Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Alles rund um Vor-Bilder, also Modelle in ganz groß

Moderator: baumschulbahner

Michael Saettler
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Re: Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Beitrag von Michael Saettler »

Guten Abend beisammen,

nachdem ich in meinen Hobbykatakomben meinen verschollen geglaubten Seidel gefunden habe, haben mich natürlich die 3 Mosbach-Mudauer 4-Achser ebenfalls interessiert. Auch habe ich versucht eine Spur zu dem vom Feldbahner erwähnten „Hersteller unbekannt, 1907“ zu finden. Beim offenen und beim Niederbordwagen steht als Jahreszahl 1904.

Die Bahn selber wurde am 3. Juni 1905 eröffnet. Bau und Betrieb der Bahn lagen in den Händen von Vering & Waechter, Berlin. Die Bahn selber war badisches Staatseigentum, Pächter und Betriebsführer die Vering & Waechter – Tochter DEBG.

Auffallend bei allen 3 Wagen ist eine gewisse Hochbeinigkeit, welche sich bei Seidel auch an den von der Pufferbohle nach unten gerückten Kupplungen zeigt. Ähnliche Wagen von der Silhouette her sind die Wagen Nr. 101 und Nr. 307 der SHE. Diese wurden von Weimar um die vorletzte Jahrhundertwende gebaut, ausgestattet mit Diamonds, allerdings mit je zwei Federn auf jeder Seite. Die Diamond Drehgestelle wurden in dieser Zeit von fast allen Waggonfabriken produziert und eingesetzt. Zu finden in den gängigen Katalogen der Hersteller, jedoch wie gesagt immer mit 2 Federn pro Seite.

Jetzt aber bei Seidel genau und mit der Lupe reingeschaut. Alle 3 Zeichnungen zeigen Diamonds mit ebenfalls 2 Federn auf jeder Seite. Demnach ist dieses Kriterium untauglich zum Auffinden eines möglichen Lieferanten. Über die Betriebseigenschaften eines solchen Drehgestells mit nur 1 Feder pro Seite kann ich nichts sage, da ich kein Techniker bin, möchte aber Zweifel an dieser Variante anmelden. Da auch mir nur Abbildungen mit 2 pro Seite bekannt sind, gehe ich hier von einer einfachen Fehlinterpretation aus.

Aber andere Details führen zumindest zu einer möglichen, da naheliegenden Lösung. Vering & Waechter incl. Tochter DEBG bauten und betrieben im süddeutschen Raum insgesamt 10 Bahnen, darunter Mosbach-Mudau und die Jagstalbahn. Die süddeutschen Interessen von Vering & Waechter wurden vom Niederlassungsbüro in Freiburg aus vertreten. Die Lieferanten an rollendem Material waren über das ganze damalige Deutsche Reich verteilt. Nun hat jede Waggon- und Lokfabrik charakteristische Baudetails, welche eine vergleichende Zuordnung zulassen. Baut man jetzt ein Raster mit bestimmten Merkmalen von Güterwagen jener Bahnen auf, kann man bei Übereinstimmungen auf den Hersteller schließen.

In meinem Sieb sind neben den elternlosen Vierachsern 124, 125, 138, 331 und 332 die zweiachsigen Wagen 186, 187 und 188 der Mosbach-Mudauer Bahn hängen geblieben, welche eine deutliche Verwandtschaft aufweisen. Gebaut wurden diese 1903 von der Waggonfabrik Rastatt.

Die GG hatten auf beiden Seiten schmale Fenster bzw. Lüftungsöffnungen. Bei den Schiebetüren der Vier- und der Zweiachser waren die Riegel an der rechten Türkante angebracht, unüblicherweise wurden die Türen also nach links geöffnet. Dass dieser Zustand irgenwann geändert wurde zeigen die Bilder am Anfang des Threads (mit den schmalen Öffnungen im jeweils 2. Feld von aussen) und das Schrammsche Bild von Wangerooge (keine Öffnungen mehr). Bei dieser Gelegenheit entstand wahrscheinlich auch die abweichende Zahl der Bretter. Bei Seidel sind es übrigens je 13 Bretter. Als Ladegewicht gibt er beim GG 15,0 t an.
Ein weiteres Indiz sind die typischen geknickten Bühnengeländer, die sich in dieser Zeit bei keiner anderen Waggonfabrik, welche den süddeutschen Raum beliefert hat, so finden lassen

Ich hoffe damit etwas zum Thema beigetragen zu haben. Sicher wird es die Mehrheit interessieren, dass ich mich mit dem Gedanken trage die 3 Wagen für die Lasergang & Friends aufzulegen. Ähnlich wie bei den Harzwagen könnten auf dem identischen Unterbau verschiedene Varianten entstehen, vom Originalzustand 1907 bis zum Wangerooger Endstadium. Interessant in diesem Zusammenhang auch für die Inselbahner: Die Gang arbeitet am MEG Wagen 81 – 83, die Nr. 81 war ab 1971 auf Spiekeroog zu Hause, ab 2000 ist der DEV Bruchhausen-Vilsen der neue Besitzer. Pate des MEG Wagens ist Neu-Gangster Askan Lutteroth.

Wünsche noch einen schönen Abend

Michael
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Betreff: Diamond mit einer Feder

Beitrag von theylmdl »

Hallo!
Also, aus urheberrechtlichen Gründe kann ich das Bild von Stefan Motz aus Seite 103 Mitte des Wangerooge-Buchs von Malte Werning hier nicht zeigen, aber es ist mehr als deutlich zu sehen, dass es sich nur um eine zentrale Feder handelt.
Ob es sich dabei um einen nachträglichen Umbau handelt, kann ich natürlich nicht sagen.
Ich habe mich aber schon vor einiger Zeit daran versucht, das an dem Foto von H.P. Schramm zu verifizieren, und das Ergebnis verletzt wohl kein Copyright ;-)
Daher kann ich das Subminiatur-Bildchen hier wohl getrost hochladen - es war eine Feder je Seite bei allen mir bekannten Fotos.
Das Bild insgesamt findet sich bei
http://home.t-online.de/home/M_HP.Schramm/mmudau.htm , Wagen - Güterwagen - Die vierachsigen gedeckten Güterwagen.

Was nun?!
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Ausschnitt des GG138-Drehgestells - eine Spiralfeder.
Ausschnitt des GG138-Drehgestells - eine Spiralfeder.
diamond-1.jpg (2.8 KiB) 3243 mal betrachtet
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Re: Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Beitrag von Bahnindianer »

Hallo an alle,

sicherlich warten einige schon auf den Scan der Zeichung aus dem Seidel. Da ich die mir zur Verfügung stehenden Bilder ebenfalls mitschicken wollte muß ich diese aus den Büchern noch einscannene. leider hat sich gestern mein Scanner verabschiedet und so kann ich erst am Wochenende den neuen anschließen. Dann gehen die zeichung und das Bild jedoch schnellst möglich an alle ab die sich gemeldet haben.

Gruß vom Bahnindianer

Sorry, aber die Technik und auch sonst einiges meint es im Augenblick nicht gut mit mir.
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Re: Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Beitrag von Flachschieber »

Hallole

zum Gg 124 hab ich mir auch schon meine Gedanken gemacht als ich den geschlossenen Harzwagen Wagenkasten zusammengesetzt habe.Eigentlich könnte man den doch als Basis nehmen oder lieg ich da ziemlich daneben?
Meine 99 7203 möchte nämlich auch etwas zum ziehen haben.Unter anderem würde sich der Wagen eignen.

Grüße

Marco
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Anmerkungen zum GG124 / 125 / 138

Beitrag von theylmdl »

Hallo!

Ich habe mir noch einmal alles vorgenommen, was es bisher so an Bild- und Zeichnungs-Material gibt. Hier das Ergebnis der Vergleiche.

Die Zeichnung im "Seidel" zeigt den Kar124 mit zwei gebremsten Drehgestellen und Druckluft-Bremse. Die Drehgestelle haben zwei Federn. Die Pufferhöhe liegt laut Zeichnung am zulässigen Minimum für beladene Wagen und höchste Abnutzung der Radreifen entsprechend BS (max. 750, min 650mm). Die Puffer sind unterhalb der eigentlichen Bohle gezeichnet.
Die Zeichnung zeigt die Bremserbühne rechts, die sichtbare Tür öffnet sich weg von der Bühne nach links. Die Bühne hat ein Geländer mit abgeschrägten Ecken oben. Der Wagenkasten hat 13 Bretter, die Tür zwölf.

Auf dem Foto von M. H.P. Schramm (Wangerooge) ist deutlich zu sehen, dass der GG138 zumindest keinen mittigen Bremszylinder hat (freier Durchblick unter dem Wagenboden). Es ist gerade noch so zu erkennen, dass die Drehgestelle nur eine Feder haben. Die Tür hat wahrscheinlich elf Bretter, die Seitenwände haben neun. Die Tür wie in der Ansicht der Seidel-Zeichnung öffnet zum Bremserhaus hin, also anders herum, und hat im Gegensatz zur Zeichnung eine Diagonalstrebe. Der Wagenkasten hat keine Ladeluken bzw. Lüftungsklappen. Ob das zweite Drehgestell gebremst ist, ist nicht zu erkennen. Die jeweils äußersten Felder des Wagenkastens sind etwas breiter als die anderen. Wie das Geländer der Bühne aussah, ist wegen eines Pfostens im Foto nicht zu erkennen. Der Wagen hat keine Bremskennzeichen. Das hat aber nicht viel zu sagen.

Auf dem Foto des 124, das Masche eingestellt hat, ist die andere Wagenseite zu sehen (Bühne links). Die Tür öffnet sich wieder weg von der Bühne (nach rechts). Der Wagen hat Lüftungsklappen. Diese sind jedoch höher als in der Zeichnungen (über zwei volle Bretter).
Der Wagenkasten hat 14 Bretter oder das unterste Brett ist viel breiter als die darüber (!), die Tür wahrscheinlich 13. Die Tür hat keine Diagonalstrebe. Das Bühnengeländer ist wie in der Zeichnung abgeschrägt, die Lage der äußeren, senkrechten Streben ist jedoch vom Rand der Pufferbohle nach innen abgerückt, die schrägen Enden laufen ein Stück frei und enden in der typischen Ausrundung (abweichend von der Zeichnung).
Entsprechend den Bremskennzeichen hat der Wagen nur Luftleitung und keine Druckluftbremsanlage. Mit etwas Gamma- und Kontrastkorrektur ist links zu erkennen, dass der Puffer _nicht_ so tief sitzt wie auf der Zeichnung. Die Außenkanten der äußeren Rahmenlängsträger schließen bündig mit dem Wagenkasten ab.

Zu guter Letzt gibt es noch das Foto aus dem Wangerooge-Buch, dass die Drittbesetzung der Nummer 66 zeigt. Dieser Wagen ist der ursprüngliche GG125 und kam 1971 schon zum XX umgebaut auf die Insel, zusammen mit dem 65''', ex GG124. Wagen 65''' wurde 1998 und 66''' 1999 verschrottet.
Der GG138 kam erst 1973 nach Wangerooge und erhielt die Nummer 40. Er wurde 1998 verschrottet.
Das Foto zeigt deutlich, dass die Drehgestelle nur eine Feder hatten, die Puffer unten an der Pufferbohle angebracht waren und nicht darunter, das Bühnengeländer gerade war (mit einem Querbrett in der Mitte, Rahmen aus Winkelprofilen) und nur ein Drehgestell gebremst war. Die Handbremskurbel sitzt in Fahrtrichtung rechts, auf der Zeichnung (Seidel) links, auf dem Foto des GG124 (wahrscheinlich) auch links.
Die Außenkanten der äußeren Rahmenlängsträger schließen auf dem Foto von Stefan Motz (Werning) nicht ganz mit dem Aufbau ab; das kann aber eine Folge des Umbaus sein. Das gilt auch für das Bühnengeländer; vielleicht wurde es beim Umbau auf XX auch neu gebaut. Der Wagen zeigt keinerlei Anzeichen einer Druckluftbremse oder -Leitung. Das gebremste Drehgestell hat auf dem Foto Scheiben-, das andere Doppelspeichenräder.

Es darf angenommen werden, dass der von mir gezeichnete GG138/Wangerooge 40 gar nicht baugleich mit den Wagen GG124/125 war, sondern ähnlich. Ein Vergleich der Zeichnung mit dem Foto von H.P. Schramm lässt vermuten, dass die Längenmaße gleich waren, aber die Höhe leicht abweicht.
Für diese Annahme sprechen:
- die unterschiedliche Türöffnungsrichtung (belegt)
- die unterschiedliche Bretterteilung (ebenfalls bewiesen)
- Der Sprung zwischen den ursprünglichen Betriebsnummern

Schöne Grüße -
Zuletzt geändert von theylmdl am So 6. Feb 2005, 18:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Beitrag von Masche »

Guten Abend,

ich habe jetzt das Bild mit höherer Auflösung gescant.

--> www.2-e.de/bilder/gg124.jpg <--

Viele Grüße

Martin[/img]
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Re: Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Beitrag von fido »

Hallo Martin,

vielen Dank für das Bild. Ich habe das Bild nun etwas optimiert, aber um es gut hinzubekommen, hätte ich eine Auflösung von 300DPI gebraucht.
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GG 124
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:runningdog: Viele Grüße, fido
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Vergleich Foto / Zeichnung GG124

Beitrag von theylmdl »

Hallo!
@fido: Vielen Dank für die schnelle Überarbeitung des Bilds.
@Masche: Unterstützt Dein Scanner so etwas wie "Farbfoto entrastern"? Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, weil das Bild zwar insgesamt unschärfer wird, aber die Raster sind nachträglich praktisch kaum zu entfernen - und eine anschließende Umwandlung in Graustufen mit der Bildbearbeitung gibt meist auch bessere Resultate.
Ich habe mir 'mal die Zeichnung und das neue Foto vorgenommen und dabei eine ganz Reihe von Abweichungen gefunden, die ich gerade nach und nach aufschreibe, während ich eine neue Zeichnung des GG124 in der Art wie die des GG138 anlege.
Das Foto sagt ja wohl die Wahrheit ;-)
Ich hoffe, dass ich bis Sonntag mit der Liste durch bin, dann stelle ich sie hier vor.
Schöne Grüße -
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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fido
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Re: Vergleich Foto / Zeichnung GG124

Beitrag von fido »

theylmdl hat geschrieben:aber die Raster sind nachträglich praktisch kaum zu entfernen
Hi Thomas,
das ist mit Photoshop nachträglich kein Problem, wenn das Bild in der doppelten Auflösung des Drucks gescant (meistens passt 300DPI) und ist guter Qualität gespeichert wurde (nach hoher JPEG-Komprimierung geht leider nichts mehr).
:runningdog: Viele Grüße, fido
theylmdl
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Re: Güterwagen GG 124 Mosbach-Mudau

Beitrag von theylmdl »

Hallo!
Ich habe jetzt eine erste Fassung einer Zeichnung des GG124.
Es gibt aber noch viele offene Fragen, und Einiges an der Zeichnung ist noch ziemlich spekulativ. Ein paar Sachen sind beim Neuzeichnen aber auch klar geworden.
Bevor jemand die Zeichnung als Basis für einen Nachbau benutzt, sollte die Textdatei im Zip-Archiv gelesen werden. Da werden die kritischen Punkte aufgezählt.
Tatsache ist mittlerweile, dass der GG124 zumindest zu DB-Zeiten ein Diamond-Drehgestell mit zwei Federpaaren hatte (siehe Bild im Diamond-Thread).
Viel Spaß beim Tüfteln an den noch offenen Fragen!
Dateianhänge
Vorschau-Bild der Zeichnung. Die ist 1620 × 480 Punkte groß.
Vorschau-Bild der Zeichnung. Die ist 1620 × 480 Punkte groß.
gg124-20050206.zip
Zip-Archiv mit der Zeichnung in Originalgröße und der Textdatei
(16.81 KiB) 411-mal heruntergeladen
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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