Zwischenzeitlich war mir aufgefallen, dass ich noch nicht alle Bastelberichte meiner Fahrzeuge aus den Jahren 2017 und 2018 zusammengestellt hatte. Diesem Umstand möchte ich nun Abhilfe schaffen und hole die Bastelberichte für G4, Braunschweiger Düwags, Umbauwagen und MVG454 nach.
Fangen wir also mal mit dem G4 an, wie immer mit einigen Worten zum Vorbild:


Bisher war der Waggonbau Gotha mit seinen Zweiachsertypen und schon den ersten Vierachser-Großraumwagen auf dem Straßenbahnmarkt DDR vertreten, als auf Wunsch der Erfurter Verkehrsbetriebe der Zweiachser zu einem Gelenkwagen weiterentwickelt wurde.
Dadurch ergab sich der Vorteil, dass eine Gefäßgröße, für die bisher zwei Schaffner benötigt wurden nun mit einem Schaffner bedient werden konnte. Wie schon bei den Zweiachsern an allen Einstiegen üblich erfolgte auf der Einstieg an der Heckplattform mit nur einer Stufe. Der Wagenboden stieg dann mit einer Rampe auf die endgültige Bodenhöhe an.

Der Schaffner hatte am letzten Einstieg einen festen Platz, sodass in diesen Fahrzeugen der Fahrgastfluss praktiziert wurde. Mit der späteren Umrüstung auf schaffnerlosen Betrieb entfiel das.

Die ersten G4-Prototypen gelangten 1959 nach Erfurt und Dresden, der Großteil der Wagen wurde jedoch in der ersten Hälfte der 60er Jahre als G4-61 nach Erfurt, Magdeburg, Leipzig, Potsdam, Rostock, Tallinn und Lemberg geliefert.
Nach bzw. zeitweise neben den 119 Wagend es Typs G4-61 wurden 99 Wagen des Typs G4-65 entwickelt und ausgeliefert.

Mit den Wagen des Typs G4-65 bekamen auch Gotha und Nordhausen Gelenkwagen in den Fuhrpark.
Im Wesentlichen unterschieden sich die Wagen der Bauart 65 nur sehr geringfügig von der Bauart 61. Die meisten von ihnen wurden bereits ohne Schaffnerplatz ausgeliefert.

Um möglichst viele Menschen transportieren zu können, war der G4 eher als Stehplatzfahrzeug konzipiert und wies eine 1+1-Bestuhlung auf.

lediglich die Fahrzeuge für den Einsatz auf der Waldbahn in Gotha wiesen aufgrund der längeren Fahrzeiten eine 1+2-Bestuhlung auf.
Dieses leicht modernisierte Fahrzeug aus Erfurt ist demnach kein „richtiger Erfurter“, sondern wurde nachträglich aus Gotha geholt.
[](http://abload.de/image.php?img=dsc_2227weke4.jpg)
Ein weiterer ex-Gothaer G4 ist heute in Erfurt als Partybahn unterwegs.

Die G4 wurden bis Mitte der 90er von Tatras bzw. später von Niederflurwagen abgelöst. Museumfahrzeuge gibt es heute in Rostock, Potsdam, Leipzig, Naumburg und natürlich Gotha.
Dort lässt sich Tw 215 in Waldbahnausführung u.a. bei den bekannten Ronny-Quaß-Sonderfahrten erleben.

Gefahren werden die G4 übrigens mit dem Schaltrad, für das ein Wartburg-Lenkrad herangezogen wurde.
Nun zum eigentlichen Bastelbericht:
Im Maßstab 1:22,5 baute ich Fahrzeuge in den Ausführungen Gotha, Leipzig und Potsdam.

Die Seitenwände wurden von meiner CNC-Fräse aus 2 mm starkem Polystyrol ausgeschnitten.
Hier werden gerade die Kanten eingeritzt, an denen sie später geknickt werden



Über Winkelleisten 20x20 mm aus dem Bauhaus werden die Böden mit den Seitenwänden verbunden.

An den Wagenenden werden die Portalteile eingesetzt. Sie halten später die Faltenbälge

Als kleiner Zwischenschritt wurden die Trittkästen montiert
[](http://abload.de/image.php?img=img_1148i5j7u.jpg)
Einbau der Plattformen

Bau der Sitze

Die Front-Unterseite besteht aus 3 mm starkem MDF. Sie wird an der Schleifmaschine etwas rund geschliffen

In einem zweiten Schritt wird sie von hinten eingekerbt, um sie weiter Wölben zu können.

Anschließend wird sie montiert und von der Rückseite mit Holzreparaturspachtel von Molo stabilisiert.

Die Frontoberteile bestehen aus 0,5 mm starkem Messing. Sie werden in Form gebogen und mit dem Wagenkasten verklebt.

Stellprobe mit Dach

Die Dächer wurden auch hier wie üblich aus 3 mm starkem MDF hergestellt, das aufgeschichtet wurde und nun durch Feilen in Form gebracht wird.

Anschließend erfolgt eine geruchsintensive Behandlung mit Schnellschleifgrund von Clou

Der Schnellschleifgrund zieht schnell ein und lässt sich schon nach ca. 15 min weiterbearbeiten. Nach deinem ersten Schliff werden die Dächer mit Spritzspachtel (gibt’s bei Obi) überzogen.



Auch an der Front muss einiges geschliffen werden.

Montieren der Dächser auf den Wagenkästen

Die eleganten, langgezogenen Liniennummernkästen sind für den Gothawagen charakteristisch und werden als einzelnes Teil eingesetzt.



Das Schleifen und Spachteln, wieder schleifen und erneutes Nachspachteln ist ein langwieriger Prozess, bis alles soweit passt.


Montage der Träger für den Dachaufbau.

Die Deckleisten des Wagenkastens wurden aus 0,3 mm starkem Karton gelasert und auf den Wagenkasten geklebt.

Stellprobe des Wagens im LGB-Radius R1, was im Vorbild immerhin unsagbar Lissabon- und Baselartige 12 Meter sind. Hier allerdings noch mit nur einem Faltenbalg!
Für den Faltenbalg entwickelte ich erst einen Prototypen, der hier zu sehen ist:





Nachdem sich dieser Faltenbalg als tauglich herausstellte, ging er in „Serie“

Das Grundgerüst für den Faltenbalg ist ein dünner Karton, dessen Kanten vorgelasert wurden. An den Wölbungsstellen befinden sich rautenförmige Aussparungen.

Dieses Grundgerüst wird mit einem widerstandsfähigen Buchbinderband von Tesa überzogen. Die Rolle kostet zwar 30 Euro, ist diesen schmerzlichen Betrag aber auch wert.

Nachdem der Faltenbalg gefaltet wurde, kann er auf den Portalinnenstücken befestigt werden. Diese Portalinnenstücke werden später mit den Portalen des Wagenkastens verschraubt.

Im nächsten Schritt werden die Faltenbälge um die Rundung herumgezogen und ebenfalls verklebt.

Wenn das zweite Portalinnenstück befestigt ist, ist der Faltenbalg fertig.

Grundieren der Wagenkästen

Lackieren der Wagenkästen



Einbau der Innenwandverkleidung.


Einziehen der Fenstergummis an der Front. Hier kommt eine Litze zur Anwendung

Zusammenfügen der Wagenkästen


Einbau der Bestuhlung

Eine Kunststoffleiste sorgt für den genormten Abstand der Sitze.

Anbringen der Zierstreifen, die mir der Verkehrsbetrieb meines Vertrauens geplottet hat.


Verglasen

Anbringen der Fenstergummis an der Seite.
Nun geht es an die Endmontage:




Und ich war gerade beim Endmontieren der Wagen in meiner Keller-Werkstatt in Mannheim.
Bei geöffnetem Fenster ist diese für alle Passanten einsehbar. Es kam schon immer wieder einmal vor, dass Passanten oder spielende Kinder stehen bleiben und interessiert zusehen, was ich da mache.
An diesem Abend lief eine Gruppe auf dem Weg zum Neumarkt vorbei, als ein Herr stoppte, umdrehte und fragte „Das ist doch die Erfurter Straßenbahn, die sie da bauen?“
Es stellte sich heraus, dass der Herr Erfurter war und nur zu Besuch in Mannheim weilte, mit Straßenbahnen aber sonst nichts am Hut hatte.
Zwar war keiner der Wagen der Erfurter, doch der Wagentyp ist ja schließlich auch in Erfurt gefahren. Doch diese Anmerkung des Passanten, der „seine Erfurter Straßenbahn“ erkannte, erheiterte mich sehr.
So, nun sind die Wagen auch fertig. Hier einige Eindrücke der fertigen Wagen:









