ich habe ein bisserl schlechtes Gewissen: Vor langer Zeit habe ich mich hier angemeldet, auch um mir Marco's HF 110 Baupläne herunterzuladen. Diese Echtdampflok hat mich in Optik und Größe gefesselt und ich bekam den Gedanken eines Selbstbaus nicht mehr aus meinem Kopf..... Während der CAD-Konstruktion stellten sich viele Fragen auf die ich durch Stöbern im Forum häufig Antworten fand. Auf meine Frage nach dem Achsversatz beim Kurvenfahren hier im Forum bekam ich sofort sehr aussagekräftige und kompetente Antworten – ich habe also bisher sehr von diesem Forum profitiert und hoffe mich mit dem nachfolgenden kurzen Bericht über mein Projekt zumindest ein klein wenig revanchieren zu können.
Zu meinem Modell:
Die Lokomotive sollte möglichst wartungsfrei betrieben werden können, denn ich weiss noch nicht, inwieweit ich nach dem Betrieb der Lokomotive Lust verspüren werde, diese aufwändig zu warten und gegebenenfalls Verschleißteile zu wechseln. Ich habe in meiner Praxis mehrfach erlebt, dass ich Geräte nicht mehr benutzt habe, weil mir der Wartungsaufwand im Verhältnis zur Betriebszeit zu hoch war. Daher auch der beabsichtigte Betrieb mit Gas. Um nun in Zukunft z.B. einen aufwändigen Austausch der Achslager zu vermeiden sollte die Lokomotive mit wälzgelagerten Achsen versehen werden. Als Lagerelemente sollten die relativ klein bauenden (zumindest im Durchmesser) Nadelhülsen eingesetzt werden. Dieser Wunsch war aber mit den Verhältnissen der Aussenrahmenbauweise der HF 110 C nicht realisierbar....
Weitere Prämissen waren:
- gefederte Radsätze
- 600 mm Mindestradius soll befahrbar sein
- Verwendung von Edelstahl, Bronce, Messing und Kupfer (um Rosten zu vermeiden)
- Gleitpaarungen wenn möglich (Edel)-Stahl/Bronce, ggf. (Edel)-Stahl/Messing
- Kolbenschiebersteuerung, weil vorbildähnlicher (keine so gute Idee, wie sich später zeigte)
- Zylinderentwässerung
- ölfreier Betrieb soll möglich sein (Teflonkolben- und Schieberdichtringe)
- Kupferkessel
Zunächst sollte die gesamte Steuerung unverändert von Marcos Konstruktion übernommen werden, da ich mich in dieses Thema zu Beginn nicht unbedingt auch noch einarbeiten wollte. Ein Irrtum, wie sich später herausstellte, da Kolbenschieber gegenüber Flachschiebern sinnvollerweise mit innerer statt äußerer Einströmung arbeiten..... Dies erkannte ich leider erst nach Baubeginn, als ich im Zuge der Fertigung der Steuerungsteile den Zusammenbau in der CAD-Simulation auf korrekte Funtion überprüfte. Zwar weisen Kolbenschieber beim Vorbild Vorteile in Bezug auf Reibung und Verschleiß auf, im Modellmaßstab sind die Verhältnisse aber völlig anders und die Vorteile einer guten Einstellbarkeit und selbsttätiger Abdichtung überwiegen – die Praxis wird zeigen, ob ein Umbau auf Flachschiebersteuerung lohnenswert ist (neue Zylinder). Ich fand keine “schöne” konstruktive Lösung ohne unnötig hohe Querkräfte und so entschied ich mich die Kolbenschiebersteuerung mit äusserer Einströmung zu realisieren.
Die CAD-Konstruktion begann im Herbst 2013. Die dabei konstruierten Laserteile aus 1.4310 bekam ich im Februar 2014, Ende März 2014 zeigte sich folgendes Bild:

Im Dezember 2014 waren die gefederten Achslager fertig:

Es zeigte sich, dass der 600 mm Radius durch entsprechende Seitenverschiebbarkeit der mittleren Achse realisiert werden konnte, jedoch die “Weichengängigkeit” bei diesem Radius und der realisierten Spurkranznorm (NEM 310) nicht ohne modifizierten Radlenker gegeben war….. Es zeigte sich bei entsprechenden Nachforschungen, dass es verschiedene Spurkranznormen gibt und ich leider die Norm für vorbildähnliche Regelspurfahrzeuge auf entsprechend großen Mindestradien erwischt habe. Dies ist leider nicht mehr ohne großen Aufwand zu ändern. :(

Weichensituation
Dann gibt es lange keine Bilder von Zwischenständen, erst wieder letztes Frühjahr, nachdem das Fahrwerk komplettiert und die Rauchkammer gelötet war. Das Fahrerhaus war zur Überprüfung der Abwicklung aus Karton gebastelt und der Kessel war nur das abgelängte Kupferrohr.

Im Herbst letzten Jahres dann mit gelötetem Kessel, den Kesselarmaturen und ein paar weiteren Details

Zwischenzeitlich wurde auch das Tenderfahrgestell bis zum fahrtüchtigen Zustand fertiggestellt, denn es soll die Fernsteuerungskomponenten (ausser den Servos) und später auch das Speisewasser beherbergen. Nachdem der Gastank gelötet und das Fahrerhaus genietet war, wurde der Betrieb schon mal mit Pressluft erprobt. Es zeigte sich, dass der Tender mit einem großen Gewicht beschwert werden muss, da er andernfalls im Weichenbereich zum Entgleisen tendierte. Eine gewisse SloMo-Funktion hat das hohe Gewicht sicherlich auch. Im Pressluftbetrieb war es mir ziemlich lästig, neben der Luftsteuerung und der Konzentration auf das Verhalten der Lok auch noch aufzupassen, dass sich die am Dampfdom angeschlossene Pressluftleitung nicht verheddert. Daher wurden die noch fehlenden Kessel- und Gasarmaturen unter Hochdruck beschafft/ gefertigt, um dieses Wochenende endlich die Premiere unter Dampf zu feiern. Nachdem heute Morgen die Gastankverrohrung angeschlossen war sollte der Brenner im eingebauten Zustand getestet werden. Hierzu wurde schnell noch der Kessel mit Wasser und der Gastank mit Gas befüllt und dann mit dem Feuerzeug gezündet – aber die Flamme wollte nicht zum Brenner, nur in der Rauchkammer oder garnicht brennen. Eigentlich wollte ich die Gasdüse durch eine kleinere ersetzen, es war aber schon die kleinste Düse mit 0,15 mm Bohrung eingebaut. Ich wollte schon alles Umbauen, um über den freistehenden, gezündeten Brenner eine Flammrohrattrappe schieben zu können und damit entsprechende Modifikationen der Luftzufuhr testen zu können, aber ich dachte ein einfachert Test mit einer größeren Düse (0,25 mm) könnte eventuell ja auch schon gewisse weitere Erkenntnisse bringen: Und plötzlich schlug die Flamme bis zum Brenner zurück und brannte dort :D (keine Ahnung warum die große Düse besser ist?)
Dann schnell die sich erwärmende Lok auf die Gleise gestellt und bei einem bar Kesseldruck setzte sie sich spuckend in Bewegung – nichts anderes hatte ich erwartet - aber es war trotzdem eine große Freude für mich. :D
Alles sehr provisorisch, aber ich wollte die Lok endlich unter Dampf sehen:

Erstfahrt unter Dampf

Es gibt noch einiges zu tun: Tender, Speisepumpe, Detailierung, Feintuning, Gartenanlage, u.v.m.
Viele Grüße,
Lothar