Fortsetzung: Mallet Lokomotive von Orenstein und Koppel

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Fortsetzung: Mallet Lokomotive von Orenstein und Koppel

Beitrag von Tüftler »

Die Lokomotive

Wie oben erwähnt, hatte ich als Kesselrohr den Durchmesser von 54 mm gewählt, aus dem sich im Bezug auf die Originallokomotive ein Maßstab von 1 : 18,5 ergab. Die Originalspurweite war 2 Fuß, also 60,96 cm. Folglich müsste meine Lok eine Spurweite von 33 mm haben. Hier war ein Kompromiss gefragt, da einerseits der untere Teil der Feuerbüchse bis zwischen die Räder der 4. Achse reicht und andererseits die Lokomotive auf der am häufigsten anzutreffenden Spurweite von 45 mm betrieben werden sollte.

B1 (Tüftler)
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B2 (Tüftler)
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Bild B1 und B2

Für meine Zwecke war sie besonders geeignet, da sie hinten einen Außenrahmen hat, der die Unterbringung des Stehkessels erleichtert und die großen Wasserkästen boten die Gelegenheit, die erforderlichen Anbauten und Bedienelemente unsichtbar unterzubringen. Der Hintergedanke war auch, dass sie eventuell misslungene Lötstellen am Kessel weitgehend verdecken. Was, wie man sieht, auch erforderlich war.

Weitere Vorgaben in der Planungsphase waren:

- Verwendung von Teflonkolben und - schiebern um die ungute Kombination von Öl und Asche zu vermeiden.

- Erhaltung des offenen Aspekts des Führerhauses ohne sichtbare Einbauten oder Kabel.

- Gute Zugänglichkeit der Einbauten in den Wasserkästen durch Hochklappen der gesamten Karosserie.

- Fernsteuerung für Regler und Umsteuerung, jedoch manuelle Bedienung des Bläsers, da dieser ohnehin nur zum Einsatz kommt, wenn an der Lok gearbeitet wird.

- Wegen der engen Platzverhältnisse im Rahmen zunächst Verzicht auf eine Fahrspeisepumpe zugunsten einer elektrischen im Führerhaus.

- Warnanzeige bei niedrigem Wasserstand im Reservetank, da dieser sehr klein gehalten werden musste.

- Alternativer Keramikbrenner und Versorgungswagen mit Gastank in einem heizbaren Wasserbad.

Einige dieser Vorgaben haben das ganze Projekt nicht gerade vereinfacht und beschleunigt. Bei den Teflonkolben der hinteren Zylinder habe ich zunächst kapituliert, stattdessen wurden die Kolben mit einem Silikonkautschuk-O-Ring versehen, was leider auch einen Öler für die hintere Maschine erforderlich machte.

Da ich schon früher Probleme mit einer exakten Zylinderbohrung hatte, verwende ich austauschbare Laufbuchsen von denen ich mehrere herstelle. Die am besten ausgefallenen werden dann verwendet. Wer über professionelle Fertigungsverfahren verfügt wird mein Problem nicht verstehen. Immerhin kann ich auch später noch korrigieren ohne einen neuen Zylinder bauen zu müssen.

Da ich versäumt habe, die Anfertigung der Einzelteile schrittweise zu dokumentieren und die Lok bereits fertiggestellt und erprobt ist, will ich versuchen die einzelnen Baugruppen zu beschreiben und auf Probleme hinzuweisen, die sich speziell bei Malletlokomotiven ergeben.
Ausführung

Im Original ist das starre hintere Fahrwerk mit dem Drehgestell mit Zwei Bolzen gekoppelt, die wie bei einer Tür in der Angel, nur eine Drehung um eine senkrechte Achse zulassen. Vorne sind die Wasserkästen mit einer Brücke verbunden, die sich mit Gleitelementen auf dem Drehgestell abstützt. Kessel, Wasserkästen und hinteres Fahrwerk bilden starre eine Einheit.

B3 (Tüftler)
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B4 (Tüftler)
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B5 (Tüftler)
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B6 (Tüftler)
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B7 (Tüftler)
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Das Original war für Kurvenradien von bis zu 30 m konzipiert. Da ich bei der Umsetzung im Modell Probleme befürchtete, habe ich die Koppelung der beiden Fahrgestelle insofern abgeändert, als die Verbindung zwei Drehpunkte hat.

B8 (Tüftler)
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Wie sich später herausstellte hätte ich auch beim Original mit nur einem Gelenk bleiben können.

Zunächst hatte ich keine logische Erklärung dafür, dass die hinteren Zylinder an das Ende der Lok verlegt wurden. Für den Verlauf und die Länge der Dampfleitungen ergaben sich dadurch ja zusätzliche Probleme, die auch bei der Umsetzung im Modell zu bewältigen waren. Bei der Konstruktion der Lok wurde der Grund dann klar. Durch die nach hinten verlegten Zylinder konnte die 3. Achse weit vorn angeordnet werden. Sie hat daher nur einen geringen Abstand zur 2. Achse. Zwischen beiden liegt der Drehpunkt der beiden Fahrwerke, die sich dadurch nur geringfügig gegen einender verschieben, wenn die Lok in die Kurve einfährt. Das Drehgestell wird hinten nicht so weit zur Kurvenaußenseite verlagert und verschränkt sich nicht so stark in der Schiene.

B9 (Tüftler)
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Das war auch im Original von Wichtigkeit, da die Bedienung der Umsteuerung und der Entwässerung im Drehgestell durch starre Stangen erfolgt. Ich wollte diesem Problem zunächst durch den Einbau eines Servos in das Drehgestell umgehen.

B10_ (Tüftler)
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Es ist aber leider wegen der Nähe zur Rauchkammer den Hitzetod gestorben. Also wurde doch die Lösung mit Gestänge erforderlich. Ein mühevolles Unterfangen bei dem neue Durchbrüche in die gegenüberliegenden Enden der Fahrwerkrahmen gefräst werden mussten und auch noch zu beachten war, dass bei Vorwärtsfahrt das hintere Fahrwerk rückwärts laufen muss. Mit Servo hätte man die Drehung der Umsteuerungswelle elektronisch begrenzen können. Jetzt mussten mechanische Anschläge für die richtige Stellung der Umsteuerungswelle sorgen. Um Distanzunterschiede zwischen den Fahrwerken auszugleichen, ist eine Verbindung zwischen Bedienungsstange und Umsteuerungswelle verschieblich ausgeführt. Sie wird von auf die Stange aufgesteckten Spiralfedern fixiert, die schon ansprechen bevor die Anschläge erreicht sind. Auf diese Weise können die Federn Längenänderungen kompensieren.

B11_ (Tüftler)
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Die von Orenstein & Koppel „Patentsteuerung „ genannte Variante der Marshallsteuerung zeichnet sich dadurch aus, dass die Radachse mit der darüber liegenden Umsteuerungswelle gekoppelt ist. Dadurch wird vermieden, dass sich die Steuerung beim Einfedern verstellt. Da es sich um eine firmenspezifische Besonderheit handelt, habe ich diese Konstruktion übernommen, obwohl sie im Modell kaum zum tragen kommen dürfte . Die Umsteuerungswelle einschließlich ihrer Anschläge musste daher auch verschieblich gelagert werden.

B12_ (Tüftler)
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Das Fahrwerk

Die Räder haben einen Radstern aus Messing mit Edelstahlreifen. Um die fummelige und manchmal auch unsichere Befestigung der Räder auf der Achse durch schlecht zugängliche Schrauben zwischen den Speichen zu vermeiden, um auch gut einspannen zu können und beim Konzentration erfordernden konventionellen Fräsen nicht zu viele Fehler zu machen, habe ich mir das folgende Verfahren angewöhnt.

Zunächst wird eine Messingscheibe in Dicke des Rades hart auf eine Achse gelötet, die nach beiden Seiten übersteht. Nach der Mitte der Hälfte der späteren Spurweite entsprechend. Anschließend kann der Umfang des Radsterns und von beiden Seiten die Radkontur gedreht werden. Da ich durch nachlassende Konzentration schon einige Speichen zerstört habe, fräse ich diese nach folgenden Prinzip. Zuerst werden auf dem Teilappart von der Rückseite her in der Peripherie der Zahl der Speichen entsprechend kleine Sackbohrungen eingebracht. In diese greift eine Aufspanneinrichtung ein, die unter der Fräse zentriert ist. Die Mehrzahl der zu fräsenden Speichen kann jetzt mit immer der gleichen positiven und negativen Einstellung auf der x-Achse Zwischen festgelegten Punkten auf der Y-Achse gefräst werden, die sich nur im Bereich von Exzenter und Gegengewichten ändern. Die Fehlerquote kann noch verringert werden, wenn man vor dem Fräsen die Endpunkte vor bohrt oder einen Ausdruck des Plans aufklebt . Auf dem Rundtisch wird abschließend die Peripherie des Speichenzwischenraums gefräst, wobei es auch hier von Vorteil ist, wenn vorgebohrt wurde. Nachdem die Speichen mit Feile und Schleifleinen nachbehandelt wurden, kann der überstehende Achsstumpf außen abgesetzt werden.

Im vorliegenden Falle blieb an den hinteren Achsen wegen des Außenrahmens und der Hall`schen Kurbeln auch außen ein Achsstumpf stehen, den ich am Ende zu einem Vierkant gefräst habe, um die mit Untermaß gebohrten Kurbeln gegen Verdrehen gesichert aufpressen zum können. Eine eingelassene Messingscheibe mit zentraler Schraube verdeckt die Bohrung in der Hall`schen Kurbel und fixiert zusammen mit einer zusätzlichen Madenschraube die Kurbel auf der Achse. Da an den Rädern des hinteren Fahrwerks Exzentersitz und Gegengewicht fort vielen, konnten hier alle Speichen auch auf der Y-Achse mit den gleichen Einstellungen gefräst werden. Eine wesentliche Erleichterung.

Abschließend werden beide Achshälften mit einer Überwurfhülse verbunden. Die Befestigungsschrauben darin sind gut zugänglich, die Spurweite stimmt schon beim Zusammenstecken und es braucht nur noch der 90 Grad-Versatz eingestellt zu werden. Gratulation an die CNC-Fräsenbesitzer.

B13 (Tüftler)
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Die Federn des Originals liegen innerhalb der Rahmenwangen. Da sie nicht sichtbar sind, habe ich auf originalgetreue Federpakete verzichtet und eine Variante ausgeführt, die mehr Raum für Einbauten wie Speisepumpe oder Servos im Rahmen bietet.

Die 4. Achse konnte wegen der engen Beziehung zur unteren Feuerbüchse weder gefedert noch verschieblich gelagert werden. Ich hatte auch Bedenken, den Laufreifen mit Loctite 648 aufzukleben, da nur eine Festigkeit bis 175 Grad angegeben wird. Er ist aufgepresst und entsprechend nicht elektrisch isoliert. Davon erwarte ich mir keinen großen Nachteil. Gleichzeitiger Dampf- und Elektrobetrieb vertragen sich ohnehin nicht.

Die Achsen 1-3 werden von Hebeln abgefedert, die den Rahmenwangen anliegen.

B14_1_ (Tüftler)
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B]B15_2_[/B] (Tüftler)
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B16_ (Tüftler)
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Die Stärke der leicht auszutauschenden Federn konnte ich erst festlegen, nachdem das endgültige Gewicht der Lok feststand. Immerhin 7 Kg. Wie es sein soll federt sie beim Aufsetzen auf die Schiene leicht ein und spricht sehr weich an, ohne zu wackeln. Eigentlich kommt es ja beim Modell weniger auf die Federwirkung als auf den guten Kraftschluss mit der Schiene an.
Die Steuerung

Bei der Steuerung handelt es sich um eine Hebel- oder Lenkersteuerung, die in den Varianten nach Marshall oder Hackworth zum Einsatz kam. Wie erwähnt ist die von Orenstein& Koppel „Patentsteuerung“ genannte Ausführung nur eine Erweiterung der Marshallsteuerung mit dem Ziel, den Einfluss der Federung auf die Steuerung zu unterbinden.

Die Reduktion der Einzelteile durch den Wegfall von Kulisse und Voreilhebel, wie bei der Walschaerts- Heusinger Steuerung, erlaubte eine kostengünstige Produktion. Daher kamen diese Steuerungen häufig bei kleinen einfachen Lokomotiven zur Anwendung. Deren Einsatzbedingungen waren in der Regel ohnehin nicht dazu angetan, durch technische Finesse Wasser oder Brennstoff zu sparen.

St_1_ (Tüftler)
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Der Unterschied zwischen den Beiden Steuerungen liegt in der oberen Führung des Lenkers. Bei Hackworth eine gerade Gleitbahn mit der Umsteuerungswelle als Drehpunkt. Bei Marshall ein Hebel der sich um das Ende eines gleich langen Trägers dreht, dessen anderes Ende auf der Umsteuerungswelle sitzt. Ich habe ihn mal Aufwerfhebel genannt, weil ich keine andere Bezeichnung gefunden habe.
Wenn man nicht an ein Vorbild gebunden ist, sollte man die Hackworth Variante bevorzugen, da die in der Folge beschriebenen Probleme ausschließlich auf den durch den Lenkerhebel geführten bogenförmigen Verlauf des oberen Lenkerendes zurück zu führen sind.

Im Bild die Hackworthsteuerung meiner ersten selbstgebauten Lokomotive.


St_1a_ (Tüftler)
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Der Anlenkpunkt der Schieberschubstange am Lenker wird durch den Abstand des Schiebers von der Radachse vorgegeben. Er liegt in Verlängerung der Schieberstange. Die Umsteuerungswelle ist senkrecht über der Radachse angeordnet. Der Abstand zwischen beiden wird durch die Dimensionen der Lok bestimmt, da die Welle unter dem Kessel hindurchgeführt werden muss. Die Länge des Lenkers entspricht dem Abstand zwischen Exzenter in Horizontalstellung und der Umsteuerungswelle.

Der höchste Schieberhub wird erzeugt, wenn der Exzenter senkrecht über oder unter der Achse liegt. Aber auch in dessen Horizontalstellung findet ein Schieberhub statt. Dieser ist ausschlaggebend für den Abstand der Außenkanten der Zudampfkanäle ( bei Außeneinströmung) bzw. für die Steuerzeiten, da keine Voreilung vorgesehen ist. Aus den folgenden Zeichnungen ist die Funktion der Marshallsteuerung in Neutralstellung und bei Umsteuerung zu sehen.

St_2_ (Tüftler)
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Die gelenkige Verbindung zwischen Lenker und Lenkerhebel beschreibt im Laufe einer Radumdrehung je nach Auslegung der Steuerung einen nach oben oder nach unten offenen Kreisbogen. Dabei durchläuft der Anlenkpunkt der Schieberschubstange eine Schleife , die in Neutralstellung senkrecht ausgerichtet ist und je nach Auslenkung der Steuerung schräg steht. Die Wendepunkte der Schleife auf die Horizontale projiziert entsprechen dem maximalen Schieberhub. Dieser wäre zu vergrößern, könnte die Schleife möglichst horizontal stehen. Dem sind aber Grenzen gesetzt. Würde man in der unteren Zeichnung links die Umsteuerungswelle weiter gegen den Uhrzeigersinn drehen, würde der hier ohnehin schon problematisch große Winkel a gegen 180 Grad tendieren und damit wäre nicht gewährleistet, das sich das Oberende des Lenkers bei der weiteren Raddrehung wieder zur Umsteuerungswelle hin zurück bewegt. Er könnte nach rechts ausschlagen und dadurch zum Versagen der Steuerung und im Extremfall zur Kollision des Schiebers mit dem Schieberkasten führen. Bei der Umsteuerung nach der Gegenseite dürfte der Winkel b nicht zu klein werden. ( Zeichnung rechts unten.)

Ein weiteres aus den Zeichnungen abzulesendes Phänomen ist die Neigung zur Assymmetrie des Schieberhubs mit Bevorzugung des Ausschlags zur Zylindervorderseite hin. Ursache ist hier, dass der Kreisbogen, den das obere Ende des Lenkers beschreibt, links der Mittellinie wesentlich steiler verläuft als rechts. Eine Vergrößerung des Exzenters mit dem Ziel einen größeren Schieberhub zu erzeuge, würde in dem steilen Verlauf der Schleife links bezogen auf die Horizontale, also auf den Schieberhub nur wenig ausrichten, während beim Gegenhub im flachen Kurvenverlauf rechts der Mitte ein wesentlich größerer Schieberhub erreicht würde. Theoretisch gibt es nur eine Stellung der Umlenkwelle bei der der Ausschlag im steilen linken Kurvenabschnitt dem auf der flachen Seite rechts entspricht. Dazu muss die Umlenkung stark zurückgenommen werden was wiederum den Ausschlag nach links und damit den Gesamthub verringert.

Es resultiert also bei dieser Steuerung ein relativ geringer Schieberhub, der nur zu steigern ist, wenn man eine Asymmetrie der Schieberbewegung in Kauf nimmt.

Auf keinen Fall sollte man dabei auf die Idee kommen, die Dampfwege auf die Mitte des Schieberweges zu verlegen. Da dann die Steuerzeiten nicht mehr stimmen.

Wie die Darstellung des Schiebers auf den Schieberspiegel unten auf der Zeichnung zeigt, wäre die nur zur Demonstration dienende Anordnung in der Umsetzung nicht funktionsfähig, da der viel zu große Schieberweg nach rechts dazu führen würde, dass der Zudampf direkt in den Abdampfkanal strömen kann.

Der auch in Neutralstellung vorhandene Schieberhub würde aber, wie gewünscht, die Zudampfkanäle geschlossen halten. ( Unten Mitte)

Zur Verdeutlichung des Gesagten noch eine weitere Zeichnung, die links den Einfluss einer Exzentervergrößerung und rechts eine Änderung des Winkels der Steuerungsauslegung zeigt

St_3 (Tüftler)
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Die Vergrößerung des Exzenters wirkt sich ebenso wie der vergrößerte Auslenkwinkel der Umsteuerung vorrangig auf den Schieberhub nach rechts hin aus. Dagegen ist der ohnehin kleine Hub in die Gegenrichtung nur minimal zu steigern.
Mit der folgenden Zeichnung habe ich noch untersucht, welche Konsequenzen sich aus der Änderung der übrigen Parameter der Steuerung ergeben:

St_4 (Tüftler)
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- Falls wegen der Kessellage möglich, verringert die Vergrößerung des Abstands Achse – Umsteuerungswelle tendenziell, aber nicht entscheidend, den maximalen Schieberhub , dagegen müssen die Außenkanten der Einströmkanäle weiter auseinander weichen. (Zeichnungen 1)

- Die Vergrößerung des Exzenters Vergrößert den Schieberhub nach links nur gering, führt aber zu einer zunehmenden Assymmetrie des Hubs. Auch hier müssen die Einströmkanäle weiter auseinander liegen. (Zeichnungen 2)

- Eine weitere Auslegung der Umsteuerung führt zu den gleichen Ergebnissen. (Zeichnung 3)

- Die Lenkerlänge hat nur sehr geringen Einfluss. Da Lenkerhebel und Aufwerfhebel gleich lang sein müssen, schneiden die dazu gehörigen Kreisbögen die Umsteuerungswelle und sind im Nahbereich um die Welle fast deckungsgleich, so dass sich bezogen auf den Schieberhub kaum Unterschiede ergeben.(Zeichnung 4)

Mit einer unterschiedlichen Länge von Aufwerfhebel und Lenkerhebel sollte man gar nicht erst experimentieren.

Als Konsequenz aus dem Gesagten ergibt sich:

-Bei der Konstruktion der Steuerung können der Abstand der Umsteuerungswelle über der Achse und die Länge des Lenkerhebels frei gewählt werden da sie wenig Auswirkungen haben.
-Die Größe des Exzenters muss konstruktiv schon bei der Planung festgelegt werden und daraus ergibt sich zusammen mit der Lage der Umsteuerungswelle auch die Lenkerlänge.
-Somit bleibt als einzige Verstellmöglichkeit nach Fertigstellung der Steuerung der Auslegungswinkel der Umsteuerungswelle, der dann auf dem Prüfstand ermittelt und sinnvollerweise durch Anschläge fixiert werden sollte. Man darf sich davon aber nicht zu viel versprechen. Fehler in der Vorplanung sind kaum zu kompensieren und jedes Abweichen von der Idealeinstellung führt zur Asymmetrie des Schieberhubs.

Einziger Ausweg aus dem Dilemma eines relativ geringen Schieberhubs wäre, den Anlenkpunkt der Schieberschubstange am Lenker weiter nach oben zu verlegen. Da für die Maximalstellung des Exzenters nach oben und unten die Lenkerstellung divergiert ist dadurch ein höherer Hub zu erzeugen.

Als Konsequenz daraus habe ich bei mehreren Modellen mit Lenkersteuerung einen Versatz in der Schieberschubstange von hinten oben nach vorn unten gesehen, wie ich ihn auch bei meinem B-Kuppler im Bild weiter oben ausgeführt habe. Alternativ könnte man bei der Konstruktion der Zylinder den Abstand von Schieberstange und Kolbenstange vergrößern, was aber besonders bei schräggestellten Zylindern zu einer klobigen Form führen würde, die dem Vorbild nicht entspricht. Ob es diesen Versatz auch im Original gab, vermag ich nicht zu sagen. Bei meinem Mallet-Vorbild war es nicht der Fall. Das hat mir einen Schieberhub von nur 3,7 mm eingebracht, der die Einstellung der Steuerung einigermaßen subtil machte. Viel Spiel im Gestänge toleriert sie nicht.

Anfangs war ich bei der Planung der Steuerung davon ausgegangen, dass sich ein symmetrischer Schieberhub ergeben würde, wie ich es von meinen früheren Projekten mit Hackworth- oder Kulissensteuerung mit und ohne Voreilhebel gewohnt war. Unter dieser Prämisse habe ich gefühlt mehr Zeichnungen von der Steuerung als von der Lok gemacht. Dem zweiten Ziel, einen möglichst großen Hub zu erreichen, bin ich erst näher gekommen, als ich mich davon verabschiedet habe, das mit einer symmetrischen Schieberbewegung zu kombinieren. Wenn die Steuerzeiten stimmen, ist es ja schließlich auch gleichgültig, wie weit der Schieber die Zudampfkanäle überfährt. Entscheidend ist nur, dass die Steuerzeiten stimmen und der Schieber nicht mit dem Schieberkasten kollidiert oder gleichzeitig Zu- und Abdampfkanal öffnet.

Aus den Darstellungen wird auch klar, dass es unmöglich sein könnte, fertig gekaufte Zylinder oder Treibräder mit vorgebohrtem Exzentersitz mit der Hebelsteuerung einer geplanten Lokomotive zu kombinieren.

Führerhaus und Wasserkästen

Der Zielvorgabe eines offenen durch keinerlei sichtbare Einbauten beeinträchtigten Führerhauses folgend, sind Empfänger und ein Batteriehalter für 4 x AA unter der Dachwölbung versteckt. Dabei war es hilfreich, dass bei der Lok in Australien ein herunter rollbarer Wetterschutz installiert wurde. Die vom Empfänger zu den Servos führenden Kabel sind in kleinen Vierkantrohren hinter der Front des Führerhauses verlegt.

Elektrische Wasserpumpe

Für die elektrische Speisepumpe war nur im Führerhaus Platz. Sie sollte aber unterhalb der Gürtellinie liegen. Als Antrieb habe ich daher ein Low Profile Servo (Hitec HS 8775 MG) gewählt, das durch „hacking“ zu einem Getriebemotor umgebaut werden musste. Dazu gibt es im Internet ausreichend Informationen. In meinem Fall mussten zwei mechanische Anschläge an Getriebe und Poti entfernt werden. Bei der Elektronik gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man verbindet den Motor direkt mit der Batterie, wobei die Drehgeschwindigkeit von deren Spannung abhängt, oder man lötet statt des Potis eine Widerstandsbrücke ein. Dabei bleibt die Steuerbarkeit über die Fernsteuerung erhalten. Da ich noch nie an Platinen herum gelötet habe, kam für mich nur die erste Variante in Frage.

Wegen des geringen Abstands zwischen der Antriebsachse des Servos und der Pumpe, habe ich auf die Lösung mit einer sehr kurzen Pleuelstange zwischen Antrieb und Kolbenstange, wie sie als Fertigmodell angeboten wird, verzichtet und stattdessen einen Schlitzkreuzkopf mit zweifacher Führung der Kolbenstange gewählt. Von dieser Lösung verspreche ich mir einen geringeren Verschleiß, weil die Kolbenstange praktisch nur axial belastet wird. Da der Schlitzkreuzkopf in der Praxis zum Kippen um die Kolbenstange neigte, sind beidseits Teflongleitlager untergelegt. Bei ersten Tests hat die Pumpe gut funktioniert. Wie lange sie mit einer Batterie von 2 x 4 AAA läuft, deren Halter ich aus Platzgründen abändern musste, kann ich noch nicht sagen. Leider ist sie nicht gerade leise, was aber vom Fahrgeräusch der Lok überdeckt wird.

Speisepumpe (Tüftler)
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Um die multiplen Einbauten in Wasserkästen und Führerhaus gut warten zu können, ist die gesamte Karosserie der Lok hochklappbar. Die Feuertür wird durch das Hochschieben der mittleren Hinterwand des Führerhauses zugänglich.

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B18 (Tüftler)
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B19 (Tüftler)
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Die Werkzeugkästen auf den Wasserkästen waren im Original nicht vorhanden. Ich habe sie für die Montage von Schaltern und die Nachfüllmöglichkeit des Wassertanks benötigt.

B20_ (Tüftler)
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Am Deckel des Wassertanks ist ein Hebel montiert, der auf einer Seite einen Schwimmer, auf der anderen einen Magneten trägt. Durch diesen wird ein außen angebrachter Reedschalter bedient, der über eine LED anzeigt, wann nachgefüllt werden muss.

B21_ (Tüftler)
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Versorgungswagen
In der Folge noch Bilder des Versorgungswagens für den Gasbetrieb. Der Gastank liegt inzwischen in einem beheizbaren Wasserbad. Am Gasdom sind zwei Autoventile eingelötet. Das eine dient der Entlüftung, das andere über eine Spindel mit 5 x 0,5 mm Gewinde betätigt als Gasregler. Das habe ich erstmalig versucht. Dem Bau des Ventils entsprechend sind zwar nur geringe Drehwinkel bei der Einstellung erforderlich, aber es funktioniert erstaunlich gut. Den Vorteil sehe ich in der leichten Austauschbarkeit der Ventile und dem 100%igen Verschlusses. Ich habe auch früher dem konventionellen Gasreglern ein Autoventil vorgeschaltet, weil es mir sehr unsympathisch wäre, auf der Heimfahrt von einem Event eingegast zu werden, sollte der Regler nicht ganz dicht sein. Sicher Ansichtssache. Ich konnte noch nach einem halben Jahr mit der alten Gasfüllung weiter fahren.

Bild22 (Tüftler)
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Bild_23_ (Tüftler)
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Über den Gasbrenner habe ich in getrennten Beiträgen berichtet.

Der Betrieb der Lok macht viel Spaß. R3 schafft sie problemlos. Bei kleineren Radien kollidieren Rahmen und Fahrwerkteile. Mit Gas kann man die Beine hochlegen. Der Vorrat reicht für 90 Minuten. Mit Shishakohle macht das Feuer wenig Probleme. Asche entsteht sehr wenig. Die Kapazität des Aschekastens wird in der Zeit, in der es noch Spaß macht, nicht überfordert. Natürlich ist man Heizer. Will man ja aber auch sein, wenn man sich eine Kohlelok baut. Die Wasserversorgung ist das vorrangige Problem. Pläne für eine zusätzliche Fahrspeisepumpe habe ich noch in der Schublade.

Entschuldigt das lange Format des Beitrags. Er ist sicherlich etwas anstrengend zu lesen. Für mich gilt das aber auch für Berichte, die durch zu viele Kommentare unterbrochen sind. Sicherlich Geschmackssache.

Gruß Ullrich
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Zuletzt geändert von Tüftler am Do 8. Sep 2022, 16:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Fortsetzung

Beitrag von Tüftler »

Nachtrag
Bei der Zeichnung St2 ist die Schieberstellung, auf die im Text eingegangen wird, nicht berücksichtigt.
St1_Korrektur (Tüftler)

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Warum Bild 11 auf dem Kopf steht, kann ich nicht erklären. In meinem Album ist es richtig herum.
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