Harzwagen Wismar 900-4xy

Umbauten von Industriemodellen und Bausätze von Fahrzeugen

Moderator: Martin Ristau

Benutzeravatar
Prellbock
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2299
Registriert: So 20. Jul 2003, 10:45
Wohnort: Im grünen Garten

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Prellbock »

Da mich verschiedene Anfragen erreichten und ich etwas schreibfaul bin, hier mal der Beginn einer schrittweisen Anleitung.

Fangen wir mit dem Unterbau an. Da habe ich inzwischen eine ganze Serie gefräst und kann bei den Teilen für die entstehenden Ganzzüge nach historischem Vorbild in verschiedenen Epochen mich in der Einzelteilkiste bedienen. :lol:
Die Fotos sind nur als Arbeitsmittel gedacht. Für Hochglanzjournale müßte ich sonst ständig die Kulisse, sprich den Arbeitsplatz, umbauen. Und das ist zeitintensiv.
Wer aber hat schon Zeit im Überfluß? :wink:
Bild
Der Bühnenboden wurde einseitig gefräst und mit den erforderlichen Anschlägen zum Kleben der Längsträger und der Pufferbohle versehen.
Die Oberseite wurde aus Zeitgründen nicht maschinell bearbeitet. Im Abstand von 9,3mm sind deshalb die Bretterfugen einzuritzen und mittels Drahtbürste die Bretterstruktur herzustellen.
Bild
Die Pufferbohle wurde mit den erforderlichen Aussparungen für Puffer und Kupplungen versehen.
Niete sind durch Sacklöcher mit einer verbleibenden Wandstärke von etwa 0,35mm vorbereitet. Ich habe sie versuchsweise von hinten gedrückt. Sie können aber durch "echte" Niete ersetzt werden.
Die Rückseite der Pufferbohle wurde nur in den sichtbaren Bereichen auf ein optisch dem Vorbild entsprechendes Maß ausgefräst. Der Rest bleibt zur Verstärkung, da über die Pufferbohle (im Falle der Kopplung ohne Flaschenöffner :wink: ) die Zugkräfte aufgenommen werden.
Bild
Die Längsträger wurden ebenfalls selbst gefräst, da handelsübliche entweder nicht vorbildgerecht sind oder ich persönlich mit bestimmten Fertigungstoleranzen nicht zufrieden war. Wegen der Möglichkeiten meiner Fräse werden die Träger auch aus zwei Hälften zusammengesetzt, was keinen Einfluß auf die spätere Stabilität hat.
Bild
Die Einzelteile wurden mittels Lösungsmittel untereinander "verschweißt". Erst der Boden mit der Pufferbohle, dann die Längsträgerhälften.
Durch die Vorarbeit der Anschläge an Bühnenboden und Pufferbohle auch ohne weitere Hilfsmittel paßgenau.
Bild
Wie man sieht, liegt da noch ein ganzer Berg Arbeit :lol:
Die Pufferbohlen sind hier bereits mit den unteren Halterungen für die Dachstreben versehen.

Prellbock
Ohne Prellbock führt jedes Gleis ins Ungewisse.
Na dann, Hp1
Benutzeravatar
Prellbock
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2299
Registriert: So 20. Jul 2003, 10:45
Wohnort: Im grünen Garten

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Prellbock »

Kleiner Zwischeneinwurf, denn man hat mich im Hintergrund mal wieder provoziert. :wink:

Natürlich geht es da wieder um den "Wettstreit" der Technologien und das Mögliche beim Fräsen.
Hatte ich glatt vergessen, dass die Wagenkästen unten ja noch abgestützt werden müssen.
Und die Stützen sollten auch dünn sein, wenn man schon kleine Schrauben- bzw. Nietköpfe angemessen nachbildet. :lol:

Was herausgekommen ist, sieht man.

Bild

Die Stege sind 0,35mm dick. Dagegen sind die Nachbildungen der Federböcke an meinen Achslagern grobgeschmiedet.

Erst auf dem Foto wird deutlich, wie nachhaltig die Späne an den Teilen kleben :cry:

Nun müssen die Teile erst mal wieder verbunden werden.
Dazu mehr in den nächsten Tagen.

Prellbock

PS: Die Fräszeiten für einen Satz können sich mit der Zeit für die Zubereitung einer Kanne Kaffee, von der Bohne bis zum aromatischen Gesöff, durchaus messen. :lol: :lol: :lol:
Ohne Prellbock führt jedes Gleis ins Ungewisse.
Na dann, Hp1
Benutzeravatar
Prellbock
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2299
Registriert: So 20. Jul 2003, 10:45
Wohnort: Im grünen Garten

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Prellbock »

'n Abend,

da an der Einfachheit des Fräsens der Stützen gezweifelt wurde, gebe ich mal ein paar Betriebsgeheimnisse preis. :oops:

Irgendwann in der Vergangenheit gab ich dem Waldbahner im BBF mal den Tipp mit Haltestegen beim Fräsen, ähnlich wie bei Ätzplatinen.
Wer mich dann in Schkeuditz hat fräsen sehen, der sah auch: Nach dem Fräsen hing alles zusammen an einer Platte und mußte dann skalp(ell)iert werden. :cry:

Von dieser Technologie bin ich schon lange weg. Die Teile sind auf dem Frästisch endfertig, sieht man mal vom notwendigen Entgraten ab.

Auf den plangefrästen Tisch bzw. der plangefrästen Verschleißunterlage wird das Werkstüch mit doppelseitigem Klebeband aufgeklebt.
Bild
Wichtig ist dabei, dass es sich um ein rückstandsfrei zu entfernendes Klebeband (hier braun gezeichnet) handelt. Und dass das Klebeband zuerst auf das Werkstück gedrückt wird. Damit wird sichergestellt, dass auch kleinste Teile bis zum Fräsende fest haften.
Erst danach wird das Werkstück auf den Frästisch geklebt.

Der Nullpunkt für die Fräse wird so eingestellt, dass der Fräser bis maximal 0,02mm über dem Klebeband fräst.
Die verbleibende Haut entfernt sich beim Abziehen vom Klebeband fast von selbst.
Bild
Danach werden die Innenkonturen ausgefräst. Die filigrane Stütze ist noch Bestandteil des Werkstücks.
Bild
Die Außenkonturen fräse ich mit soviel Zustellung bei den einzelnen Schritten, dass beim letzten Schritt noch etwa 0,4mm Material, bei einem 0,8mm-Fräser, stehen bleiben. Die Haftung des Klebebandes ist ausreichend, um die Fräskräfte für den letzten Schritt aufzunehmen.
Allerdings verzichte ich bei solchen filigranen Teilen auch auf die Absaugung.
Bild
Nach Fräsende wird das (Rest-)Werkstück vom Frästisch abgehoben.
Das Klebeband verbleibt (meist) noch auf dem Frästisch.
So wie es entfernt wird, springen einem die Kleinteile entgegen.
Man muß sie nur noch vor dem Verschwinden in den Spänen sichern. :wink:

Hoffe die Zweifler überzeugt zu haben, auch wenn die Klebefläche bei diesem Teil unter 10 mm² liegt.

Prellbock
Ohne Prellbock führt jedes Gleis ins Ungewisse.
Na dann, Hp1
Benutzeravatar
fido
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 10528
Registriert: Mi 19. Feb 2003, 21:34
Wohnort: Herbipolis
Kontaktdaten:

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von fido »

Hallo Prellbock,

schöne Frästeile und vor allem gute Tipps.

So ähnlich mache ich es auch, allerdings bei Messingblechen und unter 1mm. Messingblech über 1mm schiebe ich in eine Halterung, die das Blech einfach rundherum hält. Das Blech liegt dabei auf einem Balsabrett auf. Die Zustellung ist 0,1mm unterhalb des Blechs, so dass ich kaum entgraten muss.

90% der Teile bleibt liegen und ca. 8% der Teile springen außerhalb der Reichweite des Fräsers :twisted:
:runningdog: Viele Grüße, fido
Benutzeravatar
Helmut Schmidt
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 3967
Registriert: Mo 24. Feb 2003, 21:23
Wohnort: Barsinghausen
Kontaktdaten:

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Prellbock,

das kann ich nur bestätigen das geht wirklich so.

Bild

Hier als Beispiel Teile des von mir gefrästen MCi.

Hierbei bin ich allerdings etwas anders vorgegangen, kann Dir aber bestätigen das bei solchen Kleinteilen Dein Verfahren noch besser ist. :zustimm:

Ich habe erst eine Verschleißplatte aus MDF auf dem Frästisch aufgebracht. Dann habe ich in das MDF mit 0,1 mm Tiefe die Durchfräsungen eingebracht.
Als nächstes habe ich überall wo Teile gefräst werden Streifen von doppelseitigem Wiederaufnahme-Klebeband aufgebracht aber die Fräsbahnen nach Möglichkeit freigelassen. Dann wurde das Schutzpapier abgezogen und das Klebeband vorsichtig mit einen Küchentuch abgetupft, was die Klebkraft deutlich vermindert. Jetzt kann ich die Platte mit dem Polystyrol auflegen und diese bleibt sehr schön haften. Nach dem Fräsen kann ich auch zuerst den Abfall entfernen und danach liegen alle Teile sauber sortiert bereit, wie auf dem Bild sehen ist und können nacheinander vorsichtig abgehoben werden. Da das Klebeband jetzt besser auf dem MDF wie auf der Polystyrol Platte klebt, kann die nächste Platte einfach aufgelegt werden und so ist eine gewisse Kleinserienproduktion ohne großen Aufwand möglich.

Schwierig wird es erst wenn so ein Teil von 3 Seiten bearbeitet werden muss wie z.B. bei diesem.

Voreilhebel auf Münze (Helmut Schmidt)
Bild
Voreilhebel auf HELVETICA 5 FR Münze.

So und jetzt mache ich mich an den Hebel aus Messing, nachdem ich in Polystyrol geübt habe. :wink:
Helmut Schmidt
Benutzeravatar
Prellbock
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2299
Registriert: So 20. Jul 2003, 10:45
Wohnort: Im grünen Garten

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Prellbock »

Hallo,

ein kleiner Vorgriff auf den weiteren Baubericht.

Ich habe früher auch nur partiell mit Klebeband gearbeitet und scheinbar gespart.
Heute wird vollflächig geklebt.
Ich muß vorher nicht planen, wo meine Fräsbahnen verlaufen. Dies ist umso schwerer, als dass ich immer seltener mehrere verschiedene Teile auf einer Platte unterbringe. Dank der Rasterfunktion nur einmal zeichnen und eventuell hundertfach fräsen. Danach den Fräser wechseln und die gleichen Teile erneut bearbeiten.
Und noch ein weiterer Effekt, der sich besonders bei Einlegeteilen wie meinen Nietbändern bemerkbar macht.
Der Fräser ist bestrebt, sich in das Material zu fressen und es hochzuholen.
Schlechte Befestigung, und schon sind Zehntel (!) in der Höhe zu verzeichnen. Da geize ich nicht mit Klebeband. Der Ausschuß oder die Nacharbeit wiegen es nicht auf.
Dadurch benötige ich pro Wagen auch etwa 12 Meter Klebeband. :cry:

Und Angst vor Klebstoff am Fräser als Ursache für Wickelteig :lol: habe ich auch nicht mehr. Dem beugt man mit einer planen Auflagefläche und den erwähnten zwei Hunderstel Haut vor.
Kann mich nicht erinnern (nicht den Teufel an die Wand malen), wann ich den letzten Wickelteig hatte. Und allein für meine Wismarer Serie habe ich bisher knapp 2000 Teile oder Teilchen ohne Komplikationen gefräst.

@HSB
Schwierig wird es erst wenn so ein Teil von 3 Seiten bearbeitet werden muss wie z.B. bei diesem.
Eigentlich sieht das Teil nicht so riesig aus. Die 3.Seite müßte bei einem ausreichend langen Fräser mit einer Aufspannung gefräst werden können.



Prellbock
Ohne Prellbock führt jedes Gleis ins Ungewisse.
Na dann, Hp1
Benutzeravatar
Helmut Schmidt
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 3967
Registriert: Mo 24. Feb 2003, 21:23
Wohnort: Barsinghausen
Kontaktdaten:

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Helmut Schmidt »

Prellbock hat geschrieben:@HSB
Schwierig wird es erst wenn so ein Teil von 3 Seiten bearbeitet werden muss wie z.B. bei diesem.
Eigentlich sieht das Teil nicht so riesig aus. Die 3.Seite müßte bei einem ausreichend langen Fräser mit einer Aufspannung gefräst werden können.
Prellbock
Hallo Prellbock,

das Teil ist an der Stelle über 3 mm dick und ich haben einen Fräser von unter 1 mm benutzt bei dem die Schneide nur 2,4 mm lang ist, beim 1 mm Fräser ist die Schneide dann schon 3 mm lang nur reicht dann leider auch noch nicht.

Der Prototyp ist zwar zum Test aus Kunststoff gefräst, in Wirklichkeit sollen die Hebel aber aus Messing gefräst werden. Wobei ein weiterer Hebel diesen noch von außen umfasst und so ein noch breiteres U hat.

Schieberschubstange (Helmut Schmidt)
Bild
Hier das Testmuster der Schieberschubstange.
Helmut Schmidt
Benutzeravatar
matthias
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 695
Registriert: Fr 8. Jul 2005, 07:50
Wohnort: Via PN

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von matthias »

Hallo Zusammen


Alternativ kann man sich auch ein Vakumtisch mit dem Staubsauger bauen. Wie gut das für diese Teilegrösse funktioniert, weiss ich allerdings nicht. Nur so als Idee.

Liebe Grüsse
Matthias
Benutzeravatar
Prellbock
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2299
Registriert: So 20. Jul 2003, 10:45
Wohnort: Im grünen Garten

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von Prellbock »

So,

machen wir mal weiter, um das Vakuum auszufüllen.

Die Grundplatte ist, maschinenbedingt, wieder aus zwei Teilen gefräst.
Das stört aber keineswegs. Die Klebenaht wurde natürlich nicht auf gleiche Linie mit den halben Längsträgern gesetzt.
Bild
Zum Entgraten hat man sein Personal.
Es sollte allerdings das Umfeld auch mal entmisten. Morgen ist das wieder der Esstisch :wink:

Die Stützen werden, ebenso wie die Längsträger, in die zum Teil noch sichtbaren 0,2mm tiefen Führungen eingesetzt. Das erleichtert die Arbeit.
Bild
Auch wenn an den Stützen Nachbildungen von Nietverbindungen fehlen. Optisch wird der Wagenkasten dennoch aufgewertet.

Und wenn die Maschine einmal läuft, kann man sie bei Serienteilen gelegentlich nicht bremsen.
So bleibt manches übrig, zumal man den geplanten eigenenWagenpark etwas reduziert hat :wink:

Prellbock
Ohne Prellbock führt jedes Gleis ins Ungewisse.
Na dann, Hp1
Benutzeravatar
HarzerRoller
Buntbahner
Buntbahner
Beiträge: 2259
Registriert: Mo 3. Nov 2003, 18:26
Wohnort: Saarland
Kontaktdaten:

Re: Harzwagen Wismar 900-4xy

Beitrag von HarzerRoller »

Hi Winfried,

das ist für mich mal wieder ein Grund, ein paar Singperlen zu schnabulieren um dir ein Ständchen für das Filigranwerk zu trällern.
:tanz: :jump: :heiss: :tanz:

und mich natürlich deinem Objekt der Begierde zu widmen :versteck:

Harzliche Grüße

PS. Wenn ich die Nutzlänge im Bahnhof verlängere, dann ... :wink:
HarzerRoller
Antworten