Ladegut: Jutesäcke

Anlagen (aussen & innen), Dioramen, Gebäude, Figuren, Schienen, Autos, sonstiges Zubehör

Moderator: Marcel

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theylmdl
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Ladegut: Jutesäcke

Beitrag von theylmdl »

Hallo, Anlagen- und Zubehör-Freunde!

Nachdem Marcel mit seinen tollen Modellen hier so eine wahre Begeisterungswelle ausgelöst hat, möchte ich auch einmal einen Beitrag zum Thema Ladegüter verfassen.

Meine heutiges Thema sind Säcke. Das klingt banal, ist es aber nicht ganz, wie sich gleich zeigen wird.
Um die Spannung zu erhöhen, zeige ich das Ergebnis erst zum Schluss :wink: .

Teil 1: Anforderungen und Material-Beschaffung

Was werden an Modellbahn-Säcke für Anforderungen gestellt?
  • Der Stoff muss die richtige Jutestruktur und die richtige Farbe haben.
  • Die Säcke dürfen nicht starr sein, damit sie sich realistisch stapeln lassen.
  • Sie sollten sich mit vertretbarem Zeitaufwand basteln lassen.
Die erste Bedingung kann mit einem ausgedienten Küchenhandtuch erfüllt werden. Das sollte weiß sein oder es zumindest einmal gewesen sein. Schmutzschatten schaden nicht. Die typischen Gittermuster auf Küchenhandtüchern schaden auch nichts, wenn deren Raster breit genug ist. Und weiß muss der Stoff sein, damit er sich später richtig färben lässt.

Durch den Stoff ist auch die zweite Bedingung erfüllt, die Beweglichkeit. Als Füllung bietet sich feiner Modellkies oder wasserfestes und ungiftiges Deko-Granulat an. Je schwerer die Füllung ist, desser besser werden die Säcke später liegen.

Bild
Diese Dinge braucht ihr für die Bastelarbeit.

Nun dürfen sich die Herren der Schöpfung auch einmal mit hausfraulichen Fragen beschäftigen. Bittet Eure "bessere Hälfte" oder eine Nachbarin um weißes Polyester-Garn und eine nicht zu kleine Nähnadel. Routinierte Junggesellen haben diese Dinge sowieso im Haus :wink: . Wenn Du eine Modellbahn-begeisterte Dame bist, hat der Herr der Schöpfung nun einmal Gelegenheit, Dir etwas Gutes zu tun.

Polyester-Garn lässt sich zwar kaum färben. Dafür ist es aber im Gegensatz zu Baumwollgarn schön haltbar. Baumwolle zerfällt von ganz alleine nach einiger Zeit (das ist wahr!). Deswegen sind Leinen-Küchenhandtücher auch geeigneter als Baumwoll-Handtücher (Leinwand wird aus Flachsfasern hergestellt).

Schneidet Euch nun aus dem Handtuch Stücke von etwa 80 bis 85 Millimeter Länge und 40 bis 45 Millimeter Breite heraus. Das ergibt später Säcke mit einem Vorbild-Maß von 80 × 60 Zentimetern.

Teil 2: Näharbeiten

Faltet einen Stoffstreifen in der Mitte zusammen. Schneidet Euch ein hinreichend langes Stück Garn ab und fädelt das eine Ende in die Nadel ein (Tipp: Es gibt auch Einfädelhilfen mit einer hauchdünnen Drahtöse, siehe Abbildung auf dem Karton des letzten Fotos). Macht in das andere Ende einen doppelten Knoten, aber so, dass ein Stückchen Öse frei bleibt.

Bild

Den ersten Stich setzt Ihr nahe bei der Falz an, und zwar so weit vom Rand, dass später zwischen den Seitennähten rund 27 Millimeter Abstand bleiben. Zieht Ihr die Nadel durch die Öse, bildet sich automatisch ein fester Knoten. Mit dem typischen Knubbelknoten am Ende des Nähfadens alleine könnt Ihr keinen Blumentopf gewinnen - jedenfalls nicht bei Küchenhandtüchern, da rutscht der einfach durch.

Näht nun in Richtung der offenen Seite. Die Länge der Stiche sollte 3 Millimeter möglichst nicht überschreiten. Kurz, bevor Ihr oben ankommt, faltet Ihr die oberen, offenen Ende wie auf der Skizze gezeigt nach außen um. Das ergibt später den oberen Saum. Achtet dabei auf eine verbleibende Nutzlänge von knapp 36 Millimetern.

Der Stoff wird beim Nähen zwischen zweimal zwei Fingern straff gespannt (unten Daumen und Ringfinger, oben Zeige- und Mittelfinger).

Wenn Ihr oben angekommen seid, näht Ihr genau auf derselben Strecke und über die vorhandenen Stiche wieder zurück, diesmal jedoch so, dass die Stiche auf der entgegen gesetzten Seite liegen (Teil 2 der Skizze).

Unten angekommen verknotet Ihr die offenen Enden und schneidet den Faden ab. Diese Naht wird nun auch auf der gegenüber liegenden Seite angefertigt.

Dann wird der Sack auf links gewendet. Das ist bei den kleinen Maßen etwas fieselig. Stochert nach dem Wenden mit einem nicht zu spitzen Teil die Ecken gut heraus und ziehte den ganzen Sack schön glatt.

Füllen und Vernähen

Füllt nun das Granulat ein. Verfestigt es ein wenig durch Schütteln. Der Sack darf nicht zu voll werden, drei Viertel der Höhe bei mehr oder minder rundem Querschnitt genügen.

Näht nun von einer Seite aus die oberen Säume dicht an der Oberkante zusammen. Innen stehen rechts und links noch die je zwei Knubbel der Seitennähte. Diese müssen beim Nähen etwas nach innen gedrückt werden. Nur die äußeren Säume werden miteinander vernäht, die besagten inneren Teile nicht.

Teil 3: färben, trocknen, freuen

Ich habe nach einem Färbeverfahren gesucht, das eine natürliche, in den Stoff einziehende Tönung ergibt und die "Anschmiegsamkeit" der Säcke nicht vermindert. Nach einigem Gegrübel erschien mir starker Kaffee das richtige Mittel zu sein.

Dazu kam noch die Überlegung, dass der Inhalt beim Vorbild zuweilen auf die Säcke selbst abfärbt, beispielsweise bei Kohleprodukten.

Der Versuch begann mit höllenstarkem Espresso, dem einige Tropfen Spülmittel zugesetzt wurden, um die Oberflächenspannung der Flüssigkeit zu brechen. Dadurch dringt sie besser und tiefer in die Fasern ein. Darin blieben die Säcke über Nacht. Jede Hausfrau weiß, wie schwer Kaffeeflecken zu entfernen sind. Gerade darum erschien die Methode geeignet.

Wie sollten aber die typischen Verschmutzungen nachgebildet werden? Nach einigem weiteren Gegrübel fand sich eine praktikable Lösung in Form schwarzer Möbelbeize von Clou®.

Davon wurde eine kleine Menge in den Kaffee gegeben (etwa ein halber Milliliter auf 0,3 Liter Espresso). Die Wirkung setzte erschreckend schnell ein. Schwarze Beize hat nun einmal enorme Deckkraft. Also wurden die Säcke schnell aus dem Färbebad genommen und unter warmem Wasser ausgespült.

Jetzt folgt der eigentliche Trick. Die Säcke benötigen - auch an der Sonne - knapp zwei Tage zum Trocknen. Werden sie während dieser Zeit geschickt gelagert und gewendet, setzen sich die Färbestoffe an den gewünschten Seiten und Enden ab - und an den anderen Stellen nicht. Als Trocken-Unterlage wurde hier eine alte Porzellan-Schüssel verwendet. Da gibt's zumindest eine Chance, diese wieder sauber zu bekommen.

So, und nach der endlos langen Erklärung hier nun endlich das erlösende Foto. So sehen die Säcke aus:

Bild

Nachtrag: Bei oben zugebundenen Säcken ist schon erheblich mehr Nähgeschick gefragt, um den Schnür-Knubbel oben erstens klein zu halten und ihm zweitens eine angemessene Form zu geben. Solche Säcke trocknen gerade vor sich hin, aber es gibt noch kein Foto.

Einige weitere Tipps zum Thema Ladegüter gibt's seit heute auch auf unserer Website in einem eigenen Bereich ( http://www.themt.de/mr-0380-49.htm ).

Beste Grüße, und nun näht 'mal schön -
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
theylmdl
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Re: Ladegut: Jutesäcke

Beitrag von theylmdl »

Hallo,

hier 'mal einen noch unfertigen Versuch: geschnürte Säcke (allerdings noch ohne Schnur :wink: ). Wer sich an der Bauanleitung orientiert, möge den nötigen Überstand oben und den Saum bedenken.

Bild

Der Knubbel bei der Schnürung ist besonders bei dem rechten Sack zu groß. Das liegt an dem eigentlich zu dicken und ungeschmeidigen Stoff. Beim linken Sack wurde der Knubbel mit wenig auffälligen Nähten zusammengeschnürt, damit er weniger groß ausfällt. Damit könnte ich schon fast leben, zumal sich bei Wilhelm Busch's "Max und Moritz" (und zwar ihrem letzten Streich) eine Abbildung findet, die einen vergleichbar dicken Knubbel zeigt.

Zum Vergleich füge ich nochmal ein Bild eines solchen Sacks auf einer Sackkarre von NPTM (Norbert Paech, http://www.nptm.de ) bei.

Bild

Beste Grüße,
Thomas Hey'l - info@themt.de - www * themt * de
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