nach knapp zweiwöchigem Urlaub auf der Insel bin ich nun wieder zurück und muß mich erstmal an den Rechtsverkehr und deutsche Küche gewöhnen
Bei meinem viertägigen Abstecher nach Wales hatte ich Gelegenheit einige der vielen Interessanten Schmalspurbahnen im Norden zu besuchen.
Zunächst ging es mit der Snowdon Mountain Railway auf den gleichnamigen Gipfel (1085 m). Oder zumindest fast, das letzte Streckenstück war wegen des Baus eines neuen Gipfelrestaurants für Bauzüge reserviert, ein Umstand, der sich allerdings positiv auf den Fahrpreis auswirkte.
Großbritanniens einzige Zahnradbahn hat eine Spurweite von 800 mm und ist mit Zahnstangen des Systems Abt ausgestattet.
Der Fahrzeugpark besteht aus 5 Dampflokomotiven die zwischen 1895 und 1922 bei Winterthur gebaut wurden, 4 Hunslet Dieselloks der Baujahre 1986-92 und 3 1995 gebauten Triebwagen, sowie einer Reihe von Personen- und Güterwagen.
Bei meinem Besuch standen die Dampfloks 2, 4, 6 unter Dampf, 3 und 5
standen zum Auswaschen bzw. wegen Kesselreparatur im Schuppen. 2 Dieselloks waren im Personen-, die anderen beiden im Bauzugdienst im Einsatz.
Snowdon_5 (maschinist)

Snowdon_3 (maschinist)

Die Bergfahrt war ein Genuß für Augen und Ohren, die Landschaft, die schwerarbeitende Maschine...
Snowdon_1 (maschinist)

Snowdon_2 (maschinist)

Snowdon_4 (maschinist)

Weiter geht es mit der Ffestiniog Railway, Spurweite 1 ft 11 1/2 in (597 mm), die von Porthmadog nach Blaenau Ffestiniog führt und früher dem Transport von Schiefer diente. Nach der Stillegung der Bahn 1946 wurde die Bahn ab Mitte der 50er Jahre durch Eisenbahnfreunde reaktiviert. Seit 1982 wird die Strecke wieder auf voller Länge befahren.
Besonders interessant sind die auf der Strecke eingesetzten Gelenkdampfloks der Bauart Fairlie. Bei meinem Besuch waren die sog. Double-Fairlies "David Lloyd George" und "Merddin Emrys" unter Dampf, die dritte "Earl of Merioneth" fand sich in Einzelteilen auf dem Gelände der Werkstätten in Boston Lodge wieder.
Mit der "Taliesin" stand die einzige Single-Fairlie der Bahn unter Dampf. Während die Double-Fairlies Gelenkloks mit zwei am Stehkessel miteinander verbunden Kesseln und zwei von einander unabhängig bedienbaren zweiachsigen Frischdampfdrehgestellen (B'B'n4t) sind, handelt es sich bei den Loks der Bauart Single-Fairlie um Maschinen mit einem Drehgestell und zwei starren Nachlaufachse (B' 2n2t).
Der Großteil der Loks ist ab den 60er Jahren u.a. in den Bosten Lodge Works neugebaut worden, einige wurden mit Ölhauptfeuerung ausgerüstet, durch die in den letzten Jahren stark gestiegenen Kraftstoffpreise werden die Maschinen nun nach und nach auf Kohlefeuerung zurückgebaut.
Die Strecke verläuft in stetiger Steigung an Berghängen entlang, an Kunstbauten sind eine Reihe von großen Stützmauern, Brücken und Tunnel zu nennen.
Wie auch bei anderen Bahnen war der Besuch von Bahnbetriebswerk und Werkstätten wegen vielfältiger Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften nur durch persönliche Kontakte eines englischen Eisenbahnfreundes möglich, als normaler Tourist wäre es so gut wie aussichtslos gewesen.
In den letzten Jahren haben sich nach seiner Aussage viele "amerikanische" Unsitten auch auf der Insel etabliert, Anwälte für Schadenersatzfragen haben jede Menge zu tun.
Der Blick in die Werstätten, wo auch Neubaukessel gefertigt werden, war eine feine Sache, als Dampflokschlosser sieht man vieles mit ganz anderen Augen.
FR_1 (maschinist)

Ein mit einer Double-Fairlie bespannter Personenzug passiert das gelände der Boston Lodge Woks Richtung Porthmadog.
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Eine Double-Fairlie beim Wassernehmen in Porthmadog.
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Die Schlepptenderlok "Prince" und Single-Fairlie "Taliesin" bei einer Rangierfahrt zwischen Boston Lodge und Porthmadog.
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"Prince" und "Taliesin" bei der Bergfahrt vor Blaenau Ffestiniog.
FR_5 (maschinist)

Schlepptenderlok "Blanche" auf dem Außenkanal der Boston Lodge Works.
Zum Schluß nun noch ein paar Impressionen von der Welsh Highland Railway (Caernarfon - Rhyd-Ddu).
Die Strecke hat wie die Ffestiniog Railway eine Spurweite von 1 ft 11 1/2 in und wird von der gleichen Gesellschaft betrieben.
Die historische WHR war nur von 1923-37 in Betrieb und wird 1994 mit Fördergeldern der staatl. Lotterie und der EU wieder aufgebaut.
Bis 2009 ist der Lückenschluß mit der FR in Porthmadog vorgehen. Bislang existiert in Porthmadog noch die Strecke einer zweiten Gesellschaft (Welsh Highland Railway Porthmadog) die jetzt mit dem Verein in Caernarfon nach jahrzehntelangen Streitigkeiten zusammenarbeitet. Sie betrachtet sich als Bewahrerin der historischen WHR und besitzt mit der 1'C1'n2t "Russel" auch die letzte Originallok der WHR.
Interessant, wenngleich nicht original, ist der Fahrzeugpark der WHR, insgesamt 5 Gelenk-Dampfloks der Bauart Garratt zählen zum Bestand. Es handelt sich dabei um 4 Loks der Baureihe NGG 16 der South African Railways (SAR), darunter die letzte gebaute Garratt (Beyer-Peacock 1958 ) und die K1 der Tasmanian Railways, der ersten Garratt überhaupt.
Im Gegensatz zu den NGG 16 arbeitet die K1 nach dem Verbundprinzip, ist jedoch derzeit zur Reparatur kalt im Depot Dinas abgestellt.
Desweiteren verfügt man über zwei Schlepptenderloks der SAR-Baureihe NG 15, die aber noch nicht betriebsfähig sind.
WHR_1 (maschinist)

Bei meinem Besuch konnte ich die Garratts Nr. 138 und 148 unter Dampf erleben. Beide Maschinen sind (noch) ölgefeuert und wiesen einen "relativ" guten Pflegezustand auf.
WHR_5 (maschinist)

Durch Vermittlung meines Freundes war sogar eine Führerstandsmitfahrt während einer zügigen Rangierfahrt in Dinas möglich.
WHR_2 (maschinist)

Welche Eindrücke die Mitfahrt auf einer 62 t schweren 600-PS-Dampflok auf 597 mm Spurweite hinterlassen, sind kaum in Worte zu fassen, einfach gewaltig.
WHR_4 (maschinist)

Ungewohnt dabei das Rauschen des Ölbrenners, der bisweilen sogar den Auspuffschlag übertönt, obwohl es keine Verbunddampflok ist!!
WHR_3 (maschinist)

Mit den für eine "Feldbahnlok" ungewöhlich vielen Manometern sah der Führerstand aus wie ein Uhrenladen.
WHR_6 (maschinist)

Die kleine Garratt K1 im Schuppen in Dinas
WHR_7 (maschinist)

Vorlaufachse der Garratt 143
WHR_8 (maschinist)

Bergfahrt vor der derzeitigen Endstation Rhyd Ddu
WHR_9 (maschinist)

Garratt 143 bei der Einfahrt in Waunfawr
WHR_10 (maschinist)

Garratt 138 wartet mit Pullmanwagen auf die Abfahrt in Waunfawr
Leider hatte ich nicht viel Zeit für Streckenaufnahmen, da ich in Wales nur 4 Tage verbracht habe und etwas Kultur auch nicht zu kurz kommen durfte. Vielfach sind die Gleisanlagen auch durch Mauern und Zäune abgesperrt und damit recht schwer zugänglich und bisweilen unfotogen.
Ein Dank nochmal an der Stelle an die vielen freundlichen Eisenbahner und natürlich meinen Freund Dale, ohne den diese Bilder (und Hunderte andere) nicht zustande gekommen worden wären.
Gruß Sven