Rollböcke der Wagen-Fabrik H. Fuchs (OEG)

Selbstgebaute maßstäbliche Schienenfahrzeuge mit/ohne handelsüblichen Zurüstteilen

Moderator: fido

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Max Hensel
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Rollböcke der Wagen-Fabrik H. Fuchs (OEG)

Beitrag von Max Hensel »

Hallo Zusammen,

ich möchte euch heute ein Projekt vorstellen, an dem ich in den letzten Monaten parallel zu meinem Gleisbau gearbeitet habe.

Prolog

Sieht man von wenigen Meterspurstrecken wie Rhein - Orschweiler - Ettenheimmünster oder Müllheim - Badenweiler ab, wurden auf nahezu allen Meterspurbahnen in Baden und Württemberg regelspurige Güterwagen mit Rollböcken und teilweise Rollwagen transportiert.

Der Klassiker unter den Rollböcken ist wohl der druckluftgebremste Rollbock der Maschinenfabrik Esslingen, wie er unter anderem auf den Bahnstrecken Aalen - Dillingen, Amstetten - Oppingen, Nagold - Altensteig und vielen weiteren zum Einsatz kam. Diesen möchte ich irgendwann einmal ins Modell umsetzen.

Bei einer Sonderveranstaltung bei der Märkischen Museumseisenbahn (MME) in Hüinghausen machte mich Wolf auf die dortige umfangreiche Sammlung verschiedener Rollböcke aufmerksam. Dabei weckten die beiden von der Wagen-Fabrik H. Fuchs in den 1920er Jahren an die OEG gelieferten Rollböcke mein besonderes Interesse:

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Spontan habe ich mich für einen Nachbau entschieden, denn:
- für den Einstieg war mir eine Variante ohne Druckluftbremse lieber
- die Rollböcke kamen in Baden (OEG) in der Epoche II zum Einsatz
- es gibt erste Planungen für eine passende Lokomotive, mit der ein stilreiner OEG-Güterzug möglich wäre

Die Rollböcke sind also die ideale Ergänzung für meine im Entstehen begriffene Fahrzeugsammlung nach badischen und württembergischen Vorbildern.

Da keinerlei Werkszeichnungen überliefert sind, habe ich die Rollböcke vor Ort vermessen.


Modellumsetzung

Die Modellumsetzung geschah mit einer vergleichsweise geringen Fertigungstiefe.
Dazu habe ich meine mehrseitigen handschriftlichen Notizen in ein 3D-Modell überführt.

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Auf diesem Bild sieht man beispielsweise das 3D-Modell des Rahmens mit den Achslagergehäusen. Die Wandstärke beträgt an der dünnsten Stelle 0,3 mm und bei belasteten Teilen mindestens 0,5 mm.

Über eine Fertigungsplattform habe ich dann die Einzelteile des Rollbocks aus PA12 (Nylon) im MJF-Verfahren (Multi Jet Fusion) drucken lassen. Zusammengesteckt zeigen die noch unverputzten Druckteile, wie ein fertiger Rollbock mal aussehen kann:

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Die Achslager habe ich nach dem Drucken auf den Durchmesser 6H8 aufgerieben und wartungsfreie Gleitlager eingepresst. Leider ist es schwierig, vernünftige Radsätze zu finden. Neben den viel zu hohen Spurkränzen haben handelsübliche Radsätze meist eine planare bis konvexe Innenseite.

Für meine Rollböcke habe ich die Achsen aus 5 mm Rundmaterial aus 1.4301 gesägt. Die Radscheiben habe ich wiederum aus PA12 drucken lassen. Die Radreifen habe ich aus einem korrosionsbeständigem Automatenstahl (1.4305) CNC-drehen lassen.
Die Radsätze entsprechen den Standards S 01 und S 02 der IG Spur II e.V. und haben eine Spurkranzhöhe von 1,6 mm.

Für die Lagerung des Querbalkens ist mittig ein Messingrohr 4 mm in den Querbalken eingepresst. Nach dem Einsetzen des Querbalkens in den Rahmen wird von unten ein Messingrohr 3mm eingeschoben und mit einer Schraube M2 fest mit dem Rahmen verschraubt, sodass sich der Querbalken um das Messingrohr 3 mm drehen kann. Das Lager sowie die Kontaktflächen des Querbalkens mit dem Rahmen sind mit einem viskosen Mineralöl geschmiert.

Weitere Kleinteile aus Messing ergänzen den Rollbock. Die P-förmig gebogenen Blattfedern, die beim Vorbild den Arretierungshebel der Gabeln in Position halten, habe ich aus Papier nachgebildet.

Die Gabeln des Modells lassen sich über einen Messingdraht 1 mm drehen, der Arretierungshebel bleibt jedoch ohne Funktion.

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Nachdem die Montage des ersten Rollbocks keine Konstruktionsfehler offenbarten und das Fahrzeug mir hinreichend stabil erschien, sind drei weitere Rollböcke entstanden, sodass es nun zwei Pärchen gibt.

Die Weihnachtsfeiertage und den Besuch in meinem Elternhaus habe ich für eine kleine Probefahrt auf der Kelleranlage von meinem Papa genutzt. Dabei sind folgende Bilder entstanden. Die Regelspurwagen gehören zur Fahrzeugsammlung nach Harzer Vorbildern von meinem Papa:

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Die Probefahrten verliefen erfolgreich. Positiv sind mir in der Seitenansicht besonders die maßstäblichen Radsätze mit den niedrigeren Spurkränzen aufgefallen.

Nicht ganz abschließend geklärt ist die Frage der Farbgebung. Spätestens ab den 50er/60er Jahren waren die Rollböcke der OEG grau lackiert. Trotz Austausch mit mehreren Kleinbahnhistorikern konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, welche Farbe die Rollböcke in den 20er Jahren hatten. Eine Werksaufnahme der Firma Fuchs impliziert aber, dass die Fahrzeuge ursprünglich mal schwarz lackiert waren.

Für mich kann ich dieses Projekt nach gut sechs Monaten erfolgreich abschließen. Jetzt fehlen noch passende Regelspurwagen sowie ein Armamputierer, damit ich die Rollböcke auch an meinen Gw der WEG kuppeln kann.

Viele Grüße

Max.
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jc94
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Re: Rollböcke der Wagen-Fabrik H. Fuchs (OEG)

Beitrag von jc94 »

:top:
Major Tom
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Re: Rollböcke der Wagen-Fabrik H. Fuchs (OEG)

Beitrag von Major Tom »

Hallo Max,

die Rollböcke sind Dir gut gelungen und gefallen mir. :lol:
Besonders beeindruckt mich die dünne Materialstärke von 0.3 /0.5 mm .

Daher auch die filigrane Ausführung. :top:

Weiterhin frohes Gelingen,

nette Grüße, Dieter
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Re: Rollböcke der Wagen-Fabrik H. Fuchs (OEG)

Beitrag von Kellerbahner »

Hallo Max,

da schließe ich mich den beiden an !

Und willkommen im Club der Rollbockbauer und -fahrer - jetzt mit der süddeutschen Variante. Und jetzt gedruckt, nicht gegossen oder gelötet 😊

Und ja, wie so oft bei ähnlichen Vorbildern, lässt sich nach 100 Jahren ohne (Farb)Bilder oder Pläne/Beschreibungen nicht alles eindeutig klären.
Wobei ich denke Deine Wahl von Schwarz ist wahrscheinlich, gerade bei solchen, alten ´Gebrachs-Sonderfahrzeugen´ - auch der früher beliebte graue Fotoanstrich von Loks hatte ja nur tagesaktuellen Bestand 😉

Nur etwas längeren Bestand hat(te) das neckische Pink der modernen Vevey-Rollböcke – die jetzt nach Jahren draußen auch etwas blässlicher aussehen. Da ist halt´ Schwarz robuster 😉

Bestand zu allem was 2024 bringen wird, auch Deinen Modulen und Modellen, wünscht Dir der

Kellerbahner
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Max Hensel
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Re: Rollböcke der Wagen-Fabrik H. Fuchs (OEG)

Beitrag von Max Hensel »

Hallo jc94, Major Tom und Kellerbahner,

vielen Dank für euren Zuspruch.
Besonders beeindruckt mich die dünne Materialstärke von 0.3 /0.5 mm .
Mich tatsächlich auch. Im MJF-Verfahren sind grundsätzlich Wandstärken bis 0,5 mm möglich. Dadurch, dass der Rollbock mit allen Details und damit auch mit allen Verstrebungen des Vorbilds nachgebildet ist, wird er trotzdem sehr stabil. Ich bin guter Dinge, dass er auch einen beladenen Messinggüterwagen transportieren kann.

Die 0,3 mm waren ein Versuch meinerseits, und zwar bei den Schmiermittelbehälterdeckeln des Unterkastens des Achslagers. Das sind keine tragenden Teile und auch nicht besonders groß, der Druck hat aber ganz gut geklappt. Die entsprechenden Deckel der Oberkästen habe ich, aufgrund ihres größeren Überstandes dann aber doch aus Messingblech gefertigt.
Und willkommen im Club der Rollbockbauer und -fahrer -
Vielen Dank dafür! Ich hoffe, dass noch der ein- oder andere Rollbock in den nächsten Jahren/Jahrzehnten entstehen wird. Dann aber nach anderen Vorbildern.
Und ja, wie so oft bei ähnlichen Vorbildern, lässt sich nach 100 Jahren ohne (Farb)Bilder oder Pläne/Beschreibungen nicht alles eindeutig klären.
Wobei ich denke Deine Wahl von Schwarz ist wahrscheinlich, gerade bei solchen, alten ´Gebrachs-Sonderfahrzeugen´ - auch der früher beliebte graue Fotoanstrich von Loks hatte ja nur tagesaktuellen Bestand 😉
Ich kann jetzt dank dem ein- oder anderen Hinweis mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass meine obigen Ausführungen zur Farbgebung korrekt waren. Die Rollböcke waren in den 20er Jahren und damit im von mir gewählten Vorbildzeitraum wohl wirklich schwarz und wurden, wie alle anderen Rollböcke der OEG vermutlich erst nach dem Krieg grau lackiert.

Viele Grüße

Max.
Neben- Schmalspur- und Feldbahnen im Maßstab 1:1 und 1:22,5

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