bereits vor einen Jahr bekam ich die Möglichkeit für einen Berliner Straßenbahnfreund einige Tatra-T6-Wagen zu bauen. Da der T6 ein sehr schönes Fahrzeug ist und mein „Betriebszweig Regelspur“ ohnehin etwas Verstärkung benötigte, stand für mich fest, dass auch für mich ein Fahrzeug dabei rumkommen sollte. Auf diese Weise sollten dann im Laufe eines Jahres sieben Fahrzeuge entstehen.
Also zwei Großzüge und ein Solowagen. Dass ich mich für einen Solowagen entschied war nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch des Platzes. Bei inzwischen etwa 50 Fahrzeugen in diesem Maßstab (Tendenz steigend) wird es langsam etwas eng

Nun aber erstmal noch eine kleine Beschreibung der Vorbilder:
Die Tatra T6, bzw. T6A2 (A steht hier für den Drehzapfenabstand und 2 für die Breite 2,20 m) wurden ende der 80er als letzte Fahrzeuge von CKD für die DDR gebaut. Danach war zwar noch nicht für die T6A2 Schluss, aber für die DDR. Die Fahrzeuge wurden noch bis 1991 ins wiedervereinigte Deutschland geliefert.
Die letzten T6A2 wurden 1999 nach Sofia geliefert.
Die letzten deutschen Wagen gingen 1991 nach Berlin. Damit dürften sie mit den nach Mülheim/Ruhr gelieferten M6-Wagen die letzten Hochflurbahnen gehören, die an deutsche Straßenbahnbetriebe geliefert wurden (also jetzt mal von den Hochflurstadtbahnwagen abgesehen

Insgesamt gingen die T6A2 in der DDR an Leipzig, Dresden, Berlin, Magdeburg, Rostock und Schwerin.
Schwerin hatte aber zu diesem Zeitpunkt schon sein Netz derart großzügig ausgebaut, dass man überall mit 2,5 m breiten Wagen fahren konnte.
Für die schmalen T6 hatte man daher keine Verwendung und gab sie gleich weiter nach Magdeburg.


Hier sehen wir zwei Fotos, die Jan Ruppert von den Berliner T6 machte. Sie tragen hier noch die äußerst gefällige Hauptstadtlackierung. Diese sollte auch mein Wagen tragen.

Aus eigener Benutzung kenne ich die Berliner Wagen nur noch im modernisierten Zustand. Dieses Bild habe ich bei einem Besuch im Jahr 2003 gemacht.

Dieses hier entstand 2008 in Köpenick.

Dieses Foto zeigt die Magdeburger Lackierungsvariante im Sommer 2012. Die Magdeburger und Leipziger Wagen wurden eher weniger umgebaut.

Den Leipziger 1001, der übrigens der 4000. Tatra-Wagen war, den die CSSR gemäß dem RGW-Abkommen an die DDR lieferte, konnte ich leider nur noch abgestellt fotorafieren.

In Dresden gibt es noch einen Museumswagen der T6, der bei meinem Besuch 2006 eher unfotogen da stand.

Stärker modernisiert, dafür 2013 noch im Einsatz sind die Rostocker Wagen

Im Sommer 2012 konnte ich noch diesen Wagen fotografieren, der in den 90ern an das ungarische Szeged geliefert wurde. Er wartet hier im Abstellgleis einer Endschleife auf die nächste Verkehrsspitze.
Obwohl die T6A2 nicht nur neuer, sondern auch moderner waren als ihre Tatra-Geschwister, ereilte sie schon bald das Schicksal der vorzeitigen Abstellung. Denn durch die geringen Stückzahlen trennten sich viele Betriebe zugunsten eines vereinheitlichten Wagenparks schnell von der Splittergattung. Verwunderlich ist hier lediglich, dass Berlin sich so schnell von den T6 trennte. Schließlich hatte man dort ja doch schon eine beachtliche Stückzahl im Einsatz.

Was möglicherweise Berlins Fehler war, ist Stettins Glück. Die polnische Stadt hat einige der gut erhaltenen Berliner T6 gekauft und setzt sie nun zusammen mit Berliner KT4D, modernisierten Konstal-Wagen und Pesa-Niederflurzügen ein.
Neben den beiden T1, die in grauer Vorzeit mal nach Polen geliefert wurden, sind das die einzigen Tatrawagen in Polen.

Und hier noch ein Sonderstück. Er ist neben den bulgarischen T6 der einzige schmalspurige T6A2. In Deutschland ist er damit ein Einzelstück. Er kam, wie man unschwer erkennen kann aus Berlin und verkehrt nun als Arbeitswagen auf dem meterspurigen Netz von Frankfurt/Oder.
Das Bild entstand beim Umbau in Gera.

Was die Umsetzung des Modells anging, wurde ich von einigen traßenbahnfreunden gut unterstützt. So zum Beispiel vom User Bimmelkutscher, der mir diese Zeichnung zukommen ließ. Er baute bereits vor einigen Jahren einen Leipziger Großzug: modellbau/viewtopic.php?t=8941&highlight=

Aus Leipzig bekam ich diese schematische Übersicht.


Daraus konnte ich dann meine eigene Planung anfangen, für die ich diese Zeichnungen für die Ursprungsvariante und die Berliner Variante anfertigte.

So sollten die Wagen später im Lack aussehen. Insbesondere die Hauptstadtlackierung erforderte einige Reschersche. Denn die Farben entstanden seinerzeit mit den in der DDR üblichen TGL-Farbtönen, für die ich erst ein Gegenstück in der RAL-Farbskala suchen musste.

Der Wagenkasten sollte wie bei mir üblich aus 2mm starkem Polystyrol entstehen. Dafür stehen dem Satz für einen Wagen diese Teile zur Verfügung

Die Scheiben werden eingesetzt und aus 2mm starkem Acrylglas hergestellt.

Das Dach besteht wie gewohnt aus dem gut zu bearbeitenden MDF 3 mm.

Einige Details wie die Fensterrahmen und Gummis wurden aus 0,5 mm starkem invercote Duo gelasert.

Aus 1 mm starkem Material wurden Teile für die Drehgestelle und Scheibenwischer u.a. gelasert.
Nun zum Bau des Modells:

Wie üblich werden an den Seitenwänden Winkelleisten befestigt, die die Seitenwände später mit dem Boden verbinden

Anschrauben den Bodens

Einbau des Dachrahmens, der für zusätzliche Stabilität sorgt.

Verkleben der beiden Dachteile

Aufkleben der Fronten.

Passprobe für das Dach, das aber noch nicht aufgeklebt wird.
Auf den ersten Blick denkt der Laie, dass dieses Fahrzeug ja nicht „schwer“ sein kann, weil es schön kantig ist. Es hat zwar keine Rundungen wie ein GT6 oder T3, dafür aber andere Tücken.
Ich würde jetzt mal im Rückblick auf über 100 gebaute 1:22,5-Fahrzeuge sagen, dass es kein Fahrzeug gibt, das keine Tücken hat.
Beim T6 ist das z.B. das unscheinbare Detail, dass die Seitenfenster (Fahrerfenster) bis an die Dachkante gehen. Damit man das so fräsen kann, dass man später noch ein Fenster einsetzen kann muss der Rahmen nach oben verlängert sein. Er wird später durch die hier aufgesetzte „Kappe“ verdeckt.

Dafür muss abmarkiert werden, welcher Bereich abgefeilt wird (Dach) und welcher Teil stehen bleibt. Das ist an am besten mit einem Messer anzuritzen, damit die Kante später gerade bleibt.

Mit zwei Schraubzwingen wird das Dach auf den Tisch gespannt und kann so problemlos abgefeilt werden.
Das Feilen, Schleifen und Spachteln ist im Prinzip kein anderer Prozess als bei jeden x-Bliebigen Düwag/Gotha/Verbandswagen. Nur eben mit dem Unterschied, dass es viel schneller gemacht und weniger schmutzinzensiv ist, da das Dach viel flacher ist.

An den Vorderseiten wird dieses Frontstück auf Polystyrol angebracht.

Der Bereich der „Kappen“ wird noch etwas mit dem Messer nachbearbeitet.
Das Holzdach wurde inzwischen aufgeklebt.

An den Kanten habe ich zur Hilfe einige Reststücke angeklebt. Diese mussten dann aber noch etwas runtergeschliffen werden, da die Kappen nur sehr geringfügig überstehen.

Die grobe Gestaltung der „Kappen“ erfolgte mit Holz-Raparaturspachtel (im Hintergrund zu sehen) von Molto. Dieser lässt sich gut formen und ist sehr stabil.
Die weitere Bearbeitung des Daches erfolgt mit feineren Spachteln von Molto und OBI-Spritzspachtel.
Zwischenzeitlich ging es an einige Details:


Bau der Trittstufen
Die Drehgestelle mussten natürlich auch noch her. Wie meistens sind die Fahrzeuge auf die Verwendung von USA-Trains-Motorblöcken ausgelegt.
Da alle sieben Wagen in der dem Vorbild (Regelspur) entsprechenden 64 mm-Spur entstehen sollten, mussten diese noch umgespurt werden.
Den Umbau der Blöcke habe ich hier beschrieben: modellbau/viewtopic.php?t=11214


Hier noch zwei ergänzende Bilder zu den Drehgestellen. Sie wurden mit 100-Holzteilen und Lasercutteilen vervollständigt. Später kamen noch einige weitere gelaserte Teile dazu, auch die Schienenbremsen, die aus gelaseren und 3 mm-MDF-Teilen bestehen.
Die modernisierten Wagen ehrhielten noch Dämpfer, die ich aus Messing- und Holzprofilen bastelte

Aufkleben der gelaserten Lüftergitter an den Seitenwänden.

Grundieren aller sieben Wagen.

Eine Wissenschaft für sich ist das Anfertigen der Tatra-Schalensitze. Dabei musste ich mehrere Prototypen lasern.
Bisherige Tatrabauer haben hier Ü-Eier verwendet. Da hätten sich bei mir aber zwei Probleme ergeben: Zum einen hat Ferrero die Bauart der Ü-Eier umgestellt, zum anderen wäre ich nach dem Verzehr der für 7 Wagen nötigen Eier nicht mehr durch die schmalen Kellergänge zu meiner Werkstatt gekommen.

Also musste diese Lösung her. Dass sie nicht exakt dem Vorbild entspricht wurde mir schon gesagt. Sie ist aber so gestaltet, dass der Hintern eines Preiserleins mit durchschnittlichem BMI darauf Platz nehmen kann.

Das Montieren der sitze, die inzwischen die passenden Farben haben.

Das Vormontieren der Fenster mit Fenstergummis und Rahmen. Dabei wurde nur die vordere Schutzfolie vom Glas entfernt.

Die Türen entstanden in ähnlicher Weise. Die alten werden später hinterlegt, die neuen in die Türöffnung des Fahrzeuges eingesetzt.

Fertig lackierte Fahrzeuge. Die Dächer stimmen nicht so ganz, wurden aber spätern korrigiert.

Die modernisierten Wagen nach Entfernung der Abklebungen. Abgeklebt habe ich ihn mit Tamiya-Band.

Vormontieren der Klappen aus Kunststoffteilen, die mit Lasercutteilen beklebt wurden, bevor sie am Fahrzeug befestigt werden.

Einbau der Sitze, Scheiben und Anzeigen.

Am vergangenen Wochenende konnte ich die Großzüge fertig stellen.
Während mein eigener Wagen ein Analogwagen ist, sind die beiden Großzüge digitalisiert und werden mit ESU Lokpilot XL-Decodern bzw. ESU-Funktionsdecodern (BW) betrieben.


Drei Triebwagen T6A2

Betrieb mit 218 118

Modernisierter Großzug. Er hat eine Länge von etwa 2 Metern. Die Wagen aus den Großzügen sind mit SchaKus von Tobias Feld ausgestattet. Mein Wagen hat als „Sparvariante“ nur eine Deko-Kupplung.

Einzelansicht eines modernisierten Tw

Vergleich beider Varianten.

Zusammen mit dem Rest meiner derzeitigen Regelspurflotte. In Kürze wird sie noch um einen Frankfurter Großraumwagen (gerade im Bau) wachsen. Auf Dauer sollen noch ein Prager Tatra T1, ein Römischer Stanga-Sechsachser, ein Konstalwagen, ein Kassler 2axa und ein Berliner Verbundzug (vermutlich als nächstes) dazu kommen.
Noch eingie Fotos des modernisierten Wagens (vielleicht bau ich noch mal einen für mich selbst



