Hallo!
@Marco: Das Lob aus Deiner Tastatur freut mich ganz besonders, danke

!
Der Urmodellbau der Achslager-Gehäuse
Vieles geht ja schon aus den Fotos hervor. Der gebohrte und hinten mit den Absätzen versehene Vierkant-Rohling wird abgesägt, vorne angeschrägt und vorne unten mit der Feile ausgerundet.
Dann werden im vorderen Gleitblech die benötigten Nuten für die Schwimmhäute eingearbeitet. Diese wurden vorab aus 0,8mm-Blech ausgesägt und an den verbliebenen Haltestangen gebogen, wie auf den Fotos zu sehen ist.
Damit kann der Lötspaß auch schon losgehen. Die Urmodelle wurden übrigens mit einem Billigst-Lötkolben von Conrad mit 30 Watt zusammen gebretzelt (sowie mit Lötwasser und kolophoniumhaltigem Radiolot). Zunächst werden die Schwimmhäute am Blech außen angeheftet (bei eingestecktem Achslager-Gehäuse!). Dann werden Gehäuse und Blech miteinander verlötet. Wurde sauber gearbeitet, genügt es, von einer Stelle aus Lot aufzutragen und das Ganze zu erhitzen. Das Lot sucht sich dann schon seinen Weg in alle Spalte.
Vorsicht! Die Teile sind und bleiben wegen der Masse lange heiss. Daher steht nebenbei eine alte Tasse mit Spülmittel-Wasser. Zisch! Schon ist die Konstruktion abgekühlt - und sauber.
Der Schmierloch-Deckel wurde aus 0,4mm-Neusilberblech zurecht gesägt. Die oberen Scharnierbänder habe ich über 0,5mm-Draht gebogen und dann so lange befeilt, bis bei angelegtem Deckel der Draht gerade noch zwischen Scharnierband und Achslager-Gehäuse passt. Schaut 'mal auf den Schnitt hier rechts oben in der Skizze.
Dann wurde knapp unterhalb der Mitte des Deckels ein 0,5mm-Loch gebohrt, der Deckel aufgelegt (mit Scharnier-Draht) und die Bohrung weiter geführt in das Achslager-Gehäuse. Dadurch kann sich der Deckel beim Anlöten nicht mehr verdrehen

. Angelötet wird er von oben über den Spalt beim Scharnier. Wartet so lange, bis das Lot einmal unter den gesamten Deckel geflossen ist. Dann: Zisch! - kalt und sauber.
Vorsichtige Naturen nieten nun noch zwei weitere 0,5mm-Stifte durch den Deckel, am Besten in zwei diagonal gegenüber liegenden Ecken. Dazu müsst Ihr bedenken, dass die Gießer ihre Silikonformen relativ heiss ausvulkanisieren. Ist ein Teil nur labil aufgelötet oder steht es gar unter Spannung, kann es unter Umständen beim Einformen abspringen. Da eine Form nicht unbegrenzt haltbar ist, sollte es wenigstens das Urmodell sein. Wo das geht, sollte also mit Verstiften, Nieten oder Passung gearbeitet werden.
Im nächsten Schritt wurde die Schakenbock-Auflage oben aus gut 1mm starkem Messing angefertigt und über die kleine Nase oben am "Blech" verlötet (siehe Schnittzeichnung rechts in der Skizze). Den kleinen Absatz vorne gibt's beim Vorbild nicht, er hat hier funktionelle Gründe und wurde aus 0,4mm-Neusilber angesetzt. Stellt sich später heraus, dass er unnötig ist, lässt er sich auch leicht weg feilen.
Zuletzt folgt der Anguss (hier unten am Gehäuse) und die obligatorische Putzarbeit mit Dreikantschaber, Gravursticheln und Glasradierer. Dabei werden auch die "Bügel" der Schwimmhäute abgesägt und deren Reste hübsch glatt gefeilt sowie die Ecken der Bleche ausgerundet.
Ganz zum Schluss folgt noch eine Stellprobe, hier auf einem 1:1-Ausdruck einer Bauskizze, bei der die Achslager-Maße allerdings noch nicht stimmen:
So wirken die nicht ganz identischen Zwillinge auf Papier.
Hier gibt's noch ein paar
Tipps.
- Beginnt mit dem Urmodellbau möglichst früh. Gießer brauchen meist relativ viel Vorlaufzeit.
- Versucht allgemein verwendbare Teile und solche, die nur für ein bestimmtes Modell benötigt werden, getrennt zu halten und gießen zu lassen. Bei allgemein verwendbaren Teilen sind die Chancen größer, dass sich die Interessenten an den Formkosten beteiligen.
- Achtet auf die Masse der Urmodelle an einem Gußbaum. Massive Teile und sehr filigrane lassen sich nicht gut zusammen gießen. Massive haben mehr Gußschwund, filigrane weniger. Filigrane Teile neben massiven laufen manchmal im Guss nicht gut aus.
- Plant die Multiplikations-Faktoren (Beispiel: Faktor 4 bedeutet Urmodelle für zwei Achslagergehäuse, zwei Schakenböcke, eine Dachstütze, einen Schlussscheibenhalter, einen Sprengwerk-Endhalter, etc.).
- Wenn sich ein Teil nicht fräsen oder anderweitig leicht duplizieren lässt, aber öfter benötigt wird, sollte lieber mehr Aufwand und Zeit in ein gutes Urmodell als mehrere nur mittelprächtige Teile gesteckt werden.
Die Dachstützen
Im Original hat der Wagen arg verschnörkelte Dachstützen, guckt 'mal hier auf dem retuschierten Werksbild-Ausschnitt:
LGB® hat die auch ganz hübsch nachgebildet. Leider stehen sie beim Nürnberger Modell jedoch ein wenig von den Stirnwänden ab

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Mir erschien das Vorbild aber zu aufwändig, und schliesslich kann in einem langen Waggonleben ja auch 'mal ein Austausch erfolgt sein. Also galt es nach einem anderen, geeigneten Vorbild Ausschau zu halten. Bei einem von Jürgen fotografierten Regelspur-Di fand sich eines:
Wiedergabe der Foto-Ausschnitte mit freundlicher Genehmigung des Urhebers.
Diese Dachstütze ist doch auch schon recht schick und für mich verschnörkelt genug

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Los geht's mit der Anfertigung der Eckblechstreifen aus 0,5mm-Messingblech. Klar, die könnt Ihr auch kaufen. Aber da gibt's dann zuweilen Stanzgrate oder anderen Kummer, und schliesslich tut es nicht weh, einmal einen 2mm breiten Blechstreifen ab zu sägen und zu verfeilen. Der bekommt dann an geeigneter Stelle eine 90°-Nut und wird im rechten Winkel gekröpft. Die Nut wird aus Stabilitätsgründen verlötet.
Dann folgt der etwas schmalere, gewölbte Diagonalstreifen mit den Knubbelecken. Dieser Streifen wurde zunächst auf dem Gasherd ausgeglüht. Dort, wo die Endknubbel sitzen, wurde das Blech etwas dünner gefeilt und dann zunächst über 0,5mm-Messingdraht gebogen. Ein 1:1-Ausdruck der gewünschten Dachstütze hilft dann beim Biegen. Nach dem Verlöten auf einem passenden Abstandshalter werden zur Sicherheit zwei 0,5mm-Stifte eingesetzt. Mist, schon wieder ein Bohrer abgerissen. Ab damit auf's Gestellungskonto. Ach ja, den berüchtigten 35cm-Cent gab es in diesem Thread ja auch noch nicht zu sehen. Da ist er:
Durch Anschrägen der Kanten der inneren Blechstreifen und "Gußteile" (im Original) wirken diese bedeutend viel zierlicher als der äußere Winkel, also ganz wie bei Vorbild. Dabei sind die ebenso aus 0,5mm-Blech gefertigt.
Hier "sitzt" der große Schnörkel schon so halbwegs. Der wurde mit einem passenden, untergelegten Plättchen in der richtigen Seitenlage gehalten. Die Dachstützen müssen ja symmetrisch sein, da nur ein Urmodell gebaut wird.
Na ja, richtig schön ist anders, aber so wird's schon passen: Die noch unversäuberte Dachstütze unter der Lupe. Die Anbringung der gespaltenen Schlangenzungen ist nichts für schwache Nerven

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Beste Grüße,