Selbstbau einer Stoppweiche

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Moderator: Marcel

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HSBAchim
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Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Liebe Buntbahner,
Das Thema Weichenselbstbau wurde hier im Forum ja schon mehrfach behandelt. Ich bedanke mich hier erst einmal für die vielen Anregungen und Beispiele der alten Hasen. :smt038

Bei meinen Recherchen zum Weichenselbstbau in den Weiten des WWW bin ich dann aber mehr zufällig auch auf das Thema Stoppweiche (Stopweiche, denkende Weiche) gestoßen. Da ich als Pragmatiker und fliegender Teppichbahner immer für einfache elektrische Anlagenverkabelungen zu begeistern bin, will ich das jetzt auch einmal ausprobieren.

Etwas Unheil schwant mir nun aber doch, da hier noch kein Buntbahner von seinen Stoppweichen berichtet hat. Überwiegen da etwa doch die Nachteile die Vorteile? :gruebel:

Egal, ich fange einfach mal an zu bauen und hoffe, bei auftauchenden Herausforderungen auf eure geistig moralische Unterstützung.

Was ist eine Stoppweiche

Für alle, die sich das erste Mal mit diesem Thema beschäftigen, habe ich im WWW eine sehr hilfreiche Erklärung der Stoppweiche gefunden.

Das Prinzip einer Stoppweiche ist vereinfacht gesagt, dass der Strom nur über die anliegende Weichenzunge in den weiterführenden Schienenstrang geleitet wird, und damit nur die Gleistrasse unter Spannung steht, die durch die Weiche freigeschaltet ist. Diese Idee finde ich deswegen genial, da ich so auf einfache Weise abschaltbare Abstellgleise und Gleistrassen mit Schutz vor Flankenfahrten ohne zusätzliche Stromeinspeisungen und Umschalter realisieren kann. Alles nur durch einfaches Umstellen der Weiche.

Nicht verschwiegen werden sollen aber auch die Nachteile solch einer Konstruktion. Dies wären einerseits die kritische Stromübertragung an den Weichenzungen sowie andererseits die Umsetzung einer Herzstückpolarisierung, die Kurzschlüsse ausschließt.

Der Plan

Die oben geschilderten Nachteile sind keine Probleme, sondern Herausforderungen:

Das Kontaktproblem sollte bei mir in der Wohnung eigentlich kein Thema sein, da sie ordentlich bewettert wird. :wink:

Bleibt nur noch die Herzstückpolarisierung, auf die ich bei einer schlanken Weiche eigentlich nicht verzichten möchte. Durch eine simple leitende Verbindung der Weichenzungen mit dem Herzstück entsteht leider auch die Gefahr eines Kurzschlusses bei Fehlbedienung. Und da meine Bahn auch von Kindern bedient wird, muss ich eine Fehlbedienung auf jeden Fall mit einplanen. Das Problem des Kurzschlusses stellt sich übrigens auch bei normalen Weichen mit polarisierten Herzstücken, wenn die Weiche von der stumpfen Seite aufgeschnitten wird.

Als Lösung gegen Kurzschlüsse muss das Herzstück gegen die Weichenzungen isoliert werden und durch einen separaten Kontakt mit der richtigen Spannung versorgt werden. Dies habe ich im folgenden Schaubild einmal dargestellt.

Bild
Weichenelektrik

So bleibt die abliegende Weichenzunge weiter spannungsfrei, und das Herzstück ist trotzdem versorgt.

Das ist also mein Plan. Falls ich da noch einen Denkfehler in meiner Verdrahtung habe, so habt ihr nun noch Zeit mir die ganze Sache auszureden.

Ansonsten wünsche ich uns allen eine kreative Winterbastelzeit, und freue mich schon auf eine anregende Diskussion.
Viele Grüße

Achim
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HSBAchim
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Hallo liebe Mitleser,

heute möchte ich meinen Baubericht fortsetzen.

Die Weichengeometrie

Um die Kompatibilität zu meinem vorhandenen Gleismaterial zu wahren, soll die Weiche einen Abzweigradius analog zum R3 von LGB bekommen. Der Abzweigwinkel beträgt 15 Grad, so dass das Herzstück sowie die Gleise dahinter gerade sind.

15 Grad ist zwar nicht wirklich schlank, aber mehr ist in meinem Wohnzimmer leider nicht praktisch einsetzbar. Im Moment quäle ich meine Loks nur durch R1 Weichen. :oops:

Bild
Weichenzeichnung auf dem Baubrett

Die Gleislage habe ich auf einem Trassenbrett aus 4 mm starkem Buchensperrholz aufgezeichnet. Das gerade Gleisstück ist 45 cm lang, das abzweigende Gleis besteht aus einem 15 Grad Bogen R3, gefolgt von einer 22,5 cm Geraden.

Erstellt habe ich die Zeichnung unter Zuhilfenahme einer handelsüblichen R3 Schiene als Kurvenlineal, welche ich umgekehrt auf das Trassenbrett gelegt habe. Da diese jedoch ein 22,5 Grad Kurvensegment darstellt, habe ich zuvor mit Hilfe eines Papiermaßbandes aus dem nahen Möbelcenter bei 2/3-Länge der Innen- und Außenschiene einfach eine Bleistiftmarkierung gesetzt. So hatte ich mein 15 Grad Bogensegment als Schablone. Das ging schnell ohne Software und komplizierte Symmetrieberechnungen.

Das Herzstück

Das erste praktische Gefummel war nun das Zurichten und Löten des Herzstücks. Das Sägen und Feilen ging besser als ich dachte, aber beim Löten tat ich mich schwer. Mit einem 100 Watt Kolben hatte ich Mühe, das Werkstück anständig heiß zu bekommen. Funktioniert hat das nur mit Bastlerlot Sn50Pb50, hingegen habe ich mit Fittinglot Sn97Cu3 den erforderlichen Schmelzpunkt nicht erreicht.

Aber hier wurde mir klar, dass ich in Zukunft das Flammlöten lernen muss. Das habe ich noch nie probiert, und deswegen hatte ich bis jetzt einen ziemlichen Respekt davor.

Das Ergebnis meiner Pfuscherei seht ihr auf dem folgenden Bild, und ich hoffe, es hält trotzdem.

Bild
Herzstück

Das Herzstück ist auf einem 0,5 mm starken Kupferblech aufgelötet. Die Herzstückspitze hat 15 Grad, wobei der abzweigende Strang angesetzt ist. In die Herzstücklücke habe ich ein kleines Messing U-Profil eingelötet, so dass der Radsatz nicht hineinfällt. Das Rillenmaß ist mit 3 mm hoffentlich tolerant genug für mein Rollmaterial aus Serienproduktion.

Die Schwellenlage

Um einen Eindruck von der Schwellenlage zu bekommen, habe ich einfach einmal mit Eisstäbchen herum experimentiert. Das hat sowas spielerisches beim Konstruieren. 8)

Herausgekommen ist folgendes Schwellenbild.

Bild
Ausprobieren der Schwellenlage

Beim Drehpunkt der Weichenzungen sowie am Herzstück habe ich wegen der Stabilität jeweils eine Doppelschwelle vorgesehen. Ansonsten wollte ich die Schwellen in der Mitte der Weiche um 7,5 Grad gedreht einbauen.

Ich bin mir aber nicht sicher, in wieweit mein erster Entwurf jetzt vorbildgerecht ist. Gesehen habe ich auch Weichenbilder mit parallelen Schwellen senkrecht zum geraden Gleisstrang bis zum Ende der Weiche, dann welche, wo sich die Schwellen im Winkel kontinuierlich langsam Richtung abzweigenden Gleis drehen, und auch Schwellenlagen ohne Doppelschwellen. Kann mir vielleicht jemand von den Harzkennern hier im BBF sagen, wie das typischerweise dort eingebaut ist? Leider habe ich bei meinen Harztouren auf sowas nicht geachtet. ](*,)
Viele Grüße

Achim
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Tobi
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von Tobi »

Hallo Achim,

Doppelschwellen sind für den Schienenstoß vorgesehen, auch bei Weichen. So sieht ein Doppelstoß nach Oberbauart K aus, gefunden im Harz im Bahnhof Stiege:

Bild

Dieser Schienenstoß wurde früher auch bei Weichen verwendet, um sie für den Transport teilen zu können. Das habe ich bisher nur bei Regelspurweichen gesehen (EW190, EW300). Schmalspurweichen mit Doppelschwelle sind eher selten, mit Ausnahme des Schienenstoßes am Anfang und Ende der Weiche. Aber auch hier gibt es wieder unzählige Unterschiede und Möglichkeiten. :wink:

Die Weichen im Harz habe ich nur ohne Doppelschwellen in Erinnerung, das wäre bei einer so kleinen Weiche auch nicht wirklich sinnvoll. Thomas Heyl hat eine schöne Übersichtszeichnung einer 60m Weiche mit 1:6 Neigung (ca. 10°) in seiner Galerie:

Bild
Verlinkt aus der Galerie von Thomas Heyl

Als Vergleich noch eine Regelspurweiche EW 190 1:9 (190m Radius) ohne Doppelschwellen, gefunden bei der Höllentalbahn. Mit einem Klick auf die Zeichnung folgt die größere Darstellung:

Bild
Verlinkt von der Höllentalbahn

Auch hier ist die Schwellenlage mit Ausnahme des Schwellenabstandes und der Anzahl an Schwellen gleich. Bis etwa 3/4 der Zwischenschienen verlaufen die Schwellen senkrecht zum Gleis, anschließend mit halbem Abzweigwinkel geneigt bis zum Ende der Weiche.

Interessant ist auch der Schwellenabstand. Bei der Regelspur sind das je nach Achslast zwischen 500 und 800mm. Im Harz habe ich bei den Holzschwellen einen Schwellenabstand von durchschnittlich 800mm gemessen, im Modell also ca. 37mm von Schwellenmitte zu Schwellenmitte. Bei einer Weiche wird das an die Gegebenheiten angepasst, das sieht man auch sehr gut auf den beiden Zeichnungen. Wichtig ist die Schwellenlage im Herzstückbereich, bei den Zungengelenken und der Stellschwelle.

Ich hoffe, dass ich dich mit den Infos nicht erschlagen habe. Aber das sollte doch Hand und Fuss haben. :)
Zuletzt geändert von Tobi am Mo 14. Nov 2011, 23:13, insgesamt 1-mal geändert.
Schwäbisch-sparsame Grüße
Tobi
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HSBAchim
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Hallo Tobi,

vielen Dank für deine Hilfe. Nein, das ist nicht zuviel an Informationen, sondern genau das, was ich gesucht habe. :D

Also werde ich auf Doppelschwellen verzichten und auch die mittleren Schwellen mit halber Neigung des Abzweigwinkels erst weiter hinten Richtung Herzstück beginnen lassen. Mal sehen, wie es dann wirkt.
Viele Grüße

Achim
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Guten Abend Alle miteinander,

mein letzter Beitrag ist ja nun schon wieder 2 Wochen her. :oops: Aber ganz untätig war ich auch nicht.

Ich habe die Schwellen gesägt und aufgeklebt. Dabei habe ich versucht, obige Tipps zu beherzigen, ohne dabei jedoch meine technischen Randbedingungen aus den Augen zu verlieren.

Bild
Endgültige Schwellenlage der Weiche

Mangels passender Leisten musste ich alle Schwellen selbst zuschneiden, mehr Selbstbau geht nicht, wenn man die Forstwirtschaft mal außen vor lässt. ;-)

Die Schwellen sind gesägt aus Eiche, verschlissen mit Cutter und Drahtbürste, gebeizt mit Nussbaum dunkel, und mit Kreide etwas vergraut. Die 2. Schwelle an den Weichenzungen werde ich erst später einbauen, wenn ich die Aussparungen für die Elektrik und Mechanik eingepasst habe. Ist halt Prototypenbau, und mein Plan existiert nur verschwommen im Kopf.

Auf der Rückseite der Sperrholzplatte habe ich vor dem Aufleimen der Schwellen noch ein paar Serviceöffnungen für die Elektrik ausgespart.

Bild
Serviceöffnungen und Kabelkanäle

Die Sägeschnitte bis zur halben Dicke der Sperrholzplatte dienen dazu, Verspannungen im Holz abzufedern, die durch Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen auftreten. Meine Hoffnung ist, dass sich die Weiche damit nicht verwirft.
Viele Grüße

Achim
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Liebe Mitleser,

Schienenbau

Die ersten Schienenstücke sind vorbereitet. Die gerade Backenschiene und den Radlenker habe ich auf Schienenplatten aus 0,5 mm dickem Kupferblech aufgelötet. Zugeschnitten habe ich die Platten einfach mit einer Blechschere.

Bild
Schienen auf die Schienenplatten gelötet

Das so vorbereitete Gleisstück habe ich noch mit Rostfarbe gestrichen. Es liegt nun zum Trocknen an der Heizung.

Als nächstes habe ich einige Gleisnägel zugerichtet: Preisgünstigen Dachpappnägeln 1,6 x 16 habe ich mit ein paar Feilenstrichen einen quadratischen Kopf verpasst und sie gekürzt.

Bild
Gleisnägel aus Dachpappnägeln hergestellt

Durch den relativ großen quadratischen Kopf der Nägel möchte ich auf einfachste Weise Kleineisen andeuten.
Viele Grüße

Achim
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HSBAchim
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Hallo,

liest überhaupt noch jemand mit, oder kann ich mir die Mühe auch sparen. :gruebel:

Die erste Backenschiene ist aufgenagelt, und die zweite vorgebogen. Im Bereich der Weichenzungen habe ich den Schienenfuß bis auf die Breite des Schienenkopfes weggefeilt.

Bild
Backenschienen

Die Montage erfolgt dann in dieser Reihenfolge:

1. Schienenplatten an den Schienenfuß löten
2. Schienen rostig anmalen
3. Schienen mit Kleber auf dem Schwellenbett fixieren
4. 1,5 mm Löcher durch Schienenplatten und Schwellen bohren
5. 1,6 mm Schienennägel reinnageln
6. Schienennägel rostig anmalen
7. Fertig und hält bombenfest.

Im Detail sieht meine Schienenbefestigung dann so aus.

Bild
Befestigungsdetail
Viele Grüße

Achim
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Tobi
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von Tobi »

Hallo Achim,

das sieht schon sehr gut aus. :top:

Es freut mich, dass du die Schwellenlage angepasst hast. So wirkt die Weiche sehr vorbildgerecht, obwohl der Radius relativ klein ist.
Interessant finde ich die Technik, die Schienennägel selbst zu feilen. Und die nötige Geduld dazu, Hut ab!

Bei so viel Aufwand hättest du die Weichenzungen auch kröpfen können, anstatt den Steg der Backenschiene zu entfernen... :wink:
Schwäbisch-sparsame Grüße
Tobi
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Fan-Rh B
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von Fan-Rh B »

Hallo Achim
Also ich lese deinen Beitrag immer begeistert mit... :bindafür: :bindafür:
Lg Jeremie
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HSBAchim
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Re: Selbstbau einer Stoppweiche

Beitrag von HSBAchim »

Hallo Weichenbauer,

oder solche, die es noch werden wollen. :wink:

Vielen Dank, eure Rückmeldungen sind ein wichtiger Motivationsschub für mich. Zwischenzeitlich hatte ich fast schon das Gefühl, dass ich mit meinem Gleisbau an den Zielen des Forums vorbei schreibe. Denn rein optisch kann ich mich mit einigen hier im Forum gezeigten Selbstbauweichen nicht messen, dafür habe ich weder die Werkstattausrüstung noch die finanziellen Mittel.

Zeigen möchte ich euch hingegen, wie man mit einfachen Handwerkzeugen und leicht verfügbaren Materialien auch Freude am Selbstgebauten haben kann. Mein Ziel ist eine funktionierende Weiche, die preisgünstiger hergestellt werden kann als das Serienprodukt von eLGeBe. Und ob ihr es glaubt oder nicht, man lernt nebenbei sehr viel über Weichenkunde und Metallbearbeitung. Schon allein dafür hat es sich gelohnt. :idea:

@Tobi: Ja, das mit der Schwellenlage gefällt mir nun auch wesentlich besser. Der Tipp war gold wert.
Viele Grüße

Achim
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