heute möchte ich euch ein neues Fahrzeug vorstellen, das den Fuhrpark der Semmelbahn ergänzen wird.
Es handelt sich dabei um einen V7E der Hamburger Hochbahn und ist damit mein erstes Hamburger Fahrzeug überhaupt.
Die Hamburger Straßenbahn ist den meisten Straßenbahnfreunden heute noch bekannt durch ihre sehr charakteristischen und formschönen vierachsigen Triebwagen. Vor allem die in den 40er/50er Jahren gebauten V6 und V7 kennt eigentlich jeder. „V“ steht dabei übrigens für „Vierachser“, die Zahl die Gattungsnummer. Die Zweiachser wurden demnach als „Z“ bezeichnet.
Auch dieses Projekt hat natürlich auch eine Entstehungsgeschichte, die ich kurz umreißen möchte.
Schon im Sommer 2012 besuchte ich das Museum am Schönberger Strand, wo einige Hamburger Straßenbahnen ausgesellt sind. So auch ein V6E und ein V7E.
Einige Detailfotos habe ich da schon vorausschauend auf Halde gemacht. Das Projekt aber erstmal nicht weiter verfolgt. Gerade keine Zeit, kein Budget und wenn dann wäre es nur ein einziger Wagen gewesen.

Im Frühjahr kam ich in Kontakt mit einem Hamburger Straßenbahnfreund, der auf der Suche nach einem Straßenbahnmodell in 1:22,5 war.
Für mich bot sich da die Möglichkeit den V7E anzubieten. Natürlich auch mit dem Hintergedanken mir einen solchen Wagen für die eigene Sammlung mitzubauen.
Selbst kennen gelernt habe ich – Kind der 90er – die Hamburger Straßenbahn nicht mehr. Hamburg selbst kenne ich aus meinen Kindertagen nur ohne Straßenbahn bei Besuchen an Wochenenden zum Einkaufen. Schließlich verbrachte ich meine Grundschulzeit ja in Lüneburg, wo ich Hochdeutsch – so naja – als erste Fremdsprache bereits in der ersten Klasse lernte.
Dass es in Hamburg mal eine Straßenbahn gab erfuhr ich erst um 2000 – inzwischen wieder in Mannheim wohnhaft – über das Internet.
Einst hatte Hamburg eines der größten Straßenbahnnetze in ganz Deutschland. Bereits um 1955 beschloss man das Nahverkehrsnetz neu zu organisieren. Man erkannte die Vorteile eines Schnellbahnsystems, auf das Buslinien im Hub/Spokes-System als Zubringer zulaufen. Vor allem ist es günstig, bietet konstante Auslastungen, ist weitestgehend störungsfrei und mögliche Störungen lassen sich gut in Grenzen halten. Die Ausrichtung der Straßenbahn auf die neuen Aufgaben des Oberflächenverkehrs sparte man sich, denn die Busse schienen hier von der Kapazität ausreichend. „Folgerichtig“ legte man die Straßenbahn im Herbst 1978 still.
Hier ein sehr interessantes Video über Hamburgs Abschied von der Straßenbahn (Doku von 1978): https://www.youtube.com/watch?v=XKBGQUHN7A8
Doch schon wenig später stellte man fest, dass sich die Schnellbahnen – die zwar erheblich ausgebaut wurden – nicht auf den gewünschten Ausbauzustand bringen ließen und auch die Busse an der einen oder anderen Stelle erheblich an ihrer Kapazitätsgrenze fahren.
Also machte man sich schon Mitte der 80er Jahre daran die Straßenbahn wieder einzuführen.
Leider schaffte man es sich bisher nicht damit an tatsächlichen Bedürfnissen zu orientieren, als an politischen Ideen. Also wurde die Straßenbahn immer wieder zum Politikum und baureife Projekte wiederholt bei Machtwechseln im Rathaus wieder zu den Akten gelegt.
Nun aber zum eigentlichen Fahrzeug:
Zum Schluss wirkte die Hamburger Straßenbahn mit fast 30 Jahre alten Wagen mit Rollenstromabnehmer (Hamburg war der letzte deutsche Betrieb, der diesen verwendete!) reichlich altmodisch.
Doch das war mal anders. Als Stadt&Hochbahn die Straßenbahn noch „lieb hatten“, war Hamburg einer der fortschrittlichsten Betriebe Deutschlands.

Ende der 40er entdeckte man die aktuellen modernen Großraumwagen des Schweizer Standardtyps und entwickelte nach deren Vorbild den Wagentyp V6, der 1949 der erste deutsche Großraumwagen überhaupt war. Noch Jahre bevor die DÜWAG derartige Fahrzeuge fertigte.

Hier ist ein solcher V6-Wagen 1961 im Einsatz zu sehen.
Wie auf diesem Bild leider nicht zu sehen, hatten die V6-Triebwagen anfänglich noch Schiebetüren, die später durch Schwingtüren ersetzt wurden.
Nach einem Probewagen 1951 wurde 1953-57 der Nachfolgetyp V7 gebaut.
Dieser ist maßlich mit dem V6 identisch, hatte jedoch schon von Anfang an Schwingtüren.
Später konnte man sie noch von den V6 gut dadurch unterscheiden, dass die V7 komplett eckige Fensterkanten hatten und die Regenrinne an der Front etwas hochgezogen war.
Ab Mitte der 60er erfolgte der Umbau zum Einmannwagen, wobei die Türanordnung von 1-2-2 in 2-2-1 geändert wurde. Der Einstieg erfolgte nun beim Fahrer. Der Fahrgast konnte das an einer beigen Bauchbinde an der Front erkennen.
Dieser Zustand sollte auch Vorbild für die Modelle sein.

Ein solches Fahrzeug ist im Museum Schönberger Strand betriebsfähig erhalten. Da es bei meinem Besuch etwas eingeparkt war, half mir Frank Muth mit diesem Foto aus.

Nach Sammeln der Maße und Fotos begann der Planungsprozess, der zwischenzeitlich immer mal etwas chaotisch anmutet.

So ist der Wagen in etwa aufgebaut. Besonders auffällig auch der kurze Drehzapfenabstand.
Dieser war durch eine kurze Schiebebühne bei den Fahrzeugwerkstätten Falkenried bestimmt.

Aus den geplanten Teilen entstand diese Zeichnung

Und hier wurden Beschriftung und Lackschema aufgetragen.

Im ersten Schritt habe ich die Dächer hergestellt. Diese bestehen wieder aus mehreren Schichten MDF

Nach mehreren Durchgängen mit Schleifen wurden die Dächer mit Schnellschleifgrund behandelt. Nach einigen kleineren Spachtelungen wurden die Teile Spritzgespachtelt.

Der Wagenkasten besteht aus 2 mm starkem Polystyrol. Da die Fenster hinterlegt werden müssen und 2 mm dafür einen zu weiten Abstand zwischen Wagenkastenaußenkante und Fensteraußenkante musste ich mir eine besondere Lösung einfallen lassen: Die Wagenseiten erhalten nur grobe Fensteröffnungen. Auf die Wagenseite wird eine nicht tragende zusätzliche Außenhaut aufgeklebt in 0.94 mm Stärke.

Diese Außenseiten wurden mit dem Lasercutter hergestellt. Dadurch bietet sich auch die Möglichkeit die filigranen Fensterstege zu verwirklichen.

An der Einstiegstür wird die Aussparung für den Fahrgastdrücker erst später geöffnet. Das hält das Bauteil bis zur Verwendung stabil.

So sieht der Wagenkasten anschließend aus.

Da die Auflageteile gelaserter Karton sind, gestaltete sich die Bearbeitung besonders schwierig. Es galt zu verhindern, dass irgendwas ausfranzt.

So sehen die Wagenkästen nach der Spritzspachtelung aus.

Die Deck- und Scheuerleisten konnten dann aufgeklebt werden.



Anfertigung der Puffer aus Polystyrol und 0,5er Karton.

Die Drehgestelle entstanden dieses mal im Eigenbau, da der passende USA-Trains-Antrieb nicht verfügbar war.

Die Achsen wurden auf die bekannte Art umgespurt.

Zwischenzeitlich habe ich mich um die Bestuhlung gekümmert.
Auf dem Dach konnten nun die entsprechenden Aufbauten angebracht werden:




Bohrungen wurden gesetzt für die Außenlautsprecher und das Fangteil für die Stange.

Der Stangenstromabnehmer entstand im Eigenbau:




Stellprobe für Lautsprecher und Decoder. Denn einer der Wagen sollte ja digitalisiert und besoundet sein.

Die Kupplungen hatten eine Abdeckung, die auf einer Seite ausgebeult war.
Der Fachmann mag das jetzt für unprofessionell halten, aber für mich eine gangbare Lösung:
Das Messingblech wurde zwischen zwei Alublöcke mit Loch gelegt, die ich so rumfliegen hatte. Dann mit der Feile draufgehämmert, fertig

An der türlosen Seite ist eine Leiter eingehängt. Diese lötete ich aus Messingprofilen zusammen:



Weicheneisen

Fangkorb

Nach dem Lackieren. Noch fehlt die Farbe des Daches.

Das Dach erhielt dem Vorbild entsprechend einen metallisch silbernen lack.

Die Rähmchen und Haltegriffe wurden mit Chromlack versehen.

Endmontage der Drehgestelle

Montage der Türen.

Seitenanzeige mit Falkenried-Werbebanner.

Anbringen der Reklame

Dieses Schild wurde nach dem Umbau auf Einmannbetrieb angebracht. Es konnte bei Beiwagenbetrieb umgestellt werden.
Man beachte auch die Schreibweise „Fahrtausweis“ statt des verbreiteteren „Fahrausweis“.

Der Spiegel ist auch hier einklappbar. Denn das ist das Teil was im Fahrbetrieb sonst am häufigsten als Schadfall zu beklagen ist.
Nun einige Bilder der fertig gestellten Wagen:







Während einer der Wagen inzwischen in Hamburg seine Runden dreht, verblieb sein Bruder bei mir in Mannheim und wird nun den Wagenpark der Semmelbahn verstärken.
Heute habe ich einige Fotos auf meinem „fliegenden Aufbau“ gemacht. Leider war von draußen kein brauchbares Licht zu bekommen…. Wie seit Wochen schon…..
Hier sind auch die neuen Gebäude meiner Semmelbahn-Werksiedlung zu sehen, die ich noch mal extra beschreiben werde.

Eine Straßenszene aus dem Alltag der Semmelbahn. 3357 passiert gerade eine Szenerie, als der Preiser-Lude seine „Mitarbeiterin“ daheim abliefert und sich die Tageseinnahmen aushändigen lässt. Die zufällig vorbeikommende Polizei wird sicher noch mal prüfen, ob alles in Ordnung ist.

Wenn dieser Fahrgast nicht zu sehr in seine Zeitung vertieft ist, dass er seine Straßenbahn vorbeifahren lässt. Vielleicht will er auch gar nicht mit der 2 fahren?

Zwischenzeitlich steigt das MIV-Aufkommen ganz schön an. Nicht dass die Bahn dann im Stau steht und ihre Gegner die Abschaffung fordern…..

Gut, dass der V7 recht schmal ist. Wäre er so breit wie ein moderner Stadtbahnwagen, wäre er sicher am Porsche des Preiser-Luden hängen geblieben.
Dieser hätte dann eventuell den Straßenbahnfarher wegen eines Kratzers erschossen.
Kein Fahrer hätte dann mehr die 2 fahren wollen. Man stelle sich das mal vor….
Aber wenigstens lauert der Polizei-Käfer direkt hinter 3357.

Geschafft! Ohne Kratzer vorbei gekommen!

Kein Fall für Walter Richter als Kommissar Trimmel aus dem TATORT.


Aber eigentlich schwimmt die Straßenbahn doch ganz gut im Verkehr mit, oder?
Als Ergänzung zum V7E gibt’s dann noch ein passendes Zick-Zack-Haltestellenhäuschen:



Und so dreht 3357 weiter seine Runden auf der Semmelbahn…
Alla hopp