Fräsproblem: Messing verzieht sich

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Moderator: fido

Lupo60
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Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Lupo60 »

Liebe Buntbahner und Fräsexperten,

ich bin gerade dabei, die ersten Erfahrungen mit meiner neuen Portalfräse zu sammeln und stolpere da gerade über ein Problem, das mir neu ist. Vielleicht habt Ihr ja einen Rat:

Aus rechteckigem 20 x 5 mm Stangenmaterial Ms58 sollen Teile mit Querschnitt 15 x 3,8 entstehen. Die Teile sind auf ihrer Oberseite weitgehend plan, es stehen nur 2 flache Konturen 0,3 und 0,5 mm heraus. Die Unterseite ist erheblich „lebhafter“.

Deswegen folgende Arbeitsfolge: Die Stange wird mit 4mm Parallelunterlagen auf dem Frästisch festgepratzt. Dann großflächig Anplanen der Oberseite auf 80 mm Länge mit zweischneidigem Fräser Durchm. 5 mm in 2 Durchgängen zu 0,3 mm, und Ausarbeiten der oberen Konturen als Inseln in 3 Durchgängen zu 2 x 0,25 und 1 x 0,3 mm Tiefe.

Danach ist angedacht, die Stange umzudrehen, auf der bereits planen Oberfläche aufzuspannen, damit Ober- und Unterseite parallel werden, dann plan fräsen und die kleinen Details mit kleineren Fräsern herauszuarbeiten.

Zu diesem zweiten Schritt bin ich jetzt gar nicht gekommen. Ich hatte die Oberseite wie beschrieben fertig gemacht, das Teil ausgespannt und festgestellt, dass ich etwas zu tief reingefräst habe. Höhentaster falsch eingestellt, Dummheit, aber das Teil wäre noch zu retten gewesen.

Aber, als ich es wieder einspannen wollte, stellte ich fest, dass sich die geplante, 80 mm lange Fläche so gute 2 mm nach oben gewölbt hat. Uuups. Hoppla. So etwas zu bändigen ist in meinem Spannkonzept nicht vorgesehen.

Jetzt bin ich natürlich am Grübeln, was da passiert ist und wie ich das vermeiden kann. Wenn die Randschichten des Vormaterials Druckeigenspannungen aufweisen, würde es sich nach oben wölben, oder wenn ich beim Fräsen Zugeigenspannungen einbringe. Wäre denkbar, weil ich ja durch die fehlerhafte Höhenmessung im ersten Durchgang unbeabsichtigt „Schwerzerspanung“ betrieben habe. Aber ich würde eher auf Druckeigenspannungen im Vormaterial tippen.

Was tun? Mit geringerer Zustelltiefe, sagen wir 0,15 mm abwechselnd Ober- und Unterseite anplanen, damit der Spannungsverlauf im Querschnitt einigermaßen symmetrisch bleibt?

Ist Euch so etwas schon mal passiert? Wie habt Ihr das in den Griff bekommen?

Für sachdienliche Hinweise jederzeit dankbar und mit vielen Grüßen

Wolfgang
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Helmut Schmidt
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Wolfgang,

MS 58 Stangenmaterial hat eine große Oberflächenspannung und wenn du eine Seite planfräst entsteht genau das Problem was du beschreibst.

Ich fräse überhaupt nicht plan sondern gehe von der Originaloberfläche nur in die Tiefe wo es nötig ist. Das ganze dann auch von 2 oder mehr Seiten. Je mehr Original-Material stehen bleibt, um so geringer ist der Verzug.
Helmut Schmidt
Lupo60
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Lupo60 »

Hallo Helmut,

ich hab's befürchtet, aber dankeschön!

Problem ist eben, dass ich nicht einfach nur eine Form herausfräsen muss, sondern ein modelliertes Teil. Und ich brauche das Anplanen nicht nur, damit's plan wird, sondern auch, um auf die Nennhöhe des Teils zu kommen.

Das würde heißen, dass ich da eigentlich nicht das 100% geeignete Vormaterial dafür habe. Was wäre denn besser? Einfach Blech statt Stange? Leider habe ich nirgends dickere Blechtafeln als 3 mm gefunden ... Unschön ist auch, dass der Profilquerschnitt nicht ganz rechteckig ist. Er ist leicht keilförmig, auf der einen Seite ca. 0,2 mm dicker als auf der anderen.

Im Moment muss ich erstmal mit dem auskommen, was ich habe. Und da habe ich mir erstmal überlegt, die Materialhöhe in 4 Schritten zu 0,3 mm zu reduzieren und es nach jedem Schritt zu drehen.

Im ersten und zweiten Durchgang würde ich an den Rändern noch jeweils 2 mm Originalfläche stehen lassen. Das sollte die Wölbung etwas reduzieren. Das, was sich im ersten Durchgang hochwölbt, kann hängt beim zweiten Aufspannen nach unten und da kann ich's beim Spannen wegdrücken.

Nach dem zweiten Durchgang ist dann die Oberfläche weg und damit hoffentlich auch die Spannung.

Im dritten und vierten Durchgang würden dann die Formfehler, die sich durch's Hochwölben ergeben haben bereinigt, und danach müsste das Teil dann ja halbwegs spannungsfrei und gerade sein.

Beim 3. und 4. Durchgang würde ich dann außerdem wieder die ganze Fläche bearbeiten. Damit könnte ich dann im 4. Durchgang die Keilform beseitigen und dafür sorgen, dass Ober- und Unterseite parallel zueinander liegen.

Auf dem Papier bzw im Kopf sieht das eientlich recht gut aus. Mal schauen, ob die Realität da auch mitspielt.

Sollte da irgend ein Denkfehler drin sein, wäre ich für Hinweise weiterhin sehr dankbar. Ich bin zwar als nicht mehr ganz Anfänger, aber doch Neuling in der Trial-and-Error Phase, aber muss ja nicht jeden erdenklichen Error mitmachen ...

Nochmal vielen Dank für's Lesen meiner Endlos-Texte und für die Mithilfe!

Liebe Grüße
Wolfgang
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Henner (Henry)
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Henner (Henry) »

Ich kenne das von kaltgezogenem Stahl. Dort hilft weichgluehen. Ob das bei Messing auch klappt, weiss ich nicht.
Gruss
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Helmut Schmidt
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Wolfgang,

weichglühen von Messing ist nicht die Lösung, denn dann verliert es die Härte die du benötigst es fräsen zu können.

Ich beziehe mein Messing bevorzugt bei Wilmsmetall das ist im Allgemeinen sehr präzise und die Abweichungen kannst du allenthalben noch im Hundertstel-Bereich feststellen.

Auch wird die Stange beim Herausfräsen länger das gilt es alles zu beachten.

Bild
Hier ist das Material gerade erst von 1 Seite mit dem 3 mm Fräser bearbeitet worden. Durch Niederhalter kann es gerade noch auf dem Tisch gehalten werden.

Bild
Nach dem Lösen vom Tisch, sieht man deutlich, wie sich das Material durch die einseitige Bearbeitung verzieht.
Helmut Schmidt
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Hans_L »

Es wird Dir nichts anderes übrig bleiben, als von beiden Seiten in kleinen Schritten möglichst symmetrisch das Material abzunehmen, ich weiß, es ist nicht einfach, aber anders geht es nicht vernünftig.
Es soll aber Spzialisten geben, die das mit einer Dornpresse richten können, ist mir aber noch nicht gelungen
Gruß
Hans
Gruß
Hans
Lupo60
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Lupo60 »

Hallo zusammen,

nochmal vielen Dank für Eure Hilfe und Antworten!

Ich habe es jetzt, wie oben beschrieben, in 4 Schritten zu je 0,3 mm abwechselnd oben und unten runtergefräst. Und siehe da: Es ist jetzt auch gerade geblieben und auch tatsächlich, wenn ich die 1/100, die das Messschiebrdisplay zeigt, mal kaufmännisch runde, auch wirklich rechteckig und in der richtigen Höhe geworden.

Wieder was gelernt. Wobei mir Helmuts Bilder von diesem Gitterrost :shock: durchaus zu denken geben. Ich denke, da werde ich noch einiges an Lernkurve zu bewältigen haben.

Aber dass es geht, zeigen ja Eure Arbeiten. Schön, dass man Euch fragen kann. Nochmal danke dafür!

Viele Grüße
Wolfgang
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Helmut Schmidt
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Wolfgang,

kein Gitterrost aber Gitter schon.

Bild
3,2 m Geländergitter aus dem vollen gefräst.
Helmut Schmidt
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Lupo60 »

Hallo Helmut,

tüchtig! Ist vom Klosterstollen, stimmt's? Toller Modellbau!

Das CNC-Programm ist jetzt auch umgeschrieben und morgen geht's weiter bis zur nächsten Hürde oder - was ich begrüßen würde - bis die Drehgestellrahmen für einen Dampfloktender fertig sind. Die werden nämlich dringend für Fahrerprobungen gebraucht.

"Leider" ist es Spur N, so dass ich hier keinen Baubericht erstellen kann. Auch wenn ich mit 5-fach vergrößernder Lupenbrille arbeite und das Teil folglich in Spur 1 sehe. Aber einen Link dazu werde ich hier posten, damit Du mal schauen kannst, wobei Du mir geholfen hast.

Schönen Abend noch,
Wolfgang
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Helmut Schmidt
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Re: Fräsproblem: Messing verzieht sich

Beitrag von Helmut Schmidt »

Hallo Wolfgang,

ich komme auch von der Baugröße N und kenne das somit.

Das interessante hier im Forum ist, dass es sich eigentlich um Selbstbaugeht und den Ausstauch dazu geht.

Auch in HO habe ich Modelle selbst gebaut und sogar Bausätze entwickelt.

All das ist leider einem Hochwasser bei mir daheim zum Opfer gefallen und jetzt bin ich mit dem Maßstab 1:22,5 glücklich und zufrieden, schaue aber immer noch gerne über den Tellerrand hinaus.

Aktuell baue ich gerade an einer BR 212 im Maßstab 1:22,5 wovon etwas im Spannwerk zu sehen ist.
Helmut Schmidt
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