Düwag-Gelenkwagen in der Rhein-Neckar-Region

Selbstgebaute maßstäbliche Schienenfahrzeuge mit/ohne handelsüblichen Zurüstteilen

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Lupinenexpress
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Re: Düwag-Gelenkwagen in der Rhein-Neckar-Region

Beitrag von Lupinenexpress »

Mahlzeit,


hier gibt es nun den vierten der noch ausstehenden vier Bastelberichte.

Diesmal geht es um den Wagen 454 der Mannheimer Straßenbahn, ein sechsachsiger Gelenkwagen des „Typ Mannheim“, Baujahr 1969.


Da ich den Bau von Düwag-Gelenkwagen, bereits recht ausführlich abgehandelt habe, halte ich die allgemeine Baubeschreibung etwas kürzer und verweise auf diese Berichte:
modellbau/viewtopic.php?t=7434&postdays ... c&start=30


Der Wagen 454 des Typ Mannheims ist insofern ein besonderes Fahrzeug für mich, dass einige Kindheitserinnerungen daran hängen.



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Als ich in die fünfte Klasse kam, legte ich meinen Weg in die Schule nicht mehr zu Fuß zurück, sondern mit der Straßenbahn. Auf meiner Hauslinie, der „2“ verkehren wie heute noch 8 Umläufe. Diese wurden damals noch mit den letzten Mannheimer Düwag-Sechsachsern besetzt. Das waren 12 von einst 20 Wagen des Typ Mannheims und ein Standard-Wagen.

Das Größte war es damals natürlich, wenn der letzte Standard-Wagen (450) kam, doch die Erinnerung an den 454 ist größer.
Das mag daran liegen, dass er fast täglich fuhr, aber auch daran, dass es der einzige Wagen mit Ganzreklame war.

Die einst (farblich) sehr bunte Mannheimer Straßenbahn hatte mit Beschaffung der Niederflurwagen ab 1994 Abstand von Ganzreklamen genommen. Es wurden gut 10 Jahre lang keine neuen Ganzreklamen auf Fahrzeugen angebracht.
Da war der Wagen 454 natürlich eine Ausnahme, die man überall schon von weitem erkennen konnte.





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Lange dauerte es zwar nicht mehr, bis die Wagen endgültig außer Dienst gestellt wurden, doch machte ich noch meine ersten eigenen Fotos von diesen Fahrzeugen.
Kurz nachdem ich meine Schülerfahrkarte hatte, wollte ich die Straßenbahnen auch auf Bildern festhalten. Ab Sommer 2002 machte ich meine ersten analogen Fotos.
Man mag die Qualität bitte entschuldigen, aber ich zeige sie hier mal im Rahmen dieses Berichts.

Nach der Abstellung der Fahrzeuge im Sommer 2003 wurden sie eine Zeit in Edingen abgestellt. Fünf davon konnten noch nach Helsinki verkauft werden. Wagen 454 mit seiner charakteristischen Blume2000-Reklame wurde 2006 verschrottet.



Erhalten hatte er diese Reklame vermutlich 1996.




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Der Wagenkasten besteht hier auch wieder aus 2 mm starkem Polystyrol. Die Kanten wurden nach untern hin rund geschliffen, die Wände später durch knicken gewölbt.



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Die Dächer wurden klassisch aus MDF gefertigt





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Die Fronten bestehen aus Messing. Da es sich hier um einen Wagen handelt, wer in den 80er Jahren die neue Scheinwerferanordnung erhielt, bekam er nicht wie mein anderer Typ Mannheim, der 455, einen Doppelscheinwerfer in der Mitte, sondern die beiden auseinander liegenden Scheinwerfer. Hierfür habe ich zwei Messingrohre eingelötet.
Beim Vorbild sind die Aufsätze geschraubt, wie ich kürzlich feststellen konnte.






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Spritzspachteln, zusammen mit dem G4.




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Nun ging es an den Bügel:


Aus Komfortgründen nutzte ich gerne die Sommerfeldt-Bügel, auch wenn sie in Details abweichen. Doch der Mannheimer Typ Mannheim hat einen Scherenstromabnehmer mit zweibeiniger Unterschere. So etwas gibt es nicht zu kaufen.
Nun gehört der Bau von Bügeln weder zu meiner größten Leidenschaft, noch zu meinen größten Talenten, doch hier musste ich mich mal wieder an den Bügelbau wagen:



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Als eine Verbesserung zu seinem Vorgänger auf dem 455 habe ich hier die Beine der Unterschere in eingebohrte Löcher des Trägers eingelötet. Damit wurde eine „Sollbruchstelle“ umgangen, was diesen Bügel nun schon zwei Jahre unbeschadet überstehen ließ.


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Abtrennen der Einzelteile bzw. Hülsen.




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Wie auch der Bügelbau zählt auch das Löten ganz allgemein nicht zu meinen größten Talenten. So erwies es sich am Einfachsten Lötzinn in den Träger zu schieben, alles zusammen zu stecken und ausgiebig die Flamme darauf zu halten. Immerhin hält es soweit :-P



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Der Rest wird gebogen



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Die Federn konnte ich wiederum von Sommerfeldt nehmen. Das Anspruchsvollste ist dann immer unten den Ausgleich hinzubiegen, dass der Bügel rauf und runter geht ohne zu kippen.

Hier neben dem Bügel des 455, der nach wiederholter Havarie auf die neuere Bauart „upgegradet“ wurde.



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Lackieren des Wagenkastens in weiß als Untergrund für die Reklame.




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Einbau der Frontscheibe.


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Einbau der Seitenscheiben







Nun ging es so langsam an die Reklame.

Das Einfachste wäre natürlich gewesen eine gute Aufnahme von Blume und Logo abzuziehen und aufzukleben.
Doch an solche Möglichkeiten hätte ich als Fünftklässler nicht zu denken gewagt und habe solche Fotos natürlich nicht gemacht.

Also schrieb ich Blume2000 an, ob man da noch eine Datei für die Damalige Werbebeschriftung hat.
Immerhin war man dort sehr freundlich, wünschte mir viel Erfolg bei meinem Modellbahnprojekt, konnte allerdings nicht wirklich mit Archivmaterial helfen.


Also brauchte ich einen Plan B.
Der sah so aus, dass ich alles neu machen musste. Das Logo musste ich auch neu entwerfen, da es sich zwischenzeitlich geändert hatte. Die Blumen musste ich irgendwo fotografieren.

Da ich selbst mit Blumen nicht allzu viel am Hut hatte, fragte ich meine Mutter, ob sie zufällig irgendwo Primeln eingepflanzt hätte. Verwundert über die Frage zeigte ich ihr ein Bild der Bahn und erfuhr, dass die Primeln Usambaraveilchen waren.
Das brachte mich schon mal einen guten Schritt weiter.



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Mein Plan war es nun das Usambarafeilchen zwecks eines Fotos zu erwerben. In mehreren Baumärkten und Blumengeschäften ging ich leer aus, bis ich bei einem Geschäft in Mannheim tatsächlich lila Usambarafeilchen fand.
ich erwarb die beiden letzten Exemplare.



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Ich machte dann eine Reihe von Fotos, wobei ich die Anzahl der Blüten und Blätter noch anpassen musste. Hier spendete eine Pflanze der anderen noch einige Blätter und Blüten, die ich auf Zahnstocher gespießt einfügte.




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In der Folge entwarf ich eine Beschriftungsvorlage, die ich auf Klebefolie abziehen ließ. So kamen auch beim Vorbild die Blumen auf die Bahn.



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Anschließend wurde ein Beblumungsplan erstellt.




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Und so kamen die Blumen in 1:22,5 auf die Bahn.




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Ein weiteres Detail der Kindheitserinnerung an die Straßenbahn waren die Uniformen der Fahrer.
Während heute wie auch vor 1995 die Fahrer eine recht ansprechende Dienstkleidung haben, führte man bei der Mannheimer MVV-Verkehr AG eine Uniform in der Unternehmensfarbe türkis ein.
Diese beim Personal und den Mannheimern spöttisch als „Grünflächenamt“ oder „Schwuler Förster“ verschriene Uniform musste ich natürlich epochengerecht nachbilden:


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Abschließend noch einige Eindrücke des fertigen Fahrzeuges:



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Schienenkönig
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Re: Düwag-Gelenkwagen in der Rhein-Neckar-Region

Beitrag von Schienenkönig »

Wahnsinn in welcher Geschwindigkeit du die Wagen baust. Ich sitze hier mittlerweile 1 Jahr und 2 Monate an meinem Achtachser 3818 aus Wuppertal. Respekt und Danke, dass du uns deine Bausätze auch anbietest.
Peter
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