bei den meterspurigen thüringenschen Schmalspurbahnen im Bezirk
der Reichsbahndirektion Erfurt wechselten Fahrzeuge von einer Strecke
zu einer anderen, um zum Beispiel veraltetes Material zu ersetzen oder um
die Transportkapazitäten anzupassen.
Als die Feldabahn (Dorndorf - Kaltennordheim) im Jahr 1934 auf Normalspur
umgestellt wurde, kamen die freiwerdenden Schmalspurfahrzeuge zur
Strecke Eisfeld-Schönbrunn
und zur Strecke Hildburghausen-Heldburg-Friedrichshall.
Vierachsige Personenwagen der Feldabahn verkehrten bis zur
Streckenstillegung auf der Gera-Wuitz-Meuselwitzer Eisenbahn (GWME).
Die Thüringer Meterspurbahnen erwarben aber auch gebrauchte Fahrzeuge
von Bahnen außerhalb Thüringens.
Ich befasse mich mit der Gestaltung einer Spur-IIm-Modellbahnanlage, die
einige Gegebenheiten der thüringenschen Meterspurbahnen widerspiegeln soll.
Dazu habe ich mich für eine Vorbildstrecke entschieden, die es in der
Realität nie gegeben hat,
nämlich die meterspurige Gotha-Meiningen-Bahn(GMB).
Mein fiktives Vorbild kann ich deshalb so einrichten, wie es die mir und
jedem andern Modelleisenbahner sattsam bekannten Mängel, Zwänge und Nöte
erforden (Platz, Arbeitszeit, Finanzen). Dabei versuche ich, die wenigen
Informationen und Fotos, die von den realen meterspurigen Bahnen überliefert
sind, als Stützen bei der Gestaltung zu verwenden.
So beabsichtige ich, zunächst lediglich von der Modellbahn-Industrie
angebotene Fahrzeuge einzusetzen, die so modifiziert werden, dass sie
mindest den Typus widerspiegeln, der dem eines auf der fiktiven Vorbild-GMB
eingesetzten Fahrzeuges entsprechen könnte.
Von einer der meterspurigen Bahnen ist das Foto eines vierachsigen
Flachwagens bekannt, der zum Schienentransport eingesetzt
wurde (Bauform SSm).
Vor etwa zwei Jahrzehnten erwarb ich einen vierachsigen Flachwagen mit
nordamerikanischen Merkmalen, weil er länger war als die damaligen
LGB-Vierachser. Es wird wohl die Nachbildung eines Normalspurfahrzeuges
im geschätztem Maßstab 1:29 sein. Das Fahrzeug wurde von Kindern so
intensiv bespielt, dass Teile der Drehgestelle abbrachen und die Federn
verlorengingen.
Ich möchte diesen Wagen zu einem GMB-Fahrzeug wandeln.
Das Ziel möchte ich mit folgenden Schritten erreichen:
- - Einbau rahmenfester KADEE-Kupplungen.
- Einsatz laser-geschnittenen Bettendorf-Drehgestelle aus Stahl mit
Sierra Valley-Stahl-Radsätzen.
- Bestücken der Ladefläche mit Holz-Bohlen, also Ersatz des aus Kunststoff
bestehenden Holzimitates .
- Anstrich und Alterung des nun SSm - Wagens der GMB.
bereits mit den stählernen Radsätzen von Sierra Valley bestückt.
Deren Raddurchmesser beträgt 30 mm. Von vierachsigen Feldabahnwagen ist
bekannt, dass sie einen Raddurchmesser von 700 mm besaßen.
Also: die Räder des Flachwagens der GMB-Modellbahn entsprechen
dem Typus der 700 mm-Radsätze der Feldabahn.
Flachwagen mit Fischbauchträgern (Oskar)
Ladefläche des Flachwagens (Oskar)
Bettendorf-Drehgestell mit Sierra Valley Radsätzen (Oskar)
Die Oberhofer Nachfahren der einstigen Holzfäller, Köhler und Pechbrenner
berichten über meinen GMB-Flachwagen, dass der gezeigte Flachwagen
mit Fischbauchträgern auf dem Umweg über die UdSSR aus Nordamerika
zur GMB gelangt sei. Im zweiten Weltkrieg belieferten nämlich die USA
die verbündete UdSSR mit kriegswichtigen Hilfsgütern.
Meterspurige Erzbahnen im Ural wurden so von den USA mit gebrauchten
Fahrzeugen ihrer Drei-Fuß-Schmal-spurbahnen ertüchtigt.
Die Flachwagen mit Fischbauchträgern wurden dem Schmalspurstreckennetz
der "Denver & Rio Grande and Western" (D&RGW) zur Kriegführung entnommen.
Die Flachwagen mit Fischbauchträgern galten als neuwertige Fahrzeuge.
Sie waren zufällig mit Kriegseintritt der USA auf den Schmalspurstrecken der
D&RGW in Betrieb genommen worden.
Die Ingenieure der D&RGW bauten damals überzählige normalspurige,
vierachsige offene Wagen, die für den Transport von Kraftwerkskohle nicht
mehr gebraucht wurden, für eine Weiterverwendung auf den Schmalspurstrecken um.
Die alten normalspurigen Kohlenwagen besaßen fischbauchförmige Längsträger
und ebenso geformte Seitenwände aus Stahl und waren 40 Fuß lang. Ihre aus
Stahlblech und stählernen Walzprofilen geformte Nietkonstruktion erlaubte
Ladungsgewichte von 50 tons (1 short ton wiegt 2000 lbs), demzufolge war
auf den Kohlenwagen die Ladekapazität mit der Aufschrift "CPY 100.000 lbs"
angegeben.
Die Zeichnungen für den Umbau der Kohlenwagen wurden mit
dem Datum 01/10/40 in die Werkstatt gegeben.
In der Werkstatt wurden zunächst die Nietköpfe an den Seitenwänden
entfernt und die Seitenwände konnten somit von den Rahmen
abgetrennt werden.
Im nächsten Schritt kürzten die Handwerker die Querträger des Rahmens und
die Drehgestellauflager auf die Lichtraumprofilbreite der Schmalspur.
Abschließend wurden die Seitenträger wieder mit den gekürzten Querträgern
vernietet.
Die so entstandenen Rahmen sprengten das vertraute Bild, das durch die
bis dahin üblichen, wegen ihrer Holzkonstruktion auf 30 Fuß Länge und
eine Ladekapazität von 25 tons beschränkte Schmalspurgüterwagen geprägt
war. In der Werkstatt lagerten nun wahre Monster-Rahmen.
So fiel auch sofort der dem Umbauplan anhaftende Geburtsfehler jedermann
ins Auge, denn die bis dahin für die 30 Fuß langen Güterwagen gebräuchlichen,
aus Flacheisen gefertigten 'Archbar'-Drehgestelle waren für die da liegenden
langen und schweren Biester von Schmalspurflachwagen mit ihren Achstand
von lediglich 3'-7" (drei Fuß und sieben Zoll) völlig ungeeignet.
Es mußten neue, kräftigere Schmalspurdrehgestelle her.
Der Hauslieferant der D&RGW schaffte Abhilfe.
Zwar hatte dieser, die American Steel Foundry (ASF), in der Vergangenheit
die D&RGW nur mit Normalspurdrehgestellen beliefert, die für die
übliche Ladekapazität von 50 tons ausgelegt waren. Durch ihr wesentliches
Merkmal, die als Stahlgußteil mit integralen, angegossenen Achslagergehäusen
hergestellte Seitenwange, waren die Drehgestelle leicht als Typ 'Andrews'
oder als Typ 'Bettendorf' einzuordnen.
Nun bestellte die D&RGW für ihre stählernen Schmalspur-Flachwagen bei ASF
die für eine Ladekapazität von 50 tons geeigneten Bettendorf-Drehgestelle.
Die Fertigungszeichungen wurden bereits in 4/40 freigegeben und zeigten ein
schmalspuriges Bettendorf-Drehgestell mit einem 4'-11"-Achsstand, sämtliche
Bauteile aus Stahlguß, und die Seitenwangen wiesen die typischen,
integral angegossenen Achslagergehäuse auf.
ASF lieferte die schmalspuriges Bettendorf-Drehgestelle gerade noch
rechtzeitig genug, um den Flachwagen-Biestern auf die eigenen Beine zu
helfen.
Bei einem Raddurchmesser von 26" lag die Ladefläche nur noch 3'-6" über der
Schienenoberkante, bei den normalspurigen Flachwagen sind es 3'-10 3/8" !
Bis Juli 1942 waren so 20 Flachwagen auf Schmalspurgleisen als Serie "6500"
in Dienst gestellt worden.
Der Weg zu den Monster-Schmalspur-Flachwagen war vielleicht ein bisschen
ungewöhnlich, aber im Endergebnis besaß die D&RGW eine Flotte einzigartiger
Plattformwagen, deren jeder Einzelne groß genug war, um Traktoren und
andere schwere Maschinen über die Schmalspurbahn zu tranportieren.
Ein Sn3-Modell eines dieser Monster ist vom Hersteller - hier - ins Bild gesetzt
worden.
Unzweifelhaft war damit der D&RGW ein kluger Schachzug gelungen. Und -,
sind es nicht die gleichgelagerten Begebenheiten, welche manchen
Eisenbahnmodellbauern die Beschäftigung mit dem Bau von Schmalspuranlagen
so attraktiv machen?
LG
Oskar