heute möchte ich Euch als Fortsetzung des Beitrages "Archbar-Drehgestelle für IIf" den jetzt eigentlich (fast oder ganz?) fertigen Waggon zeigen. Er hat kein konkretes Vorbild, jedoch mit umgerechnet 180 x 500 cm hat er in etwa die Maße der Vierachser auf der Otavi-Bahn, entnommen aus dem O&K-Faksimilekatalog von 1913/14. Im Modell sind das 22,2 x 7,8 cm für die Grundfläche.
Der Waggon ist gebaut aus Holz und Messing, hat ein Gewicht von 350 g = 4 t Gewicht beim Vorbild. Dadurch ergibt sich eine gewisse Rolldynamik, mit der ich den Begriff Eisenbahn verbinde.
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er kann schon rollen...
Die äußeren Längsträger sowie die Stirn-Querträger sind U-Profile 3 x 8 x 1 mm. Die inneren Längsträger sind 3 x 6 x 0,5 mm U-Profil. Die Querträger über den Drehgestellen sind 2 x 8 mm massiv. Die kleineren U-Profile bestehen aus 2,5 x 5 mm, 2,5 x 4 mm, 2 x 5 mm und zuletzt die Umrandungen der Wände aus 1,5 x 1,5 mm U-Profil. Alle Profile sind miteinander verlötet, dies habe ich gemacht mit einem Widerstandslötgerät, an dem man die Stromstärke einstellen kann von Stufe 1 bis 6. Dadurch ist es möglich, auch an voluminösen Teilen kleine Teile anzulöten.
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Lot schmilzt
Wie man hier sehen kann, schmilzt das Lot unter das Eckblech zur Hitze hin. Das Prinzip ist ja, dass dort die Hitze am größten ist, wo der Widerstand am größten ist, und das ist der Fall zwischen den Rahmenprofilen und dem Eckblech. Dadurch ist es möglich, das Eckblech anzulöten, ohne dass die Lötung im Rahmen aufgeht. Allgemein muss ich sagen, dass ich bei den gesamten Lötvorgängen kein einziges Mal den Fall hatte, dass eine Nachbarlötstelle aufgegangen ist. Und dies ohne Thermostopp! Das ist natürlich sehr hilfreich für den Baufortschritt. Man ist, glaube ich, schneller und vor allen Dingen - der Frust bleibt weg.
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Scharniere angelötet und die Umrandung des Seitenteils zum Löten fixiert
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...es funktioniert
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Anlöten der Seitenstütze
An diesem Foto könnt Ihr sehen, dass die zu verlötenden Teile auf einer Metallplatte festgeklemmt sind. Der Minuspol liegt an der Metallplatte an und wird über die beiden Messingbögen, die gleichzeitig die Lötkandidaten niederhalten und fixieren, übertragen. Kommt jetzt der Pluspol in Form des Kohlestabes auf das Messing, so wird der Stromkreis geschlossen und dort, wo die beiden zu verlötenden Teile nur lose aneinander liegen, ist der höchste Widerstand im Stromfluss und somit die größte Hitze. Ist das Lot geflossen, so unterbricht man sofort den Stromkreis, indem man den Fuß vom Schaltpedal nimmt. Später sieht das dann so aus:
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alle Tritte dran und auch der Rahmen für die Bremserplattform
Nun zu den Holzanteilen: Alle Brettchen wurden mittels Tischkreissäge aus einem Block Lindenholz (Schnitzholz aus dem Baumarkt) herausgeschnitten. Die Stärke für die Bodenbretter beträgt ca. 1,5 mm. Die Bretter für die Wände sind ca. 1,2 mm dick. Das ist natürlich zu viel für die Einpassung in die U-Profile der Umrandungen, deshalb habe ich sie an den Rändern auf ca. 0,5 mm Dicke reduziert. Das geht auch mit der Tischkreissäge. Alle Brettchen sind bearbeitet mit Drahtbürste, Skalpell und Stahlwolle. Als Farbe habe ich lediglich eine um 50% verdünnte Wasserbeize silbergrau aufgetragen, sonst nichts. Alle Nieten sind mit Sekundenkleber ins Holz eingeklebt. Die Verklebung zwischen Holzbrettchen und den Messingprofilen erfolgte ebenfalls mit Sekundenkleber.
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Bretter gebeizt mit Silbergrau und den Nieten z. T. eingeklebt
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Ansicht von oben
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vorbereitete Bretter der ersten Stirnwand mit oberer Abschlussleiste
Das Sandstrahlen habe ich gemacht mit einem mobilen Sandstrahlgerät nach einer Empfehlung vom Harzer Roller - das war ein super Tipp und ein herzliches Dankeschön an Dich dafür. Als Strahlmittel habe ich Aluminiumoxyd in der Körnung 50 my genommen. Sowas bekommt man, wenn man freundlich fragt, für einen Anteil in die Kaffeekasse aus einem Dentallabor.
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nach dem Sandstrahlen
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nach dem Sandstrahlen
Die Farbe: amerikanische Floquil-Railroad-Colors, erhältlich z. B. bei Old Pullman in der Schweiz. Diese Farben sind Extremisten: sehr dünne Farbschichten, äußerst feines Pigment, sie sind hitzebeständig und das bedeutet, dass man sie einbrennen kann. So habe ich jede einzelne Farbschicht bei 100 °C im Backofen getrocknet. Das geht schnell, ca. 5 Minuten, und nach dem Abkühlen kann man sofort mit der nächsten Farbschicht weiter machen. Vor allen Dingen werden fertige Farbschichten nicht durch sehr stark verdünnte Aufträge angelöst. Damit ist es möglich, auch ohne Spritzpistole einen Hauch von Farbe aufzutragen.
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Wagenkasten grundiert
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das reicht
Was man zu den Farben sonst noch erwähnen sollte, ist die Tatsache, dass sie wohl ziemlich giftig sind, jedoch wenn man am offenen Fenster oder draußen arbeitet, stirbt man nicht direkt daran. Und zum Schluss sieht es dann so aus:
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frontal
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Klappe zu...
Abschließend möchte ich noch sagen, dass es eine schöne Erfahrung ist und dass es für mich irgendwie ein Experiment war, diesen Waggon so auf diese Art und Weise zu bauen und zu Ende zu bringen. Ich glaube, man kann viel mehr, als man sich zutraut und deshalb möchte ich Euch ermutigen, sowas auch mal anzugehen, es lohnt sich...!
Viele weitere Fotos findet Ihr in dem entsprechenden Album unter meinem Alias rocco53. Viel Spaß beim Gucken!
Viele Grüße
Toni