Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

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Moderator: Regalbahner

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Sörn
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von Sörn »

Hallo allerseits,

als Späteinsteiger möchte ich auch nochmal meinen Senf dazu geben.

WLAN ist nicht so störanfällig wie manch einer das hier behauptet, bzw. gibt es beobachteten Störungen nicht ganz so einfache Gründe wie landläufig gern behauptet wird. Vor allem wird gerne mal gesagt, dass WLAN (aka IEEE 802.11) nicht so richtig funktioniert, weil es einfach zu viele Menschen nutzen würden. Oftmals wird im selben Atemzug direkt eine andere Technologie angepriesen die alles "viel besser" macht, weil sie Verfahren nutzt die das vermeiden sollen. WLAN ist jedoch bei weitem nicht so einfach gestrickt wie es gern dargestellt wird.

Um Störungen (Jamming) durch Nachbarsender zu vermeiden gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Verfahren: Frequency Hopping oder Spread-Spectrum Verfahren (aka "run or hide"). Bei WLAN kommen letztere (z.B. in Form von DSSS) zum Einsatz. Dank spread-spectrum Verfahren ist es sehr wohl möglich, dass verschiedene Teilnehmer den selben Kanal belegen ohne sich dabei zu stören.

Der Grund dafür, dass WLAN trotzdem für viele Leute nicht so richtig funktioniert liegt viel mehr darin, dass Reflexionen das Signal auf unvorhersehbare Weise beeinflussen. Wird eine Welle an einer Wand oder einem Gegenstand reflektiert, wird ihre Phase verschoben. Gegensätzlich verschobene Wellen annullieren sich. In geschlossenen Räumen ist dieser Effekt viel stärker zu beobachten (als "schlechter Empfang") als im Freien. In besonders reflektierenden Stahlbetonkonbunkern kann es also sein, dass man im Nachbarraum kein Signal hat, obwohl weit und breit kein Nachbar ist, weil ein Teilnehmer durch sein "Echo" die eigenen Signale auslöscht. Abhilfe schafft hier eine Reduktion (!) der Sendeleistung.

Zudem ist bei WLAN vorgesehen, dass Teilnehmer zuerst auf dem Kanal lauschen bevor sie senden. Es gibt, sofern niemand absichtlich am WLAN Treiber hantiert :twisted:, durchaus eine faire Zuteilung von Ressourcen (Back-Off-Time und Zeitschlitze). Diese faire Zuteilung funktioniert allerdings nur, wenn alle Teilnehmer sich gegenseitig sehen (vgl. Hidden Station Problem). Im Managed Mode (d.h. Betrieb mit Accesspoint) tritt dieses Problem selten bis garnicht auf, da der Accesspoint die Zuteilung der Zeitschlitze übernimmt. In diesem Modus kann jeder verbundene Teilnehmer durchaus so etwas wie eine garantierte Mindestdatenrate erwarten (eine Modellbahnsteuerung benötigt nicht viel!).

Wer jetzt mal andere Techniken vergleicht, wird feststellen, dass es viele Gemeinsamkeiten mit konkurrierenden Verfahren gibt. Es gibt Verfahren die statt Spread-spectrum auf Frequency Hopping setzen oder gleich Beides. Die o.g. Probleme bestehen allerdings weiterhin, ganz egal welches Verfahren zum Einsatz kommt.

Grundsätzlich sehe ich gegenüber Zigbee und co. keine Nachteile und wage mal zu behaupten, dass die dort eingesetzten Verfahren sich als ähnlich störanfällig erweisen.

WLAN könnte durchaus funktionieren für eine Modellbahnsteuerung. In der Praxis würde ich es dennoch nicht einsetzen, allerdings aus folgenden Gründen:

Energieverbrauch: Ich habe keinen (verbastelbaren) Transceiver gefunden der weniger als 100mA (und das sind bereits die geschönten Herstellerangaben) benötigt.

Accesspoints: Viele Accesspoints im Consumerbereich können maximal eine Hand voll Teilnehmer bedienen. Wer mit mehr als nur 5-10 Loks fahren möchte, muss etwas tiefer in die Tasche greifen und professionelle Hardware kaufen.

2,4GHz: Je kürzer die Wellenlänge, desto anfälliger ist ein System für Störungen durch Reflexionen oder Hindernisse. Ich würde eher auf eine niedrigere Frequenz ausweichen. Bei WLAN setzte man auf eine relativ hohe Frequenz um eine hohe Symbolrate und damit hohen Datendurchsatz zu erzielen. Bei einer Modellbahnsteuerung ist dies jedoch nicht nötig und eine solch hohe Frequenz eher ein Nachteil.

Stümperhafte Implementation: Durch diesen Thread habe ich mal ein wenig recherchiert und bin dort auf das Produkt von Trainline gestoßen. Ich habe das Anfangs für einen Aprilscherz gehalten. Ein kurzer Blick auf den Kalender verriet mir, dass die es tatsächlich ernst meinen mit ihrem Raspberry PI gebastel. :smt119

Das Raspberry PI mag für viele Basteleien attraktiv sein, aber in einer Lok hat es nichts verloren. Zu den relativ großen Maßen muss man im übrigen auch noch USB-Stecker für WLAN Transceiver hinzu addieren, denn das ist schließlich nicht auf dem Board verbaut. Es gibt wirklich viele Alternativen die viel kleiner sind und WLAN direkt onboard haben, z.B. das Carambola 2 oder der vocore. Hätten die Entwickler bei Trainline mal 5 Minuten Zeit in Google investiert, wäre vielleicht ein Produkt entstanden das auch in eine Stainz passt.
Dennoch habe ich Respekt vor diesen Leuten, denn um so eine Bastelei als echtes Produkt zu verkaufen, muss man schon wirklich Cojones haben - ich würde mich das nicht trauen ;-)
ateshci
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von ateshci »

@Sörn
Zur Stainz und WLAN: hier ab Nr. 4 und hier
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Pirat-Kapitan
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von Pirat-Kapitan »

Sörn hat geschrieben:Zu den relativ großen Maßen muss man im übrigen auch noch USB-Stecker für WLAN Transceiver hinzu addieren, denn das ist schließlich nicht auf dem Board verbaut.
Hallo Sörn,
Du hast leider die Ausmaße der WLAN-Antenne noch nicht berücksichtigt. Meine mißt (ohne den WLAN-Adapter) stolze 39 cm. Das krieg ich beim besten Willen nicht mehr in eine Stainz :roll:
Aber mein Fuhrpark umfaßt ja hauptsächlich andere Loks, da wird sich noch etwas passendes finden.

Schöne Grüße
Johannes
ateshci
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von ateshci »

Um mal auf den Titel des Threads zurückzukommen:
Ich habe ja nun ausreichend, z. B. in Maasdorf und in Griesheim, bewiesen, dass mit dem 'Standardaufbau' - Router in der Mitte, Handy in der einen Ecke und Lok hinter einem Busch, einem Erdaufwurf oder im Tunnel - nicht unbedingt der Fisch vom Teller zu ziehen ist. Sprich: Es gibt Verbindungsabbruch.
Bis ich denn mal ZigBee ausprobiert habe. Kurz gesagt stellt man da einfach ein Zigbee-Modul ( das kann natürlich auch eine andere Lok sein, die passend anzutreffen ist ) so auf, dass über dieses ein 'Um-die-Ecke-Gucken' möglich ist, und schon wird automatisch ein vorher aus dem Bereich des Netzwerks verschwundener Teilnehmer wieder gefunden und ist wieder ansprechbar. Daneben gibt es noch ein paar sehr schöne Eigenschaften, die aus der automatischen Netzkonfiguration kommen, aber das kommt später. Bisher ist in den ersten Tests Lokfahren mittels ZigBee wesentlich stressfreier als WLAN.
Gruß vom Heizer
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fido
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von fido »

Hi ateshci,

Du meinst mit 'Um-die-Ecke-Gucken' ein Mesh? Ich dache, das gibts nur bei z-wave...

Die Idee ist aber gut.
:runningdog: Viele Grüße, fido
ateshci
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von ateshci »

@fido
das Mesh ist Standard beim Netzaufbau eines PAN mit z. B. telegesis Modulen. Die Sendeleistung ist allerdings nur höchstens 6mW ohne weitere Maßnahmen. Wenn ich damit allerdings 50m weit kommen sollte, juckt's auch nicht.
Gruß vom Heizer
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von ateshci »

Ich habe gerade mal in meinem Development Kit gereust und siehe, es sind auch noch Module mit +20dBm Tx dabei, deren Stromverbrauch mit max 140mA wesentlich günstiger liegt als der vergleichbarer WLAN-Komponenten. Damit kann man schon Reichweiten erzielen und man sollte sie auch für Freilandanwendungen nutzen. Außerdem habe ich das 'um die Ecke gucken' mit 8dBm mal ausprobiert. Ich schleppte also ein Modul im Haus soweit weg, dass seine Datenübertragung wegen Decken und Wänden zusammenbrach. Dann stellte ich einfach 'auf halbem Weg' ein anderes auf, schaltete es ein und nach 1 Minute kamen die Daten des ersten wieder an. Wenn man dann das Zwischenmodul aus- und wieder einschaltet, geht es schneller, weil es sich das PAN gemerkt hat.
Gruß vom Heizer
ateshci
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Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von ateshci »

Hallo allerseits, wer den gegenwärtigen Stand meiner Spielereien erfahren möchte, kann es ab hier nachlesen
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bahnrolli
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von bahnrolli »

Hallo zusammen,

habe die die WLAN-Geschichte nun auch mal ausprobiert ... und bin an die Grenzen der Technik gestoßen :shock: ](*,)

Ausgangspunkt: Spur-1-Anlage der MEV Friedrich List e.V. über 66 x 13 m, mein "Steuergerät" iPhone 6 via App iRoc, Software der Leipziger RocRail aktuelle Version, Anbindung über "stinknormale" WLAN-Router + 1 Repater - die Leipziger waren so freundlich, mich in ihre "Verwaltung" aufzunehmen und eine Lok steuern zu lassen.

Zu den betriebsruhigen Zeiten war das auch kein Thema, da funktionierte es bis ca. 25 m, erst dann trat "Connection lost" auf.

Interessant wurde es aber, sobald die Zuschauerzahl im Depot anstieg, da reichte die störungsfreie Verbindung noch nicht mal über 10 m.
Unsere Vermutung: Da nun auch mehr Zuschauer mit ihren Telefonen (damit auch Smartphones, deren WLAN-Module an sind) hier auf begrenzten Raum unterwegs waren, stiegen die Anfragen im Netzwerk an, die der Server zwar abwies, weil passwortgeschützt, aber die erst mal beantwortet werden mußten. Damit verloren dann die eigentlich zugelassenen Smartphones aber die Verbindung, weil ihre Anfragen nicht rechtzeitig beantwortet werden konnten - mit anderen Worten die Lok (so ca. 4000 Euro wert) fuhr dann steuerlos weiter. :huh: :parp:

Da ich mich aber sofort bemerkbar konnte, daß ich die Lok "verloren" hatte, übernahm ein Kollege die Steuerung und konnte die Maschine problemlos zum Stillstand bringen.

In dem Moment habe ich erst mal tief durchgeatmet..... :oops:

Übrigens ging es einem Kollegen ähnlich, da war es die Android-Variante, die zu spinnen begann.

Mag sein, daß es für kleine Anlagen und Einzelbetrieb eine mögliche Alternative ist, aber für Ausstellungen schlichtweg ungeeignet.

sonnige Grüße aus Schkeuditz

bahnrolli
Keep your bubbles silent und fall nicht in den Schnee!
volkerS
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Re: Lokbetrieb mit WLAN - nein Danke

Beitrag von volkerS »

Hallo Bahnrolli,
es sind nicht nur die Smartphones. Wahrscheinlich hätte es mit den ganzen Smartphones problemlos funktioniert. Es sind die Besucher. Der menschische Körper mit seinem Wasseranteil nimmt Sendeleistung auf. Wenn er dann noch zwischen dir und den Router steht, kommt nur noch ein Bruchteil der Sendeenergie beim Router an.
Volker
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