Hallo Kollegen,
vielen Dank für Euere Mithilfe bei der Namenssuche. Wenngleich ich keinen Euerer Vorschläge übernommen habe, so habt Ihr mir doch weitergeholfen, denn ich habe lange darüber nachgedacht und bin dadurch auf eine eigene Idee gekommen.
Die Gesellschaft nennt sich NDTB und das bedeutet: Nieder-Krähbacher Dampf-Tram-Bahn.
NDTB_komp (Rudolf)
Jetzt werdet Ihr Euch sicher fragen, wie ich darauf komme. Nun, das geht um ein paar Ecken herum: Daß es etwas mit Kleinbahn oder Kreisbahn o.Ä. zu tun haben sollte, war so ziemlich klar. Das war mir aber noch zu einfach. Es sollte altbacken und vor allen etwas zu hochtrabend für ein solches Bähnchen klingen. Da kam mir der Uraltbegriff Dampftramway in den Sinn. Das war mir jedoch etwas zu englisch für unsere von Anglismen gebeutelte und überladene Zeit. Daher wurde Dampf-Tram-Bahn daraus.
Und Nieder-Krähbach? Nun, das Ganze spielt ja im Odenwald und da sollte es schon ein regional klingender Name sein. Die Endung -fing fiel daher aus. Hier enden viele Namen mit Bach, Berg oder Tal. Andererseits gebe ich rabe recht, der da sagte: „Nimmst du einen, der sich an ein Original anlehnt, kommt oft solche, die alles genau untersuchen.“
Also flugs nachgeschaut und siehe, die erste 18-Zoll Dampfbahn fuhr in Crewe, England. Dieser Name laßt sich nicht übersetzen, also wurde verbalhornt zu Krähe, bzw. Krähbach, denn Krähberg gibt es schon im Original. Und warum Nieder-Krähbach? Die Voranstellung von Nieder und Ober, Klein und Groß, Hinter und Vorder usw. ist hier sehr häufig und da ich wollte, daß der Ortsname schon ziemlich unbedeutend klingt und somit im krassen Widerspruch zu seinen hochtrabenden Zielen wirkt.
Nun kurz zur Geschichte der Nieder-Krähbacher Dampf-Tram-Bahn:
In den 60er Jahren des 19. Jhd. beschloß die Gemeindeverwaltung des Ortes Nieder-Krähbach eine der modern gewordenen Dampf-Trambahnen zu erbauen. Der Anschluß an die große, weite Welt; eine Vision grandiosen Ausmaßes. Man versprach sich davon einen gewissen Einfluß auf die schon lange gestellte Erwartung, dem Ort das erwünschte „Bad“ vorstellen zu dürfen. Bad-Nieder-Krähbach, das wäre schon etwas. Ein Luftkurort inmitten des schönen Odenwaldes, leider jedoch in einem tiefen, sonnenlosen Tal gelegen und somit fast chancenlos.
Der engen Bebauung und daher der schmalen Straßen wegen, musste es eine sehr schmale Schmalspurbahn werden. Auch sollen die Kostenerwägungen eine dabei nicht ganz unbedeutende Rolle gespielt haben. In England hatte man doch schon Erfahrung mit so etwas. Warum also nicht auch im Odenwald? Ein Mitglied des Gemeinderates, ein gewisser
Artur Heuwald, stimmte sogar für eine noch schmalere Spur, nämlich 15 Zoll. Er konnte damit jedoch keine Mehrheit gewinnen und siedelte daher schmollend nach England über, wo er dann eine Gartenbahn errichtet haben soll.
Nur eine kurze Rolle spielte der vorübergehende Geschäftsführer, ein gewisser
K. Ranseier. Ihm war mit der NDTB wenig Erfolg beschieden. Glücklos auch sein Versuch, durch einen Kaiserempfang den aufstrebenden Ort nebst Dampf-Trambahn zum Höhenflug zu geleiten. Unbestätigten Berichten zufolge, soll der Kaiserwagen, als der Herr
Kaiser nebst Gemahlin sich zum obligatorischen Gruß weit aus dem Fenster lehnten, das Übergewicht bekommen haben und zur Seite umgekippt sein.
K. Ranseier starb kurze Zeit später bei dem erfolglosen Versuch, seiner Vermieterin, einer gewissen
Lore R. zu erklären, daß es sich nicht um Anzüglichkeiten über deren Hinterteil gehandelt habe, als er im Zusammenhang mit Fahrgestellen von einem vergammelten Lorengestell geprochen habe.
So weit zu der nur fragmentarisch erhaltenen Betriebsgeschichte der NDTB.
Wir schreiben nun um 1960 und die NDTB dümpelt vor sich hin. Es ist fraglich, ob ihr trübes Dasein das Jahrzehnt noch überdauern wird.