazu vielleicht noch ein Zitat...
Christian Morgenstern hat geschrieben:In jedem Manne steckt ein Kind, das will spielen.
Nicht umsonst sprechen schon die alten Philosophen vom homo ludens ;-) .

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
Benutzeravatar
kastenlokker
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2371
Registriert: Mi 23. Aug 2006, 00:16
Wohnort: Linzgau/Baden

Re: Philosophisches

Beitrag von kastenlokker »

Hallo Christoph,

... "denn sie wissen nicht, was sie tun"?
"Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt."(Schiller)
Aber du kannst das Philosophieren (das man daran jetzt anschließen könnte) auch getrost beiseite lassen:
Ein wichtiger Faktor dieses (unseres) Eisenbahn-Spielens ist doch die Entspannung und Entschleunigung, die es mit sich bringt. Also: Psycho-Hygiene, und damit durchaus gesundheits-fördernd.
Und das dürfte mit Sicherheit neben dem Spiel-Faktor ein wesentlicher Grund sein, warum die von dir genannten Größen
eben eisenbahnspiel(t)en.
Wenn also das nächste Mal dich wieder ein lieber Mitmensch ob deines bekannt werdenden geschmähten Hobbies zwei Stufen tiefer sinken lässt (wobei das von dir selbst abhängt, ob du mitsinkst), dann schau ihn dir genau an und prüf mal, ob er nicht längst das Spielen verlernt hat, stattdessen aber vielleicht Stress pur im Nacken sitzen hat und im Sinne von Stephan´s Zitat vielleicht schon längst ver-altet ist.
Der Aspekt Spielen=Zeitverschwendung gilt nicht.
Da wäre mal ehrlich dagegen zu halten, wieviel Zeit man sonst noch für "spielfreie" sinnlose Dinge gedankenlos verschwendet jeden Tag.

Servus, Thomas
Zuletzt geändert von kastenlokker am Fr 27. Mär 2009, 21:50, insgesamt 1-mal geändert.
Pollux
Buntbahner
Beiträge: 63
Registriert: Do 22. Jan 2009, 05:58

Re: Philosophisches

Beitrag von Pollux »

Ausser mit der kleinen tochter meines bruders habe ich schon lange nicht mehr eisenbahn gespielt. Aber modellbau mache ich gerne, und das sieht auch in der "gesellschaft" ganz anders aus.

Obwohl es ja auch eine from des spielens ist, mit werkzeug halt. :roll:

Siehe grossveranstaltungen ala modellbaumessen oder livesteamstrecken in parkanlagen, wie sie immer haeufiger werden. Beim eventuell vorhandenen Rocostand wird man dort aber auch sicher immer weniger begeisterte sehen.

Leider wird auch auf solchen messeausstellungen schiffsmodellbau und aehnliches meist wesentlich deutlicher als thema modellbau dargestellt.

LG Hans
exrabe
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 376
Registriert: Di 25. Mär 2003, 00:24

Re: Philosophisches

Beitrag von exrabe »

Hallo
vor Jahren hat mich eine Kollegin mit einem Grinsen im Gesicht gefragt, ob ich am Wochenende wieder mit der Eisenbahn gespielt hätte.
Meine spontane Antwort war: "Nein, ich habe Betriebsablaüfe nachgestaltet!"
Das hat ihr die Sprache verschlagen. Diese Worte sind bis heute meine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Hobbys Modelleisenbah.
Gut gefällt mir auch das Zitat von Gerhard Uhlenbruck (Mediziner, Schriftsteller u.a.): "Wenn man Spaß an einer Sache hat, dann nimmt man sie auch ernst"
Ja, einige meiner Fahrzeuge hatten ihren Ursprung in einer roten Schachtel. Viele mußten Veränderungen über sich ergehen lassen. Sie bildeten die Basis für real existierende Fahrzeuge und wurden auf Grund eines Fotos umgebaut. Mit dem Umbau beschäftigt man sich auch mit der Geschichte des Fahrzeugs oder/und der Stammstrecke. usw usw
Das interessiert mich mehr als z.B. Fußball.
Bier schmeckt auch beim Basteln und "während der Betriebsablauf Nachgestaltung".
Benutzeravatar
Marc
Beiträge: 5
Registriert: Di 17. Feb 2009, 22:42
Wohnort: Stuttgart
Kontaktdaten:

Re: Philosophisches

Beitrag von Marc »

Ich habe drei Hobbys - ich fahre Motorrad, ich unterhalte eine Gartenbahn und vor allem halte und züchte ich Streifenhörnchen.
Bis auf's Motorrad fahren scheinbar Dinge, die die Leute lächerlich und seltsam finden.
Aber: Wenn ich am Montag ins Geschäft komme und von den Kollegen wieder grinsend gefragt werde, ob ich am Wochenende "Eisenbahn spielen" war oder ob ich bald wieder "Hörnchen-Vater" werde kann ich etwas erzählen - wenn ich dann zurückfrage, wie den das Wochenende bei ihnen war kommt meist nix.

Und wenn ich bei mir im Garten mit Kollegen grille oder mal ein Faß aufmache sind es die größten Lästermäuler die rufen, ich soll doch bitte die Züge fahren lassen und dann völlig fasziniert einer kleinen dampfenden Stainz mit 3 kleinen Wägelchen zuschauen.

Braucht ein Hobby einen realen Sinn oder Zweck - wenn "ja" dann nur den, daß es mich zufrieden stellt, beschäftigt und in irgendeiner Form ausfüllt nach meinem Gusto.
Und ganz nebenbei bewahren wir eine Tradition, die die "Modelleisenbahn" als Spielzeug wohl darstellt.

Was andere darüber denken ist mir, kurz gesagt, piepegal. Sollen sie doch das ganze Wochenende im Bett verbringen und Fernseh schauen - bezüglich Bahnbau tobe ich lieber an der frischen Luft rum, ärgere mich mit den Unwegbarkeiten des Bahnbaus herum, lerne Leute kennen, die faszieniert am Gartenzaun stehen bleiben, erfreue Kinder, und platze vor Stolz, wenn mal wieder was funktioniert.
Und das es inzwischen auch Spaziergänger gibt, die extra ihre Route so geändert haben, das sie immer sehen können, ob die Bahn läuft oder Mütter, die sich freuen, daß auch Kinder jetzt gerne spazieren gehen wollen, weil sie zur "Bahn" dürfen reicht mir bei weitem als "Sinn"!
Gruß aus Stuttgart

Marc

"Wer die Wahrheit spricht sollte ein schnelles Pferd besitzen" chin. Sprichwort
Benutzeravatar
aristotelez
Beiträge: 18
Registriert: Fr 27. Mär 2009, 11:39
Wohnort: Rangendingen
Kontaktdaten:

Re: Philosophisches

Beitrag von aristotelez »

Also Ich fass mal zusammen:
Wir haben auf der einen Seite das "Spielen oder das Spiel im Allgemeinen"
und Modellbahn bzw. Großspur im Besondern.

Was das menschliche Spiel angeht, so hab recherchiert dass das Brettspiel bereits auf babylonischen Bildern dargestellt wird. Mit dem Wesen des Spiels an sich hat sich dann Friedrich Schiller in seinen Briefen "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" (Reclam / Projekt Gutenberg) und insbesondere Johan Huiznga in seinem Buch Homo Ludens auseinander gesetzt.
Wie Thomas treffend angemerkt hat, beides philosophische und keine wissenschaftlichen Ansätze. (Das Morgensternzitat werd ich mir merken) :wink:

Huizinga definiert sich Spiel durch:
Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“

Was aber nicht den Sinn und Zweck des Spielens erklärt.

Dass das Spielen essenziell sein muss, davon kann man glaube ich aus gehen. Das sagt ja auch der Werbeslogan von Stephan ."Man wird alt, weil man aufhört zu spielen" Oder die Tatsache, dass beim Grillen die Leute die Gartenbahn fahren sehen wollen.

Mir persönlich fallen Problemlösungen oft verstärkt dann ein, wenn ich an meiner Werkbank stehe und bei meinem Hobby das Hirn entspanne...

Im Übrigen wird das Hobby allgemein unmittelbar als "erwachsene Fortsetzung" des "kindlichen Spiels" gesehen.

Die Idee, den Spiess um zu drehen und zu sagen, wir spielen, also sind wir die "Normalos" und ihr spielt nicht, deshalb seid ihr nicht "Normal", das finde ich cool und laesst sich historisch sogar belegen. Bis ins Mittelalter war es eigentlich normal, dass die Menschen einfach nur weiter gespielt haben, da gab es die Trennung Kinder- und Erwachsenenwelt noch nicht.
Erst die Intervention der Kirche hat zu einem Wertewandel geführt und das Spiel quasi als Zeitverschwendung ins Kinderzimmer verbannt.

Heute haben wir eigentlich wieder eine entsprechende Strömung nämlich die sogenannten "Kidults".
Also Erwachsene die in die Welt der Kinder eindringen, um so für immer jung zu bleiben. Auf dem Zukunftsforum der Spielwarenmesse hat das der Trendforscher Peter Wippermann in etwa so formiert: Kinder (abgesehen davon dass ihre Zahl zurückgeht) werden immer schneller erwachsen und die Erwachsenen wollen Kind bleiben.

Alles in allem wären das doch ideale Vorrausetzungen dafür, sich als trendbewusster Erwachsener dem Modellbahnern zu zu wenden. Oder nicht?
:wink:
Dieses Hobby ist vielfältig, befriedigt den Spieltrieb, fördert das Technikverständis sowie die Kreativität, kann gemeinsam sowie alleine aber auch drinnen und draussen ausgeübt werden. Da kann weder ein Computer Game wie "World of Warcraft" noch ein Fußball-Länderspiel ernsthaft mithalten. :wink:
Ich habe den Eindruck ich sehe hier und in meinem Modellbahnerumfeld überwiegend hoch-professionalisierte und motivierte Individualisten.
Also woran liegt es, dass es nicht mehr Leute auf diesen Zug auf springen?
Offensichtlich gibts da noch ein Immageproblem. Liegt das am Land? in Amerika scheint mir das anders zu sein?. Liegts am Marketing und am Sortiment der Hersteller (LGB oder Märklin), liegts am Preis? Oder wie seht Ihr das?

Ich hoffe ich hab jetzt nicht zu viel geschwallt:D

Gruessle

christoph
TRAIN GARDEN - GARDEN TRAIN
http://www.myspace.com/christoph_schoder
Ecthelion
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 178
Registriert: Di 14. Aug 2007, 21:29
Wohnort: Petershagen
Kontaktdaten:

Re: Philosophisches

Beitrag von Ecthelion »

Nun, vielleicht gibt es noch einen anderen, philosophischen Aspekt, der dem Spielen zugrunde liegen mag:
Kunst ist bekanntlich etwas, was eigentlich keiner zum Leben benötigt, die Definition von Leben ist bekanntlich Stoffwechsel, Zellteilung und Fortpflanzung, aber jede Kultur kennt sie. Daraus lässt sich schließen, dass Kunst eben doch überlebensnotwendig ist.
Wenn ich mehrere Wochen nicht an mein Klavier komme, fehlt mir ein essentieller Anteil des Lebens an sich; und auch dort versteckt sich Spiel: Klavier spielen!

Wenn wir also, insbesondere vor dem Hintergrund der hier gezeigten, zum Teil wirklich derart meisterhaften Modelle und Anlagen, die sich vom Original nur noch in der Größe unterscheiden, Kunst und Spielen als gleichberechtigte Partner werten, erhält das Spiel "Modellbahn(bau)" einen künstlerischen Aspekt, der gerade die Lästernden verstummen lassen müsste - denn dort wird das Lästern nur zum Neid derer, die Vergleichbares zu schaffen nicht in der Lage sind!

Daher, egal ob Mozart, Beethoven, Goethe, Schiller oder Modellbahnbau:
Es lebe die Kunst! Denn einzig jung bleibt nur die Phantasie!

Oder, um es provokant zu sagen: Verzweifelt nicht, Mozart und Schiller sind weltweit anerkannt, die gemeine Menschheit ist nur noch nicht so weit, den Modellbau zu verstehen *gg*
Das Geheimnis eines glücklichen Lebens besteht nicht in Reichtum, Macht und Anerkennung, sondern in der Fähigkeit, einer Niederlage lächelnd entgegentreten zu können!
Antworten