Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Selbstgebaute maßstäbliche Schienenfahrzeuge mit/ohne handelsüblichen Zurüstteilen

Moderator: fido

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theylmdl
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

In einem ruhigen Moment konnte ich heute die zweite Seite vorbereiten, sodass einem Rollout des Drehgestells mit den Federn nichts mehr im Wege stand.

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Das Drehgestell kommt - da unbelastet - noch recht hochbeinig daher. Das ändert sich aber, sobald es mit dem geplanten Gewicht beschwert wird.

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Der glückliche Zufall will es so, dass sich bei belasteten Drehgestell ziemlich genau die Soll-Höhe ergibt. Dabei federt das Drehgestell wie gewünscht. Ein bißchen mehr oder weniger Druck, und die Achslager bewegen sich auf und ab. Das ist natürlich ein erhebender Moment :D . Hier seht Ihr das (bald) gebremste Drehgestell nochmal von oben:

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Um mich ein wenig zu entspannen, habe ich die dazu gehörige Brücke zusammen gesetzt. Da passierte es dann zum ersten Mal, dass ich eine Paßnut ein klein wenig nachfeilen musste, und zwar an den Stirnteilen außen.

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Diese Brücken müssen ziemlich stabil sein, darum auch die Spanten innen und außen. Hier seht Ihr das Ergebnis mit den großen Durchbrüchen für die Schraubenköpfe, denn die Brücken werden später mit je vier M3-Schrauben an der von fido so präzise gefrästen Fahrwerks-Grundplatte befestigt. In die habe ich unterdes auch die Gewinde geschnitten. Die Lage der Befestigungsschrauben ist so gewählt, dass sich die Brücke auch unter dem originalen LGB®-"Barmer" anbringen lässt.

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In die Brücke habe ich eine gedrehte Bundbuchse mit einem 3mm-Gewinde und 4/6mm Außendurchmesser eingelötet. Darüber wird je ein Drehgestell später mit den Brücken verbunden.

Da ich schon so schön am Drehen war - es gibt noch ein paar wenige Teile, die einer Drehbank bedürfen. Das sind die Bremsklötze aus schwarzem Polystyrol und ganz spezielle Buchsen für die Endbremsstangen, obwohl ich mir da vielleicht auch mit einfachem Rohr behelfen kann. Hier seht Ihr den Rohling für die Bremsklötze, den ich mir mir allerlei Bangen und Zittern aus einem Stück 3mm-Polystyrol gedreht habe, probeweise auf einem Märklin®-Rad aufgelegt.

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Da die Märklin®-Räder um rund 1mm kleinere Laufkreise haben als die typischen 700mm-Vorbildmaß-Räder, habe ich die Beläge ein wenig stärker belassen. Dadurch stimmt die Lage der Bremsgehänge wieder. Und in der Höhe lässt sich der Unterschied ja gut über die Federn regeln.

Als ich die Bremsklotz-Halter zur Probe angehalten habe, gab's die erste bitterböse Überraschung. Deren Radius innen ist nämlich völlig daneben und viel zu klein. Eine Analyse des Fehlers ergab, dass ich da an einer Stelle Radius und Durchmesser verwechselt habe :cry: . Nun ja, wer nicht aufpasst, muss eben die Feile schwingen, und in der Vorlage kann ich das ja noch ändern.

Um mich von dem Malheur abzulenken, habe ich mich zunächst einmal einem meiner Lieblingsthemen gewidmet, der Brems-Umlenkung. Denn ohne die habe ich keine Chance, jemals bei Max 25 Kmh mit zu fahren :wink: . Wie wichtig funktionale Bremsen sind, durfte ich unlängst in seinem Garten erleben.

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Nun könnte man (und ich) das in 1:22,5 noch wesentlich schicker bauen, so mit Beilegscheiben, Splinten etc. (wirklich gestandene Modellbauer wie Günther Weimann machen so etwas in H0), aber um die Wahrheit zu sagen: Da habe ich keine Lust zu. Später ist kaum noch etwas davon zu sehen, während die Funktion wichtig ist. Es ist auch so schon fummlig genug, die Mimik beweglich und stabil genug auszuführen.

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Dies ist die schon eingehängte Umlenk-Waage in der Mitte des gebremsten Drehgestells. Die unteren Zugstangen führen zu den Endbrems-Stangen zwischen den Bremsklötzen, die linke obere zum Endbremslagerbock und die rechte obere zum "Westinghouser", den ich partout haben möchte. Nähere Infos zum Thema gibt's hier: http://www.themt.de/org-0350-49.htm .

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von Eisenbahnfreak »

Hallo Thomas,

ich bin sprachlos! :smt041 :smt041 :smt041

Das ist ja Funktionsmodellbau pur, kaum mehr zu toppen!

Ich freu mich schön auf weitere Fortschrittsberichte!
Gruß

Joachim
theylmdl
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Heute wurde zunächst einmal die blöde Panne mit den Bremsklotzhaltern behoben. Dabei war mir eine Kleinbildfilmdose behilflich. Die hat nämlich (fast) den gewünschten Durchmesser und sorgte so - mit Korund-Schleifpapier bespannt - für die richtige Wölbung der Blechzwerge. Dann konnte es an die "Serienproduktion" der Bremsklötze gehen.

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Auf dem Foto gibt es allerlei Interessantes zu sehen. Zum Einen wurden in den äußeren Ring des Bremsbelag-Drehteils Nuten eingearbeitet. Dort habe ich einen Polystyrol-Vierkant 1×1mm eingeklebt, der wie beim Original den Klotz am Platze hält. Hier schauen die kecken Burschen noch hervor.

Die Hängeeisen wurden aus zwei tiefgeätzten Blechen in Sandwich-Bauweise erstellt.

Und drittens sind für die Angefressenen unter uns die Bohrungen für die Druckfeder-Halter vorhanden, die im Original die Oberseite der Bremsklötze zuerst an den Radreifen drücken. Diese Funktion könnte hier leicht mit 0,3mm-Federdraht nachgebildet werden. Ob's das braucht, ist allerdings eher fraglich.

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Die Vorbild-Konstruktion der Verbindungsstangen zwischen den Bremsgehängen beim Vorbild halte ich persönlich für statischen Murks, und das zeigt sich auch im Modell. Mit den sonst häufig anzutreffenden Endbrems-Dreiecken aus Rundmaterial lassen sich ganz andere Kräfte übertragen. Da laufen Rundstangen von nahe den Bremsklötzen diagonal zur Mitte und der Umlenkwaage hin.

Die Bremsklotzhalter müssen natürlich - so wie die anderen Bremsteile - beweglich sein, damit sich die Klötze richtig an die Laufflächen anlegen können. Links ist erkennen, dass das hier der Fall ist.

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Zu guter Letzt hier noch ein Bild des obligatorischen Tests mit eingelegten Radsätzen. Wegen der sehr beweglichen Teile war es gar nicht einfach, hier alles für das Foto in Position zu "zittern".

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Der weitere Aufbau der Bremsanlage erfordert noch manche Winkelzüge. Wenn der Wagen nur auf R5 oder mehr bewegt würde, gäbe es da kein Problem. Schon bei R3 aber geraten sich Zugstangen, Fanglaschen, Handbremsumlenkhebel etc. aber schwer ins Gehege. R3 sollte aber schon drin sein :wink: .

Daher kann beispielsweise die Handbremszugstange weder direkt noch über eine Druckluft-Bremsanlage umgelenkt zum Umlenkhebel für die Handbremse geführt werden. Teilweise kann sie aber in Originallage nachgebildet werden, und zwar knapp bis zum Pufferbohlen-Stirnende des Drehgestells. Die funktionale Stange muss aber mit allerlei List und Tücke sowie mehreren Umlenkungen oberhalb des Drehgestells - wahrscheinlich sogar durch die Lagerbrücke hindurch - geführt werden.

Nun folgt hier noch ein kleiner Hinweis von mir. Max 25Kmh hatte sich gefragt, welchen Grund es geben könne, ein schon existentes Modell noch einmal selbst zu bauen. Hier haben wir ein paar Gründe:

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Vergleich LGB® - Eigenbau

Wir reden hier über Äpfel und Birnen. Das betagte LGB®-Modell ist sehr gut und besser als manche neuere Entwicklung, aber es wird den Modellbauer mit gehobenen Ansprüchen nicht zufrieden stellen. Dafür ist es vergleichsweise robust und kostet nicht allzu viel Geld.

Die Eigenentwicklung ist auch gut, wendet sich aber an eine andere Zielgruppe. Interessant ist auch der Gewichts-Vergleich. So wie hier auf dem Foto (mit Kunststoff-Rädern) wiegt das LGB®-Drehgestell rund 55 Gramm, meines gut 130 Gramm. Von der Differenz entfallen etwa 70 Gramm auf die Metall-Radsätze. Das heisst, ohne Räder ist mein Drehgestell etwa so schwer das Kunststoff-Gegenstück mit Rädern.

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Gestern und heute habe ich das zweite (ungebremste) Drehgestell und die zweite Brücke dafür gebaut. Nachdem das zügig von der Hand ging, war die Spannung natürlich groß und das Ätzblech schon ziemlich abgeräumt.

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Auf diesem Bild sind die Drehgestelle probehalber auf der von fido meisterlich gefrästen Grundplatte aus 2mm-Messing montiert. Das war schon schön und gut und vor allem schön schwer (730 Gramm bis jetzt). Aber natürlich wollte ich die Geschichte auch einmal auf einem Stück Gleis stehen sehen.

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Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie ich mich erschrocken habe, als das Fahrwerk einfach nicht rollte. Die Räder des einen Drehgestells standen still wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung. Dann erst fiel mir ein, dass ich die Bremsklötze und -gehänge mit einem Stück Draht gesichert hatte, damit mir die ganze Hebelei nicht auseinander fällt. Kaum hatte ich diesen Draht gelockert, rollte das Fahrwerk auch - und wie! Den Übeltäter könnt Ihr links auf dem ersten Bild dieses Beitrags zwischen den Radsätzen erkennen. Na, wenn das schon klappt, dann klappt es später sicher auch mit der "echten" Bremsanlage.

Hier noch zwei Schnappschüsse beider Drehgestelle, die allerdings immer noch nicht ganz eingefedert sind - denn noch fehlen rund 600 Gramm zum endgültigen Gewicht.

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Das ungebremste Drehgestell...

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...und das gebremste.

Die Haupt-Bremszugstange läuft nach der Fahrzeugmitte hin aus, weil ich partout eine Westinghouse-Druckluftbremsanlage unter den Wagen stricken möchte. Davon werde ich noch erzählen.

Zu guter Letzt habe ich noch ein wenig mit einer Vierkant-Leiste und Malerkrepp getrickst, um Euch einen Eindruck des Wagens zu vermitteln. Unter der Seitenwand müsst Ihr Euch nun noch 8,9mm hohe Rahmenlängsträger-Profile dazu denken - und den Rest auch.

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Da ich diesmal nicht mehr allzu viel mitschreiben musste, war der Bau des zweiten Drehgestells nach etwa acht Stunden erledigt. Da das die Nietenzähler unter uns interessieren dürfte: Bisher habe ich 196 Nietstifte verbaut, davon jeweils 84 nur für die Bleche, Winkel und Knotenbleche jedes Drehgestells. Dazu kamen 16 Schakenbolzen, fast zwei Dutzend Bremsteile-Bolzen sowie diverse andere Stifte, und den Rest erspare ich Euch.

Beste Grüße, und: Fortsetzung folgt :wink: .
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von Regalbahner »

Hallo Thomas
theylmdl hat geschrieben:Nun folgt hier noch ein kleiner Hinweis von mir. Max 25Kmh hatte sich gefragt, welchen Grund es geben könne, ein schon existentes Modell noch einmal selbst zu bauen. Hier haben wir ein paar Gründe:

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Vergleich LGB® - Eigenbau
Ich denke , dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen :wink:
Außer :gut: :lupe: :bindafür: :smt038

Tschau Christoph
geht nicht gibt's nicht

meine Videos

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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Bei meinem letzten Kaffee und Bier sind mir noch zwei Dinge ein- bzw. aufgefallen.

Erstens wurde ich gefragt, ob ich die Drehgestelle auch für andere Bastler anbieten will. Ja, könnt Ihr haben. Die Teile werden allerdings schon wegen der Gestellungskosten kein ganz billiges Vergnügen. Wenn die Muster ausgetestet und die kleinen Fehler an der Vorlage ausgebessert sind, melde ich mich nochmal zum Thema.

Zweitens ist mir aufgefallen, dass meine letzte Arbeitsskizze des gesamten Wagens völlig veraltet ist. Darum klebe ich hier eine aktuellere Version an. Wegen der Größe lässt sich das Bild nicht mehr direkt im Forum einbinden. Auch hier gilt wieder: 1 Bildpunkt = 0,4mm im Modell und 9mm im Vorbild. Rot eingetragene Maße sind abgeleitet oder vermutet, schwarze sind bekannt. Achtung: Der Wagen hatte im Original keine Übergangs-Bleche an den Bühnen wie hier unten rechts eingezeichnet. Ich liebäugele jedoch damit, weil alle meine Personenwagen Übergangsbleche haben sollen.

@Christoph: Nun warte 'mal ab - zwei Drehgestelle machen noch keinen Barmer :D . Dennoch - danke! Feedback tut immer gut.

Beste Grüße,
Dateianhänge
Eine aktuelle Skizze des "Barmers".
Eine aktuelle Skizze des "Barmers".
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Fahrwerks-Theorie

Heute muss ich 'mal wieder ein bißchen theoretisieren.
Kommen wir zunächst einmal zu der angesprochenen Grundplatte. Abweichend vom LGB®-Modell, das 74mm lichte Weite zwischen den je 5mm breiten Rahmenlängsträgern hat (Summe 84mm), wird der Eigenbau 77,2mm lichte Weite und 3,6mm breite Rahmenlängsträger haben (Summe 84,4mm).

Hier die Maßsskizze der 2mm-Grundplatte:

Bild

Zugleich ist das Eigenbau-Drehgestell wesentlich schmaler als das Kunststoff-Teil. In Folge können die Drehgestelle zwischen den Längsträgern so weit verschwenken, dass zumindest der Radius 2 noch problemlos durchfahren werden kann. Wenn die Radsätze ein klein wenig seitliches Spiel behalten, wird es wohl auch gerade noch auf R1 klappen. Hier folgt eine Vergleichstabelle.

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                                  R3     r 930mm    R2       R1
Verschwenkung Drehgestelle       5,64°    7,14°    8,69°   11,1°
Ausschwenkung in Wagenmitte      5,7mm    7,2mm    8,8mm   11,2mm
Ausschwenkung Drehgestellenden   4,9mm    6,2mm    7,4mm    9,65mm
Ausschwenkung Puffermitte        9,0mm   11,4mm   13,92mm  17,87mm
Überlappung bei 17,2mm-Tellern   8,4mm    6,0mm    3,6mm   -1mm (etwa)
In der letzten Zeile erkennt Ihr, dass es bei R1 mit den Puffern als Stoßvorrichtung nicht mehr klappen wird, da 17,2mm breite Teller je nach gekuppeltem Fahrzeug um mindestens 1mm überpuffern. Bevor hier ein großes Wehklagen über meine geistige Verwirrung anhebt ("so ein Modell betreibt man nicht auf R1"): Es gibt genug IIm-Bahner, die aus diesen oder jenen Gründen R1 benutzen oder benutzen müssen. Ich bin - zumindest in der Wohnung - auch darauf angewiesen.

Daher werden an den Drehgestellen unauffällige Adapter für eine Deichsel angebracht, an der wiederum mit nur einer Schraube M3 eine LGB®-Bügelkupplung montiert werden kann. Stabilitäts-Wunder darf man sich hier nicht erwarten. Wer also dauerhaft Bügelkupplungen verwenden will, sollte den Pufferbohlen-seitigen Längsträger der Drehgestelle noch versteifen, bevorzugt mit einem innen angelöteten Blech, das die Kräfte auf die mittleren Brücken überträgt. Die M3-Gewinde habe ich in ein aufgelötetes 2mm-Blech geschnitten.

Bild

Die Lage der Schrauben-Bohrung in der Deichsel hängt von der Länge der Puffer ab, denn die bestimmt auch die Position der Bügelkupplungen. Diese Skizze zeigt einen der kritischen Punkte bei der Fahrwerks-Konstruktion, den Raum hinter der Pufferbohle.

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Hier seht Ihr blau den am Drehgestell angelöteten Adapter, rot die Deichsel und grau das Profil der Bügelkupplung. Damit die Bügelkupplung auch über Entkupplungsgleise getrennt werden kann, muss sich die Deichsel unten an der Pufferbohle abstützen können.

Beachtet dabei bitte, dass sich die Balancier- und die Bügelkupplung nicht ausschliessen. Beide können - auch gleichzeitig - am Modell angebracht sein.

Kritisch ist die Ecke hinter der Pufferbohle deswegen, weil sich dort so allerlei tummelt. Der Adapter, der innen liegende Balancier, der innere Teil gefederter Puffer und auf einer Seite die Handbrems-Umlenkung.

Diese lässt sich nicht wie beim Original nachbilden, weil das Drehgestell in Gleisbögen zu stark verschwenkt. Der kurze Zughebel am der Umlenk-Welle und die Zugstange würden schon bei Radius 2 irgendwo anstossen. Daher musste ich mir eine andere Lösung einfallen lassen. Da sich das nur schlecht zeichnerisch erklären lässt, reiche ich später Fotos nach. Darüber nachdenken musste ich aber gleich, denn ich möchte hier - Kupplungs-technisch - die Eier legende Wollmilchsau bauen.

Wie Ihr wisst, fahren Max 25Kmh und fido teilweise mit Mittelkupplungen Lenz'scher Bauart. Was nützt aber der schönste Wagen, wenn er nicht mit anderen kuppelbar ist? Also musste noch eine Lösung für die optionale Mittelkupplung her. Diese Lösung besteht in einem weiteren Adapter, der später mittels zwei M2-Schrauben unten an die Pufferbohle angesetzt werden kann. Ich hoffe, das hält so halbwegs. Hier seht Ihr die Adapter-Teile orangefarben markiert.

Bild

Dabei ist es ganz wichtig, dass sich der Adapter für die Bügelkupplung aus Kunststoff und der für die Mittelkupplung aus Metall nicht berühren. Und das leitet mich gleich zum nächsten Thema über. Das gilt auch für den Bügelkupplungs-Adapter und die hier violett eingezeichnete Lagerung des Balanciers.

Die Elektrik (1)

Anmerkung: Wer die Drehgestelle auf Kunststoff anbringt, kann den folgenden Abschnitt ignorieren.

Wie Ihr gesehen habt, möchte ich die nur einseitig isolierten Märklin®-Radsätze benutzen. Einseitig isoliert heisst aber auch, dass die Drehgestelle über die Achslager ein Potenzial führen. Nun könnte man der Einfachheit halber sagen: Was soll's, da werden eben die isolierten Räder alle auf einer Seite angebracht und gut ist's. Weit gefehlt! Denn da die Messing-Grundplatte dann auch Potenzial führt, kann es beim Kuppeln mit anderen Wagen mit einseitig isolierten Radsätzen zu den schönsten Kurzschlüssen kommen (die Balancier-Kupplung muss ja auch an der Grundplatte befestigt werden). Es gibt nur zwei Möglichkeiten, das zu vermeiden. Entweder werden die Radsätze auch auf der zweiten Seite ausgebuchst (schwierig, riskant, kann nicht jeder) oder die Drehgestell-Brücken werden isoliert an der Grundplatte angebracht (einfach, kann jeder). Dabei muss nur eine weitere Stelle isoliert werden, nämlich die Bremszugstange von der Umlenkung Richtung Hand- oder Druckluftbremse. Und natürlich dürfen die Drehgestelle kein anderes an der Grundplatte angebrachtes Metallteil außer den Brücken berühren, egal, was kommt.

Die Isolierung der Brücken geht einfach wie folgt. Zunächst einmal werden die äußeren Durchbrüche für die je vier Schrauben auf etwa 4mm aufgeweitet, die inneren jedoch nicht. Dann werden die Brücken mit einer dünnen Schicht Isoliermaterial dazwischen (Kunststoff-Folie) auf die Grundplatte geklebt, beispielsweise mit Stabilit Express. Dabei dienen die inneren Schrauben gleich als "Zwingen". Wenn Ihr eine breitere Grundplatte verwendet, könnt Ihr auch gleich 1,5mm starke Distanz-Klötze an den äußeren Stirnseiten der Drehgestellbrücken aufkleben. Ich habe das leider verpennt, obwohl ich wie stets viel zu viel Stabilit angerührt hatte :cry: .

Während der Trocknung alle acht Schrauben gelegentlich lockern und wieder anziehen, damit sie nicht fest kleben. Wenn die Klebestelle ausgehärtet ist, werden nur die äußeren Schrauben eingesetzt und die inneren heraus genommen. Die inneren Durchbrüche werden nun etwa einen halben Millimeter tief auf vier Millimeter Durchmesser aufgeweitet. Nehmt alle Schrauben heraus und messt, ob es wegen Spänen noch Durchgang gibt. Nein? Alles klar. Dann können alle Schrauben mit Isolier-Beilegscheiben eingesetzt werden. Zuletzt noch einmal messen und im Falle der Fälle den Übeltäter mit einem Durchgangs-Prüfer einkreisen. Achtung: Ohne die Schrauben taugt die Folien-Klebung keinen Schuss Pulver. Die müsst Ihr auf jeden Fall einsetzen, und zwar alle acht. Die Überstände der vier äußeren Schrauben oberhalb der Grundplatte werden später benötigt, um den Wagenkasten anzuschrauben.

An einer der Brücken wurde bei der Gelegenheit gleich außen ein Kunststoff-Rohr für die Isolierung der funktionalen Handbremszugstange eingeklebt. Guckt 'mal hier:

Bild

Auch die Isolierung der Bremszugstange von der Umlenkwaage zum Umlenkhebel des Druckluftbremszylinders ist nicht allzu schwer. Klebt dazu einfach an einer geeigneten Stelle eine Hülse mit 1,1mm Innendurchmesser auf die getrennten und vorab gut mit Stabilit Express bestrichenen Zugstangenteile. In 9 von 10 Fällen klappt das auf Anhieb.

Die Kollisions-Gefahr zwischen dem Balancier-Lager und Bügelkupplungs-Adaper lässt sich leicht beheben. Dazu wird auf die diagonale Zugstrebe aus Blech einfach ein Stückchen 0,5mm-Polystyrol geklebt.

Na ja, das kriegen wir in den nächsten Tagen alles noch. Da ich leider nicht in Schenklengsfeld dabei sein werde, kann ich ja schön basteln, während Ihr Euch auf der Jahres-Hauptversammlung der IG Spur II vergnügt :wink: .

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von theylmdl »

Hiho!

Nachdem die Balancier-Kupplungsbausätze nun fast alle auf dem Weg zu den Empfängern sind und meine Tochter tief und fest schläft, konnte ich wieder ein wenig "barmern".

Wie ich schon erwähnte, lässt sich die originale Handbremszugstange im Modell wegen der engen Radien nicht nachbilden. Also musste eine unauffällige und stabile Alternative her. Vom nötigen Aufwand hat niemand etwas gesagt :D . Hier seht Ihr - stilgerecht zu später Stunde unterfüttert mit einem Kronenkorken meines Leib- und Magenbiers - die für meine Lösung nötigen drei zusätzlichen Lagerböcke sowie - zur Probe angelegt - ein Hilbert-Polystyrol-Profil 8,9 × 3,6mm.

Bild

Das Drehgestell ist hier so weit wie möglich verschwenkt. Stört Euch nicht daran, dass die Achslager gegeneinander so schepp stehen. So etwas passiert bei einem Schnappschuss schon 'mal. Mit dem Foto ist auch die in meinem letzten Posting angesprochene "problematische Zone" gut umrissen. Bedenkt dabei, dass unter dem Adapter für die Bügelkupplung noch der Balancier-Doppelhebel liegen muss (Drehpunkt bei der noch sichtbaren Bohrung in der Grundplatte) und der Haupthebel der Handbremse noch vor die Kupplungsdeichsel passen muss.

Das zweite Foto zeigt schon etwas deutlicher, wie ich mir die Umstell-Mimik denke. Rechts in der Mitte ist die Bremszugstange, die später zum "Westinghouser" (dem Druckluftbremszylinder) führt. Diese Stange wird kurz vor dem Umlenkhebel des Zylinders mit dem Stößel von einem Hebelchen mitgenommen (gezogen). Das Hebelchen hat eine Nutzlänge von 6,8mm.

Über eine Welle wandert die Zugkraft Richtung Rahmenlängsträger, wird dort umgelenkt und Richtung Pufferbohle übertragen.

Bild

Die Zugstange läuft durch eine Hülse zur elektrischen Isolierung und landet bei einem Interims-Stellbock (links). An der Welle auf diesem Bock ist ein kurzer Hebel angebracht (nach links im Bild, hier ein zu kurzes Provisorium), der von einem etwas kürzeren Hebel auf der Handbrems-Umlenkwelle mitgenommen wird. Wer meint, er könne hier "Pi mal Schnauze" arbeiten, hat sich schwer geirrt. Bei diesen Hebelwegen kommt es auf die Zehntel Millimeter an, sonst kurbelt Ihr Euch später beim Anziehen der Bremsen tot oder es klappt überhaupt nicht. Max 25Kmh weiß da sicher ein Lied von zu singen.

Leider kann die ganze Geschichte erst bei der Endmontage zusammen gesetzt werden, deswegen kann ich sie auch noch nicht funktional vorführen. Aber ich habe genau gerechnet. Ohne Spiel beträgt der Stellweg an der Bremsspindel vier Millimeter, das heisst bei M2 (Steigung 0,4mm) 10 Umdrehungen. Mit Spiel an allen Lagern und Flanschen können gut und gerne 25% zugeschlagen werden, da kommen wir auf fünf Millimeter (12,5 Umdrehungen der Spindel). Bis richtig Druck da ist, können wir noch zwei Umdrehungen zulegen.

Auf den Bildern seht Ihr übrigens noch einmal besser den berühmten Draht, der mir bei der ersten Rollprobe fast so viel Kummer bereitet hätte :wink: .

Beste Grüße -
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, die Pufferbohlen nun doch aus Messing zu bauen (ursprünglich hatte ich Polystyrol ins Auge gefasst). Der Hauptgrund dafür war, dass ich mir gedacht habe: "Wenn Du schon so einen Aufriss betreibst, dann bitte aber richtig.".

Das heißt, der Balancierhebel sollte wie bei Vorbild auf der Pufferstange gelagert werden. Denn für die Vorbild-gerechte Funktion der Kupplung ist lediglich die Lage des Puffertellers relevant. Bei einem starr am Fahrwerk gelagerten Balancier federt der Puffer ein, die Kupplung entspannt sich, und das ist eigentlich Murks.

Nun haben aber Max' Pufferschäfte einen hinteren Durchmesser von nur zwei Millimetern. Und erschwerend kommt noch hinzu, dass sie sehr weich sind und die schönen geschwärzten Wickelfedern sicher nicht so begeistert wären von einer Flammlötung bzw. der dabei anfallenden Hitze oder von Verkleisterungen beim Lackieren. Also musste eine Lösung ersonnen werden, die erst bei der Endmontage zusammen gesetzt werden kann und stabil genug ist.

Hier seht Ihr sowohl die Basis-Teile von Max' tollen Puffern wie auch die Rohlinge für meine Bastel-Lösung.

Bild

Links vorne eine noch nicht verlötete Aufschraub-Hülse, rechts die drei Rohteile dafür. Die Hülse mit 6mm Außendurchmesser (vor der Feder) habe ich auf die Hülse mit 4mm Durchmesser gesteckt (rechts daneben) und das Lagerauge für den mittleren Balancier-Dorn oben quer darauf gehalten (Teil ganz rechts). Dann wurden die Teile stabil verlötet. Die dicke Hülse habe ich auf ein Rechteck-Profil gefeilt und dann quer zur Längsachse eine Bohrung für M2-Gewinde angebracht, die ich auch flugs geschnitten habe.

Hier seht Ihr das Teil - noch ohne Feder und mit zur Demonstration leicht eingeschobenem Pufferschaft - im montierten Zustand auf der ersten Hälfte der ersten Pufferbohle, die ich aus 1mm-Messingblech geratzt habe. BTW: Wie ich von Max 25Km erfahren habe, sollten die Bohrungen der Pufferteller später oben liegen.

Bild

Die Pufferhülse habe ich auf die Pufferbohle fett aufgelötet. Um fidos Nerven zu beruhigen: Nein, nicht mit dem 30 Watt-Lötkolben :D - diesmal durften es 80 Watt sein. Die langten jedoch durchaus nicht, um die Pufferbohle mit der extrem massiven Grundplatte zu verlöten. Da musste dann doch die Flamme 'ran.

Bild

Auf diesem Foto ist auch ein guter Teil der Hebelei montiert, die ich im letzten Posting beschrieb. Die zwei Lagerböcke ganz links sind für die Handbrems-Umlenk-Welle. Die anderen schauen ein klein wenig unter den Rahmenlängsträgern hervor. Wie zu sehen ist: Der Platz im Bereich hinter der Pufferbohle ist wirklich gedrängt. Ich hatte auf dem Computer meine liebe Not, für alle (optionalen) funktionalen Teile den richtigen Anbringungsort zu finden. Da war noch manche Anpassung der ursprünglichen Planung nötig. Unterdes bin ich jedoch frohen Mutes, alle meine Wünsche erfüllen zu können.

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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fido
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Re: Eigenbau eines "Barmer Wagens" (BC4i)

Beitrag von fido »

theylmdl hat geschrieben:BTW: Wie ich von Max 25Km erfahren habe, sollten die Bohrungen der Pufferteller später oben liegen.
Hallo Thomas,

ich würde aber sagen, die Löcher liegen unten. Heuzutage sind die Löcher bei der Härtsfeldbahn fröhlich bunt gemischt oben und unten, aber auf historischen Bilder sind sie meistens unten.

Und ich wusste es doch - heimlich lötest Du doch mit der Flamme :-)

Außerdem beantrage ich die Montage einer Mittelpufferkupplung an Deinem schönen Wagen, um in ihn Marcos, Max und meine Züge einstellen zu können.
:runningdog: Viele Grüße, fido
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