"...Die finden zwar die Gegend toll, haben aber keine Lust, Zug zu fahren und evtl. "langweilige" Bahnanlagen oder Bahnhöfe zu besichtigen."
Na dann sollen sie doch statt in Österreich, im Engadin oder im restlichen Graubünden wandern oder sich auch vom Zug aus die herrliche Landschaft ansehen.
Ich find das immer sehr schade zu hören, dass die Frauen (und Kinder) zu Hause gelassen werden wenn man zur RhB fährt.
Während Du auf den Bahnanlagen rumkriechst kann Deine Familie sich ja den Ort ansehen oder tolle Wandertouren unternehmen oder den ein oder anderen Berg besteigen.
Schade für Deine Familie dass die diese Einstellung haben...
Hallo Lupo und alle Buntbahner
Zuerst: Der RhB-Dirk hat recht. Die RhB sollte man mit der ganzen Familie befahren. Da staunen auch nicht "Angefressene" (auch Frauen) nur noch. Eine Erinnerung aus miner Kindheit: Da war ein Deutscher mit uns im Zug, rannte von einer Wagenseite zur andern und als wir über den Landwasserviadukt fuhren, brüllte er durch den ganzen Wagen: "Ich habe schon vieles gesehen, aber sowas noch nie!" Diese Szene werde ich nie vergessen.
Die Bahnexpeditionen kann man immer mit andern Sachen verbinden. Wie ich schon schrieb, z.B. mit einer Fahrradtour mit Picknick oder Schlossbesichtigung. Viele Wanderwege führen entlang der Bahnstrecke. Es gab sogar einmal ein Taschenbüchlein: "Wandern mit der RhB", geschrieben von meinem Freund Tibert Keller, Bruckmann-Verlag, Herausgabe im Jahr 2000. Dadrin werden auch auf kulturelle Schätze Graubündens aufmerksam gemacht, wie Kirchen, Burgen, Dörfer usw. Im weiteren sind sonst noch viele Tips drin. Und nochmals: Etwas Vergleichbares zum Engadin gibt es nicht!
Jetzt zur Berninabahn: Diese Strecke ist landschaftlich, technisch und klimatisch etwas besonderes:
1. Sie führt offen über die Alpen und nicht in einem Scheiteltunnel wie z.B. Albula, Gotthard, Lötschberg. Sie klettert mit 7%-Steigung auf über 2250m über Meer und die Gletscher sind zum greifen nahe. Wenn Du mit der Bahn noch eine Stunde fährst, bist im total südlichen Ambiente z.B. im gepflegten und sehenswerten Borgo (Städtchen) von Poschiavo, oder Du ruhst Dich im Schatten der Kastanienbäume beim Kreisviadukt von Brusio aus, oder Du erlebst das Chaos einer italienischen Stadt in Tirano im Veltlin, wo ein ausgezeichneter Wein wächst. Zudem verläuft das Gleis am Berninapass über der Waldgrenze. Die Bahn ist in der Hochgebirgslandschaft problemlos fotografierbar, während z.B. die Albulastrecke über weite Strecken durch Nadelwälder führt.
2. Technisch ist sie besonders, weil sie (jetzt) als einzige Linie der RhB mit Gleichstrom betrieben wird (übrige mit Wechselstrom), 45m-Radien aufweist, viele Züge zusätzlich mit Güterwagen verkehren (Stammholz nach Italien, Mineralöl von Italien), eine Gebirgsbahn ist und trotzdem wie eine Strassenbahn durch die Dörfer fährt (S. Antonio, Le Prese, Campocologno und Tirano). Hier fahren spezielle Triebwagen (z.B. Tw 32 und 34 von LGB) und Kleinloks die nicht auf dem übrigen Netz einsetzbar sind. Dann gibt es noch die beiden Diesel-elektrischen Gem4/4 Nr. 801 und 802 welche mit Dieselantrieb als einzige die ganze RhB befahren können, am Bernina aber auch ab Fahrdraht gespeisen werden können.
3. Die meisten Leute fahren im Sommer/Herbst mit der Berninabahn. Aber fahre einmal im Frühling (Mai)! Auf Ospizio Bernina (2253 müM) ist noch tiefer Winter, der Lago Bianco ist noch von grossen Eisschollen durchsetzt, dafür in Poschiavo (1014m üM) ist der Frühling schon da und in Tirano (429m üM) ziehst Du bei sommerlichen Temperaturen endgültig die Jacke aus. Drei Jahreszeiten innerhalb von 2 Stunden! Wo gibt es das sonst noch?
Im Hochwinter kann bei Schneesturm auf der Passlandschaft der Teufel los sein. Die Schneeverwehungen türmen sich meterhoch. Die Räumkomposition bestehend aus Triebwagen und Räumer (ein besonderes Gefährt, das den Schnee von der Seite in die Gleismitte zieht) und der eigentliche Schleuderzug sind dann pausenlos im Einsatz.
All dies kannst Du wirklich nur mit der Berninabahn erleben. Für mich die Bahn der Superlative.
Eine weitere Gegend wurde bis jetzt in den Antworten vergessen: Die Ruinaulta. Das ist die Rheinschlucht zwischen Reichenau-Tamins und Ilanz an der Linie nach Disentis. Sie führt durch das grösste Bergsturzgebiet Europas und ist mit Amerikas Grand Canyon vergleichbar. Nur Wanderwege und die Bahn aber keine Strasse (zum Glück!) führen durch die Schlucht. Wenn Du mitten drin stehst, kommst Du Dich als Mensch ganz klein vor.
Ich empfehle Dir nebst dem obenerwähnten Wanderbuch die Spezialnummern vom Eisenbahn-Journal, Fürstenfeldbruck über die RhB zu besorgen (bis jetzt 5 Ausgaben). Sie wurden von Beat Moser und mir verfasst. In nächster Zeit wird der Teil 1 aktualisiert und neu aufgelegt und für den Bernina kommt im August eine völlig neue Ausgabe. Dadrin wird auch immer auf das Touristische Angebot und Spezialitäten, die nicht eisenbahnspezifisch sind hingewiesen (Sorry, für die kleine Werbung in eigner Sache).
RhBDirk hat geschrieben:Schade für Deine Familie dass die diese Einstellung haben...
Zugegeben, etwas schade finde ich das auch. Aber ich denke, dass ist für unsere Familie die beste Lösung. Frau, Kinder und Hund in Östereich auf dem Reiterhof (reiten fast alle) und ich kann dann in Ruhe alles geniessen und auch mal spontan irgendwo etwas länger bleiben, oder sofort wieder weiter reisen.
Es sind ja auch nur ein paar Tage, anschließend fahr ich dann für den Rest des Urlaubs zur Familie...
Nach allem, was ich bis jetzt so von Euch erfahren habe, werde ich auf jeden Fall die Berninastrecke fahren. Chur - Arosa wahrscheinlich auch. Wo ich sonst noch so hinkomme... mal sehen. Etwas Flexibilität ist immer gut.
Apropos Felxibilität. Ist jemandem bekannt, wie in der Gegend zum Ende Juli die Auslastung der Hotels ist? Muss ich da vorbestellen, oder bekommt man da normalerweise so ad hoc immer ein Zimmer? Ist ja schließlich touristisch ziemlich erschlossen.
Hallo Lupo
Im Sommer kannst Du problemlos spontan gehen. Das mache ich meistens auch so. Ich gehe davon aus, dass Du nicht gerade die Nobelsuite im "Place" in St.Moritz buchen willst. Nächtige unbedingt einmal in Ospizio Bernina oder Alp Grüm. Es ist ein Erlebnis.
Ich werde anfangs Juli wahrscheinlich eine Woche auf Ospizio sein, um noch einiges zu rekognoszieren. Auch alleine, die Familie fährt nach Uebersee zur Familie meiner Frau. Vielleicht können wir es so einrichten, dass wir uns begegnen. Wir bleiben sicher im Kontakt.
Wenn es einer von Euch nach Brusio runter schafft und in Brusio aussteigt, koennte Ihr fuer mich die Kirche direkt hinter der Station mal von allen vier Seiten fotografieren? Ich habe die Tuerme schon ausgeschnitten, aber alles andere fehlt noch, da auf meine Bildern von der Station verdeckt.
Peter,
leider beginnen unsere Schulferien erst Ende Juli , so dass wir uns erst am 26. Juli auf den Weg nach Östereich machen. Das bedeutet, dass ich nicht vor dem 28. Juli in der Schweiz bin - schade. Aber vielleicht gibt es ja noch mal andere Gelegenheiten.
Axel,
mal seh'n. Bin ja flexibel was Route und Stationen angeht. Der Kreisviadukt ist sicherlich lohneswert mal in Ruhe anzusehen - dann nehm ich die Kirche in Brusio auch noch mit. Auf meinen Chip passen ca. 250 Bilder. Das sollte für alles Interessante reichen.
Hallo Lupo, Axel und alle andern
Vielleicht bin ich auch noch Ende Juli nochmals mindestens am Wochenende oben, kommt auch auf das Wetter an. Die Familie kommt am 1. Aug. zurück. Kontaktiere mich auf jeden Fall noch. Bin unter peter.rhb@tiscali.ch erreichbar.
Axel
Es gibt zwei Kirchen im nahen Umkreis der Station Brusio, die protestantische und die katholische. Welche willst Du? Persönlich gefällt mir die Protestantische von der Form her besser. Sie hat eine feinen barocken Kirchturm, wie man ihn oft in Graubünden und südlich der Alpen (auch in Italien) findet und ist etwas kleiner als die katholische Kirche. Diese hat übirgens eine Uhr, während der Turm der protostanitischen Kirche zeitlos ist.
Mein Traum ist übrigens, die Kirche Madonna di Tirano und einige Häuser darum herum im Modell zu haben und den Zug wie in der Realität mitten über den Platz vor der Kirche fahren zu lassen. Wer einmal in Tirano ist, sollte sich diesen Platz nicht nur wegen seiner räumlichen Struktur und der Kirche, sondern auch wegen dem Ambiente - unbedingt anschauen gehen. Es hat dort übrigens auch zwei gute Kaffeebars, wo man bei einem Espresso das Geschehen verfolgen kann.
An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an Peter Pfeiffer!
Wir kommen gerade von unserem Kurztripp zurück, den wir nach seinem Rat gestaltet haben. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass wir uns am Sonntag ein wenig an seine geführte Bahntour anhängen konnten, und so eine unvergessliche Reise auf der Bernina Bahn hatten.
Unsere Tour startete am Samstag in Davos, über den Albula nach St. Moritz. Am Sonntag sind wir gemeinsam mit Peter von St. Moritz nach Tirano und zurück gefahren. Es war wie Peter es beschrieben hat, man konnte innerhalb kurzer Zeit alle Jahreszeiten erleben. Interessant waren auch die vielen Erklärungen und Geschichten rund um die Bahn von Ihm. Allein die Höhenunterschiede von 2200m auf 400 m in kurzer Zeit sind schon gewaltig. Die Bernina Bahn ist eine eindrucksvolle Strecke, die Ihr unbedingt ausprobieren müßt.
Abends gabs auch die Chance etwas über die Gartenbahn zu fachsimpeln.
Am Sonntag sind wir dann alleine noch ins Unterengadin nach Scuol gefahren und dann durch den Tunnel über Klosters zurück nach Davos.