Offener Vierachser für IIf

Selbstgebaute maßstäbliche Schienenfahrzeuge mit/ohne handelsüblichen Zurüstteilen

Moderator: fido

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rocco53
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Offener Vierachser für IIf

Beitrag von rocco53 »

Hallo zusammen,
heute möchte ich Euch als Fortsetzung des Beitrages "Archbar-Drehgestelle für IIf" den jetzt eigentlich (fast oder ganz?) fertigen Waggon zeigen. Er hat kein konkretes Vorbild, jedoch mit umgerechnet 180 x 500 cm hat er in etwa die Maße der Vierachser auf der Otavi-Bahn, entnommen aus dem O&K-Faksimilekatalog von 1913/14. Im Modell sind das 22,2 x 7,8 cm für die Grundfläche.
Der Waggon ist gebaut aus Holz und Messing, hat ein Gewicht von 350 g = 4 t Gewicht beim Vorbild. Dadurch ergibt sich eine gewisse Rolldynamik, mit der ich den Begriff Eisenbahn verbinde.

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er kann schon rollen...

Die äußeren Längsträger sowie die Stirn-Querträger sind U-Profile 3 x 8 x 1 mm. Die inneren Längsträger sind 3 x 6 x 0,5 mm U-Profil. Die Querträger über den Drehgestellen sind 2 x 8 mm massiv. Die kleineren U-Profile bestehen aus 2,5 x 5 mm, 2,5 x 4 mm, 2 x 5 mm und zuletzt die Umrandungen der Wände aus 1,5 x 1,5 mm U-Profil. Alle Profile sind miteinander verlötet, dies habe ich gemacht mit einem Widerstandslötgerät, an dem man die Stromstärke einstellen kann von Stufe 1 bis 6. Dadurch ist es möglich, auch an voluminösen Teilen kleine Teile anzulöten.

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Lot schmilzt

Wie man hier sehen kann, schmilzt das Lot unter das Eckblech zur Hitze hin. Das Prinzip ist ja, dass dort die Hitze am größten ist, wo der Widerstand am größten ist, und das ist der Fall zwischen den Rahmenprofilen und dem Eckblech. Dadurch ist es möglich, das Eckblech anzulöten, ohne dass die Lötung im Rahmen aufgeht. Allgemein muss ich sagen, dass ich bei den gesamten Lötvorgängen kein einziges Mal den Fall hatte, dass eine Nachbarlötstelle aufgegangen ist. Und dies ohne Thermostopp! Das ist natürlich sehr hilfreich für den Baufortschritt. Man ist, glaube ich, schneller und vor allen Dingen - der Frust bleibt weg.

IMG 5908 (rocco53)
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Scharniere angelötet und die Umrandung des Seitenteils zum Löten fixiert

IMG 5912 (rocco53)
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...es funktioniert

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Anlöten der Seitenstütze

An diesem Foto könnt Ihr sehen, dass die zu verlötenden Teile auf einer Metallplatte festgeklemmt sind. Der Minuspol liegt an der Metallplatte an und wird über die beiden Messingbögen, die gleichzeitig die Lötkandidaten niederhalten und fixieren, übertragen. Kommt jetzt der Pluspol in Form des Kohlestabes auf das Messing, so wird der Stromkreis geschlossen und dort, wo die beiden zu verlötenden Teile nur lose aneinander liegen, ist der höchste Widerstand im Stromfluss und somit die größte Hitze. Ist das Lot geflossen, so unterbricht man sofort den Stromkreis, indem man den Fuß vom Schaltpedal nimmt. Später sieht das dann so aus:

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alle Tritte dran und auch der Rahmen für die Bremserplattform

Nun zu den Holzanteilen: Alle Brettchen wurden mittels Tischkreissäge aus einem Block Lindenholz (Schnitzholz aus dem Baumarkt) herausgeschnitten. Die Stärke für die Bodenbretter beträgt ca. 1,5 mm. Die Bretter für die Wände sind ca. 1,2 mm dick. Das ist natürlich zu viel für die Einpassung in die U-Profile der Umrandungen, deshalb habe ich sie an den Rändern auf ca. 0,5 mm Dicke reduziert. Das geht auch mit der Tischkreissäge. Alle Brettchen sind bearbeitet mit Drahtbürste, Skalpell und Stahlwolle. Als Farbe habe ich lediglich eine um 50% verdünnte Wasserbeize silbergrau aufgetragen, sonst nichts. Alle Nieten sind mit Sekundenkleber ins Holz eingeklebt. Die Verklebung zwischen Holzbrettchen und den Messingprofilen erfolgte ebenfalls mit Sekundenkleber.

IMG 5231 (rocco53)
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Bretter gebeizt mit Silbergrau und den Nieten z. T. eingeklebt

IMG 5234 (rocco53)
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Ansicht von oben

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vorbereitete Bretter der ersten Stirnwand mit oberer Abschlussleiste

Das Sandstrahlen habe ich gemacht mit einem mobilen Sandstrahlgerät nach einer Empfehlung vom Harzer Roller - das war ein super Tipp und ein herzliches Dankeschön an Dich dafür. Als Strahlmittel habe ich Aluminiumoxyd in der Körnung 50 my genommen. Sowas bekommt man, wenn man freundlich fragt, für einen Anteil in die Kaffeekasse aus einem Dentallabor.

IMG 6451 (rocco53)
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nach dem Sandstrahlen

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nach dem Sandstrahlen

Die Farbe: amerikanische Floquil-Railroad-Colors, erhältlich z. B. bei Old Pullman in der Schweiz. Diese Farben sind Extremisten: sehr dünne Farbschichten, äußerst feines Pigment, sie sind hitzebeständig und das bedeutet, dass man sie einbrennen kann. So habe ich jede einzelne Farbschicht bei 100 °C im Backofen getrocknet. Das geht schnell, ca. 5 Minuten, und nach dem Abkühlen kann man sofort mit der nächsten Farbschicht weiter machen. Vor allen Dingen werden fertige Farbschichten nicht durch sehr stark verdünnte Aufträge angelöst. Damit ist es möglich, auch ohne Spritzpistole einen Hauch von Farbe aufzutragen.

IMG 6456 (rocco53)
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Wagenkasten grundiert

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das reicht

Was man zu den Farben sonst noch erwähnen sollte, ist die Tatsache, dass sie wohl ziemlich giftig sind, jedoch wenn man am offenen Fenster oder draußen arbeitet, stirbt man nicht direkt daran. Und zum Schluss sieht es dann so aus:

IMG 6538 (rocco53)
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frontal

IMG 6549 (rocco53)
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Klappe zu...

Abschließend möchte ich noch sagen, dass es eine schöne Erfahrung ist und dass es für mich irgendwie ein Experiment war, diesen Waggon so auf diese Art und Weise zu bauen und zu Ende zu bringen. Ich glaube, man kann viel mehr, als man sich zutraut und deshalb möchte ich Euch ermutigen, sowas auch mal anzugehen, es lohnt sich...!
Viele weitere Fotos findet Ihr in dem entsprechenden Album unter meinem Alias rocco53. Viel Spaß beim Gucken!

Viele Grüße

Toni
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fspg2
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Re: Offener Vierachser für IIf

Beitrag von fspg2 »

Hallo Toni,
solche Beiträge finde ich toll :wink:
Zum Einen begrüße ich es, dass Du Feldbahn in 1:22,5 baust, zum Anderen finde ich Deine Art zu bauen und zu erklären einfach vorbildlich!
Wie schon bei den Drehgestellen gestartet, zeigst Du, dass das Ergebnis vorbildgerechter aussieht, wenn sauber gebaut wird :!:
Ich würde mich freuen, wenn noch weitere Bauten von Dir folgen!
Was für ein Widerstandslötgerät verwendest Du? Selbstgebaut? Ich bin momentan am überlegen, ein solches zu besorgen.
Zuletzt geändert von fspg2 am Mo 25. Jun 2012, 10:02, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße
Frithjof
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fido
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Re: Offener Vierachser für IIf

Beitrag von fido »

Hallo Toni,

danke für den tollen Baubericht und die vielen Infos zum Widerstandslöten.

Dein Modell ist großartig geworden. Besonders gelungen ist die detailierte Ausführung mit den Messingprofilen und die Holzbeplankung. Auch die Farbe und Strukur des Holzes gefallen mir sehr gut.

Für Deine nächsten Modelle gibt es aber auch noch kleinere Verbesserungen. Du solltest in Zukunft kleinere Nieten zu verwenden. Insbesondere sind die Nieten in den Bordwänden zu groß. Die Nieten im Rahmen wirken groß, aber da ich das Vorbild nicht kenne, mag mich mein Auge täuschen.

Eine weitere Verbesserung wäre die Verwendung von Hammerkopfschrauben oder wenigens Bolzenimitate (z.B. von Nolte) für die Befestigung der Holzbretter in den Profilen, denn beim Vorbild war dies nicht genietet, sondern verschraubt.
:runningdog: Viele Grüße, fido
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kartonbahner
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Re: Offener Vierachser für IIf

Beitrag von kartonbahner »

Moin Toni,
rocco53 hat geschrieben: ... Alle Brettchen sind bearbeitet mit Drahtbürste, Skalpell und Stahlwolle. Als Farbe habe ich lediglich eine um 50% verdünnte Wasserbeize silbergrau aufgetragen, sonst nichts. Alle Nieten sind mit Sekundenkleber ins Holz eingeklebt. Die Verklebung zwischen Holzbrettchen und den Messingprofilen erfolgte ebenfalls mit Sekundenkleber...
... auch wenn diese Art Fahrzeuge jetzt nicht "mein Thema" ist, schätze ich Deinen Baubericht und die damit verbundene Mühe ... auch wenn ich erst einmal googeln musste, was ein Widerstandslötgerät ist und wie es funktioniert... 8)

Was mich persönlich interessiert: Was ist das für eine Sorte Beize "Silbergrau"? Ich kenne bisher nur die beiden wasserlöslichen Beizen von Clou® "hellgrau" und "dunkelgrau". In den amerikanischen Modellbauforen wird oft über die Verwendung des Farbtons "silverwood" geschrieben; etwas Ähnliches gib es scheinbar hier bei WENZ ...Was hast Du verwendet?

Freundliche Grüße
Gerald
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Helmut Schmidt
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Re: Offener Vierachser für IIf

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Toni,

Gratulation zu dem sehenswerten gelungenen Wagen. :gut:

Auch ich wäre interessiert mehr über deine Arbeitstechniken zu erfahren. :heiss:

Nachtrag:

im Übrigen hatte Leo RHB hier aus dem Forum mal einen sehr guten Beitrag zum Gebrauch und Selbstbau eines Widerstandslötgerätes verfasst.
Helmut Schmidt
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Re: Offener Vierachser für IIf

Beitrag von rocco53 »

Hallo Euch allen,
zuerst ein dickes Dankeschön für Eure Kommentare- darüber habe ich mich echt gefreut und das gibt natürlich auch Motivation, weiter zu machen. Dass die Meßlatte jetzt doch einigermaßen hoch liegt finde ich eher reizvoll. Und die Kritik von Dir, Fido, ist berechtigt. Zumindest die Nieten in den Stirnwänden sind eher viel zu groß, aber ich hatte da noch so ein paar alte Messingnägel, die ich hier kurzerhand verwenden wollte- ich wollte das Teil halt fertig bekommen. Es sind nicht immer nur die Frauen, die an Ungeduld leiden...aber ich verspreche Besserung! Was nun das Interesse an diesem meinigen Lötgerät angeht, so will ich das mal eben klären: das Teil ist gekauft, wird gebaut von einem Elektroingenieur
und hat folgende Eckdaten:
Anschluss-Spannung 230 V
Leistung 280 VA
Feinsicherung 1,6 Amp. träge
Sek. Spannung 3,8 V
Ausgangsstrom max. 69,4 Amp.
Leistungsstufen: 6
Das Ein- und Ausschalten des Stromes erfolgt über einen Fußschalter. Die allermeisten Anwendungen erfolgen auf Stufe 3 oder 4, zumindest in unserer Baugrösse. Bei Stufe 6 wird die Spitze absolut weissglühend und man kann schon relative Brocken erhitzen, aber dafür ist dann besser die Flamme geeignet. Ach ja, der Preis dürfte bei ca. 530 runden Metallstückchen liegen. Meine bisherige Erfahrung ist ganz klar das Gefühl, daß hiermit Lötungen einfacher werden, die sonst z. T. sehr aufwendig bzw. schwierig sind. So, jetzt kommen noch ein paar Fotos von dem Gerät:
IMG 6562 (rocco53)
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So sieht es aus...

IMG 6564 (rocco53)
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Gesamtansicht mit selbstgebauter Ablage für die Lötspitze

Unten links in der Ecke des Fotos kann man den Fußschalter sehen.Und den Dreck auf dem Boden. Ist halt Werkstatt.
IMG 6567 (rocco53)
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Lötspitze/Kohlestab

Der Kohlestab wird mit den zwei Imbusschrauben festgestzt: die Vordere drückt den Stahleinsatz zusammen, die Hintere hält den im Griffstück beweglichen Stahleinsatz fest. Muss man nun den Kohlestab wechseln, dreht man beide Schrauben auf und zieht den Stahleinsatz nach vorne raus. Dabei öffnet er sich etwas und alter Kohlestab weg, neuer rein. Stahleinsatz wieder reinschieben, Schrauben anziehen und weiter geht´s. An diesem Stahleinsatz ist das Anschlusskabel zum Trafo hart angelötet. Der Metallschild am Griffstück ist Marke Eigenbau weil ich mal zu lange auf Stufe 6 war- da ist es dem Kunststoffschild etwas warm geworden und es ist in die Knie gegangen. So hab ich es leidlich repariert. Wer von Euch nun Interesse hat, sich mal so ein Spielzeug zuzulegen, die Bezugsquelle kann man bei mir erfahren. So, für heute ist es genug.

Viele Grüsse

Toni
Dassilov
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Registriert: Mi 26. Dez 2007, 12:02
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Re: Offener Vierachser für IIf

Beitrag von Dassilov »

Hallo Toni,

wie ich Dir zu Deinem Bericht über das Archbar-Drehgestell schrieb, habe ich auch ein Widerstandslötgerät und wie ich gesehen habe ist es vom gleichen Produzenten. Weil mir beim Löten das Griffstück zu heiß wurde, habe ich 2mm lange Distanzstücke aus 6mm Rundmessing zwischen Griffstück und Blechscheibe auf die Befestigungsschrauben aufgeschoben. Seidem erwärmt sich das Griffstück nicht mehr so stark.

Volker
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